Mord in Tarsis
wußte, daß dies ein Haus war, das eine wohlhabende Kundschaft bediente. Bei ihrem Eintritt eilte ein Mann mit Schürze auf sie zu, dessen Begrüßungslächeln beim Anblick von Muschelring einer verwirrten Miene wich.
»Kann ich Euch behilflich sein, meine Herren?« fragte er.
»Danke für Eure Gastlichkeit«, sagte Nistur. »Ihr dürft uns zu einem Tisch führen und uns Euer bestes Bier und jedwedes Essen bringen, das Ihr bereithaltet, solange es in ausreichender Menge vorhanden ist. Nach dem Mahl möchten wir Eure Badezuber in Anspruch nehmen.« Angesichts der zweifelnden Miene des Mannes hielt er sein Siegel hoch. »Wir sind die Sonderkommissare des Fürsten von Tarsis.«
Augenblicklich änderte sich dessen Gesichtsausdruck. »Gewiß, mein Herr! Kommt gleich hier herüber! Für die Beamten meines Fürsten ist nur das Beste gut genug!«
Sie wurden an einen großen Tisch geführt, und in einer Geschwindigkeit, die an Magie grenzte, stellten Kellner Bierkrüge und große, dampfende Essensteller vor sie hin.
»Diese offiziellen Siegel sind wunderbare Dinger«, stellte Nistur fest. Dann sprachen sie wenig, während sie sich für die Strapazen stärkten, die sicher folgen würden.
Nistur rülpste diskret, als die Teller abgetragen und süße Küchlein vor sie hingestellt wurden. Nachdem die Kellner außer Hörweite waren, meinte er: »Jetzt, meine Freunde, müssen wir Pläne schmieden. Die Stadt ist fest verrammelt und von den Nomaden belagert. Zu fliehen wird nicht einfach sein.«
»Aber unsere Siegel werden uns die Tore öffnen«, erinnerte ihn Eisenholz.
»Nur, um uns zu den Wilden zu bringen, die uns noch wachsamer beobachten werden als die stümperhafte Stadtwache. Damit kämen wir vom Regen in die Traufe.«
»Ich muß die Stadtmauern inspizieren«, sagte Eisenholz. »Die Nomaden sind vielleicht nicht zahlreich genug, um uns komplett einzuschließen. Wenn ich eine Lücke in ihren Reihen entdecke, können wir uns nach Einbruch der Dunkelheit hindurchschleichen. Sie werden Streifen einsetzen, aber mit denen könnte ich es schon aufnehmen.«
»Für euch zwei mag das reichen«, murrte Muschelring, »aber ich habe die Stadt mein Leben lang noch nicht verlassen.«
»Du hast unter Umständen kaum eine andere Wahl«, sagte Eisenholz. »Die Nomaden werden diesen Ort vielleicht bald zerstören, dann hast du keine Stadt mehr. Warum versuchst du es nicht mit uns? Es wäre ein interessantes Leben, höchstens etwas kurz.«
»Ich habe schon daran gedacht zu reisen«, sagte sie wehmütig, »aber Beutelschneider sind überall unbeliebt.«
»Meine Freunde«, sagte Nistur, »mir kommt es so vor, als ob wir noch einen zweiten Weg einschlagen könnten.«
»Und der wäre?« wollte Eisenholz wissen.
»Wir könnten doch tatsächlich den finden, der den Botschafter getötet hat.«
Eisenholz sah ihn erstaunt an. »Aber wir sind keine Detektive! Das ist doch nur eine Geschichte, die wir erfunden haben.«
»Vielleicht können wir es trotzdem«, meinte Nistur. »Wir haben es doch nie versucht. Wir alle sind, wenn ich so sagen darf, mutige, geschickte, anpassungsfähige Menschen, die einiges im Kopf haben und sich zu benehmen wissen. Wir könnten genau der Stoff sein, aus dem erfolgreiche Kommissare gemacht sind!« Fast ohne daß er es bemerkt hatte, hatten sich Eifer und Begeisterung in seine Stimme geschlichen.
»Ich weiß nicht…«, begann Eisenholz zögernd.
»Hör zu«, sagte Muschelring, »wir können nicht einfach nur einen Fluchtweg auskundschaften. Sehr bald wird ganz Tarsis wissen, wer wir sind. Sie werden jeden unserer Schritte beobachten, und einige von ihnen werden dem Fürsten Bericht erstatten. Wir müssen den Anschein erwecken, als wären wir sehr beschäftigt, also können wir genausogut gleich den Mord untersuchen. Denk dran, wir haben gute vier Tage Zeit. Das sollte reichen, um unseren nächsten Schritt vorzubereiten.«
»Da«, sagte Nistur, »siehst du? Selbst diese einfache junge Dame erkennt die Weisheit meines Plans.«
»Na gut«, sagte Eisenholz mißmutig. »Dann sind wir eben Detektive. Aber wo fangen wir an?«
»Unsere Partnerin sieht nachdenklich aus«, sagte Nistur. »Woran denkst du?«
»Hm«, sagte Muschelring, »ich denke an diese armen Teufel, die mit uns im Gefängnis saßen. Sie haben nichts getan, was es rechtfertigen würde, sie dort einzusperren. Ich bin immer verdientermaßen dort gelandet, aber sie waren einfach nur zur falschen Zeit am falschen Ort. Jetzt, nachdem sie verhört
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