Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord in Tarsis

Mord in Tarsis

Titel: Mord in Tarsis Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: John Maddox Roberts
Vom Netzwerk:
Söldner sind nicht die einzigen, die lieber ihr eigenes Leben leben, anstatt das fortzusetzen, in das sie hineingeboren sind.« Nachdenklich nahm er einen Schluck. »Also gut. Ich beabsichtige, morgen in aller Frühe aufzubrechen. Kommt Ihr nun mit?«
    Eisenholz leerte seinen Krug und stand auf. »Ich bin bereit.«
    »Müßt Ihr nicht erst Eure Sachen holen?«
    »Was Ihr seht, ist alles, was ich habe. Das Leben in Tarsis ist teuer. Alles andere habe ich verkauft oder verspielt. Ich habe nur das behalten, womit ich wieder etwas verdienen kann.« Er setzte die Stahlkappe auf seinen Kopf. »Gehen wir.«
    Sie verließen das Gasthaus, und Nistur sah, daß Eisenholz nicht einmal einen Mantel besaß. Die Rüstung konnte nur wenig Schutz vor der Kälte bieten, und ein schneidender Wind wirbelte Eiskristalle durch die engen Straßen. Nistur verspürte ein kurzes Aufwallen von Mitgefühl, denn er wußte, daß er keinen Streit mit diesem Mann hatte, der eine so harte Zeit erlebte. Er versuchte diese Stimmung abzuschütteln, denn für einen Mann seines Handwerks war sie ein schlechtes Omen. Mitgefühl ging ihn nichts an, nur die Durchführung eines sauberen, eleganten Mordes für seinen Auftraggeber.
    An einer Stelle, wo zwei enge Straßen sich kreuzten, lag ein kleiner Platz mit einem Brunnen in der Mitte. Als sie den Platz überquerten, ließ ein ungewöhnliches Geräusch über ihnen sie aufschauen. Es war wie ein fernes, gedämpftes Donnern, und Nistur betrachtete stirnrunzelnd die silbrigen Wolken, die sich von Süden her dem Mond näherten.
    »Diese Wolken bedeuten mehr Schnee, nicht Regen«, überlegte er. »Seltsam, um diese Jahreszeit Donnern zu hören.«
    »Das ist kein Donnern«, sagte der Söldner.
    Überrascht über den Anklang von Furcht in der Stimme des Mannes, sah Nistur ihn an. Das Gesicht des Söldners wirkte so beunruhigt wie seine Stimme. Nistur folgte dem Blick des Söldners zurück zur Wolkenwand und glaubte einen Augenblick, eine unheimliche Gestalt von einem aufgebauschten Turm zum nächsten sausen zu sehen. Zurück blieb nur der Eindruck eines riesigen, geflügelten Umrisses.
    Der Assassine schüttelte sich. Jetzt, wo er alle Kunst seines Berufes brauchte, war nicht die Zeit, sich von Himmelserscheinungen ablenken zu lassen. »Kommt mit«, sagte er, während er mit kurzen, schnellen Schritten wieder die Straße betrat.
    Sie bogen in eine Gasse, die der Mond über ihren Köpfen, der zwischen den Dächern herabschien, in ein silbernes Band verwandelte. Als sie an einen Ort kamen, wo die Gasse etwas breiter wurde, hielt Nistur an.
    »Das scheint mir ein guter Platz zu sein«, erklärte er.
    »Wie?« fragte Eisenholz mißtrauisch. »Ein guter Platz wofür? Wohin gehen wir überhaupt?«
    Nistur drehte sich um und verbeugte sich mit ausgesprochener Höflichkeit. »Mein Freund, eine gewisse Partei wünscht Euren Tod, und man hat mich beauftragt, diesen Wunsch zu erfüllen. Bitte nehmt es nicht persönlich; es handelt sich um eine rein berufliche Angelegenheit. Geht davon aus, daß Ihr ab sofort in Lebensgefahr schwebt.« Nachdem er diese Warnung ausgesprochen hatte, zückte er seinen Säbel.
    »Ein Assassine, wie?« schnaubte Eisenholz voller Verachtung, aber wenig überrascht. Er hatte in seinem Leben sichtlich mehr schlechte als gute Nachrichten erhalten. »Und Ihr wollt die Sache ausfechten? Euresgleichen bevorzugt doch gewöhnlich einen Dolch in den Rücken oder Gift in der Tasse.«
    »Nur der Abschaum unserer Zunft«, versicherte ihm Nistur. »Sie rücken uns alle in ein schlechtes Licht.« Er warf seinen Mantel ab und glitt vor, den kleinen Schild vor sich ausgestreckt.
    Mit einer einzigen fließenden Bewegung schob Eisenholz die Hände in die Handschuhe an seinem Gürtel und zog sein Kurzschwert und das breite Messer. Die Waffen waren genauso ungewöhnlich wie Nisturs, wie dieser bemerkte. Es dürfte einen spannenden Kampf geben, doch der konnte nur einen einzigen Ausgang nehmen. Nistur wußte, daß er ein Meister des Fechtkampfes war, und er war noch nie einem Soldaten begegnet, der mehr als nur geschickt mit der Waffe war. Soldaten verließen sich auf Kraft und Mut und den Schutz ihrer Rüstung, besaßen aber selten die wahre Kunst eines Mannes, der viele Jahre lang jeden Tag dem Kampftraining gewidmet hatte.
    Die gerade Klinge von Nistur zuckte und traf auf den breiten Dolch des Söldners. Eisenholz schlug mit seinem Krummschwert auf Nisturs Kopf, Knie und Flanke ein, aber jedes Mal traf er auf die

Weitere Kostenlose Bücher