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Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition)

Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition)

Titel: Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Schimmer
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stellt jedes Verschulden ihrerseits in Abrede und der Kranke selbst sagt, er traue seiner Frau eine feindselige Handlung nicht zu. Im Laufe des Sommers bessern sich dann Lichtensteins Beschwerden, und am 1. September ist der Patient soweit wiederhergestellt, dass er nach Hause entlassen werden kann.
    Exakt eine Woche später jedoch, am 8. September, wird der in der Rankgasse 29 wohnhafte Ottakringer erneut ins Wilhelminenspital eingeliefert – mit denselben Beschwerden wie ursprünglich und einer zusätzlichen akuten Entzündung der Gesichtshaut. Allmählich verschlechtert sich auch die Sehkraft des Mannes, seine körperlichen und geistigen Kräfte schwinden rapide, und am 27. September 1925 ist Hermann Lichtenstein tot.
    Schwierige Ursachensuche
    Sein Leichnam gelangt auf den Seziertisch von Prof. Albin Haberda – zum Glück, ist man versucht zu sagen, denn der aus Galizien stammende Gerichtsmediziner gilt als ein besonders gründlicher Gelehrter. Er führt das Wiener Institut seit 1916 und ist in jenen Tagen gerade dabei, das Lehrbuch seines berühmten Vorgängers Eduard von Hofmann vollständig zu überarbeiten. Noch Jahrzehnte später werden Sachverständige auf der ganzen Welt sich in strittigen Fragen auf dieses Standardwerk aus Haberdas Feder berufen.
    Der energische Professor, der bis über seinen frühen Tod im Jahre 1933 hinaus auch international im Fach Gerichtsmedizin den Ton angibt, öffnet also am 29. Oktober 1925 den stark abgemagerten, bleichen Leib Hermann Lichtensteins. Er registriert den bis auf einige weiße Nackenhaare völlig kahlen Kopf des jungen Mannes und hält in seinem ersten Gutachten als Todesursache ein Hirnödem bei fettiger Entartung des Herzfleisches und der Nieren fest. Was die anatomischen Veränderungen bewirkt hat, kann Haberda nicht erkennen. Er weist jedoch auf die Möglichkeit einer langsam verlaufenden Metallvergiftung hin.
    Um Klarheit zu schaffen, ordnet der Gerichtsmediziner eine chemische Untersuchung der aufbewahrten Leichenteile an. Mit den althergebrachten, materialintensiven und langwierigen Analyseverfahren wird auf die damals üblichen „Verdächtigen“ getestet: Arsen, Blei und Barium. Tatsächlich weisen die Institutschemiker in einem Stück Nackenhaut mit dem spärlichen, unpigmentierten Haarbewuchs geringe Arsenkonzentrationen nach. In den Knochen finden sie sogar erhebliche Mengen des giftigen Halbmetalls. Aus der Leber, den Nieren, dem Dünndarm und dem Harn können dagegen nur Spuren einer Substanz abgeschieden werden, die zwar einzelne Reaktionen des Arsens zeigt, sich aber nicht als solches bestimmen lässt.
    Aufgrund dieser Untersuchungsergebnisse kann Prof. Haberda eine wiederholte Zufuhr kleinerer Arsenmengen nicht ganz ausschließen, sei sie nun zufällig oder absichtlich erfolgt. Die bei einer Hausdurchsuchung in der Rankgasse 29 sichergestellten Medikamente erweisen sich jedenfalls nicht als Krankheitsursache, denn es handelt sich durchwegs um harmlose Substanzen. Unstimmig erscheint auch, dass Hermann Lichtenstein sich oft schon nach dem ersten Bissen übergab, auch wenn er außerhalb seiner Wohnung beziehungsweise im Spital gegessen hat – was eigentlich gegen eine chronische Vergiftung spräche.
    Nun ist abermals die Polizei am Zug, es müssen nähere Informationen zu den Lebensumständen Hermann Lichtensteins zusammengetragen werden. Und diesmal lassen die Beamten nicht locker. Über ein Jahr nach dem Tod des Mannes verhören sie dessen Witwe, bei der bereits ein neuer Liebhaber eingezogen ist.
    Drei Tuben Zelio
    Am 8. November 1926 wird die Frau in Polizeihaft genommen, wo sie nach und nach die Vergiftung ihres Ehemannes gesteht: Das Präparat Zelio sei in einer Drogerie als absolut sicheres Mittel zur Vertilgung von Ratten ausgestellt gewesen, gibt Leopoldine Lichtenstein zu Protokoll. Sie habe eine Tube davon gekauft und etwa den halben Inhalt am 24. Juni 1925 erstmals in eine für Hermann bestimmte Speise gemischt. Zwar habe die Paste eine grünblaue Färbung, die aber, mit der Paradeissauce verrührt, gar nicht aufgefallen sei. Die Speise hätte wie gewohnt gerochen und – Hermanns fehlender Klage zufolge – auch ganz normal geschmeckt. Dass ihr Mann sofort nach dem Essen erbrach, habe sie allerdings dazu bewogen, die künftige Dosis stark zu reduzieren.
    Während der zwei Folgewochen kannte Leopoldines Eifer am Küchenherd keine Grenzen. Sie rührte die Rattenpaste kaffeelöffelweise in Hermanns Gulasch, in Hermanns Gemüse sowie in

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