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Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition)

Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition)

Titel: Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Helga Schimmer
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heraufbeschworen – mit der Einführung des Pflanzenschutzmittels E 605. Aber das ist eine andere Geschichte.
    Ein eiskalter Engel
    Die Sterne stehen im Zeichen der Waage, als die schöne Martha Löwenstein 1897 geboren wird. Vom Vater früh im Stich gelassen, müssen Mutter und Kind sich alleine im ärmlichen Milieu der Wiener Vorstadt durchbringen. Schon beim ersten Versuch, aus ihrem anmutigen Äußeren Kapital zu schlagen, zeigt das junge Mädchen beachtliche kriminelle Energie: Unter kräftigem Zutun der Mutter bändelt die Zwölfjährige mit einem Unternehmer jenseits der 60 an, der prompt ihrem Liebreiz erliegt und sie in seiner feudalen Villa in Mödling aufnimmt. Eine Narretei, die der alte Galan bald büßt, denn der Vorwurf der Unzucht mit einer Minderjährigen steht im Raum. Mutter wie Tochter Löwenstein erpressen den vermögenden Mann systematisch, und Martha wird dank geschickter Winkelzüge sogar seine Universalerbin.
    Als der Mäzen 1923 stirbt, hat die mittlerweile 26-Jährige das Geld im Nu verprasst. Mit erstaunlicher Entschlossenheit unternimmt die abermals Mittellose den nächsten Schritt: Sie heiratet den um sechs Jahre jüngeren Emil Marek und holt ihn zu sich in die Villa. Der stellungslose Techniker strotzt vor fantastischen Ideen, kommt aber mit der Realität nur schwer zurecht. So ist es für die raffinierte Martha ein Leichtes, sich den verträumten Müßiggänger hörig zu machen.
    Schon wenige Tage nach der Hochzeit schließt das Ehepaar eine Eigenheimversicherung ab. Genau vier Wochen später bricht in der Marek’schen Villa ein Brand aus, der einen Teil der Einrichtung vernichtet. Obwohl die Versicherungsgesellschaft Betrug wittert, überweist sie die geforderte Summe. Und wieder wirft Martha mit dem Geld um sich, als wäre sie Hollywoods größte Stummfilmdiva: Sie lässt sich exklusive Modellkleider schneidern, kauft ein Automobil, unternimmt kostspielige Reisen und besucht die teuersten Nachtlokale – bis ihr Portemonnaie keinen müden Groschen mehr hergibt.
    Zur Beschaffung neuer Barschaft kommt für die Luxusverwöhnte Erwerbsarbeit freilich nicht in Frage. Da zettelt sie lieber einen Nervenkrieg mit ihrem Emil an: „Schließ eine Lebensversicherung ab“, sagt Martha Marek eines Tages zu ihm, „dann vergifte ich dich!“ Als sie das blanke Entsetzen im Gesicht ihres Mannes sieht, wiegelt sie ab und redet sich auf einen Spaß heraus. Aber nach einiger Zeit macht die Verführerin einen anderen, nicht minder abscheulichen Vorschlag und bearbeitet den weltfremden Emil so lange, bis er schließlich einwilligt.
    Am 11. Juni 1925 schreitet man zur Tat: Ein Vertreter der Anglo Danubian Lloyd überreicht dem Paar die Polizze, die Martha bei Emils Tod satte 100.000 Dollar zusichert. Bei seiner Invalidität soll Emil die ebenfalls stattliche Summe von 400.000 Schilling erhalten. Das Geld für die erste Prämie muss von Freunden geborgt werden, dann verliert man keine Zeit. Bereits tags darauf, am 12. Juni 1925, kämpfen die Ärzte im Krankenhaus Mödling um das Leben eines Notfallpatienten.
    Meineid für ein Bein
    Heiß ist’s, die Sommersonne brennt vom Himmel, als der junge Gerichtsmediziner Dr. Anton Werkgartner sich auf den Weg nach Mödling macht. Zuerst heißt es, er soll von der Sensengasse aus mit der Straßenbahn fahren, dann schickt die Versicherungsgesellschaft Anglo Danubian Lloyd doch ein Taxi. Der Auftrag, formuliert von Prof. Albin Haberda: „Holen Sie bitte von der Chirurgie ein Bein und bringen Sie’s ins Institut!“
    Am Zielort angekommen, wird Werkgartner erst einmal im Kreis geschickt. Dann ist der Primarius der Chirurgie zwar bereit, ihn zu empfangen, aber alles andere als erfreut vom Erscheinen eines Gerichtsarztes in seiner Abteilung. Er versucht es mit Abwimmeln: „Das Bein wollen Sie? Daran ist nichts mehr festzustellen.“ Werkgartner lässt sich nicht ins Bockshorn jagen, bleibt höflich und gibt dem Primar zu verstehen, dass er keinesfalls kapitulieren werde. Widerstrebend lässt man sich herbei, das Bein zu suchen. Seltsamerweise ist es jedoch im ganzen Spital nicht aufzufinden. Im Operationssaal schließlich stößt Werkgartner auf die heiße Spur: Ein Spitalsdiener hat die geforderte Extremität mit nach Hause genommen! Äußerst befremdlich.
    Später, im Wiener Landesgericht, klärt sich die Angelegenheit vollends auf: Als man am 12. Juni den todbleichen Emil Marek ins Krankenhaus gebracht hatte, hing sein linkes Bein nur noch an einigen

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