Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition)
der Dunkelhaarige eine Pistole, feuert sie auf den Mann ab und wendet sich zum Gehen um. Allmählich begreifend, dass jemand auf ihn geschossen hat, steht der Getroffene auf und bemerkt, wie Blut unter seinem rechten Sakkoärmel hervor rinnt. Da kommt der Schütze wieder zurück und schießt ein weiteres Mal und zwar in das linke Bein seines Opfers, wonach er endgültig wegläuft. Der Kriminalpolizist Christian Gillinger überlegt nicht lange und sprintet hinterher.
Der Attentäter rennt panisch in die nächste Querstraße, die aber eine Sackgasse ist. Als er keinen Ausweg mehr sieht, eröffnet er das Feuer auf seinen Verfolger, wobei die Scheibe eines geparkten Autos zersplittert. Gillinger, der nur einen kleinkalibrigen Revolver bei sich trägt, schießt zurück, verfehlt aber gleichfalls sein Ziel. Jetzt geht alles blitzschnell: Der Dunkelhaarige springt, vom Fahrer unbemerkt, auf die hintere Bordwand eines vorbeifahrenden LKW . Daraufhin hält Gillinger ein Auto an, schwingt sich auf den Beifahrersitz und fordert die Lenkerin auf, dem LKW zu folgen. Als beide Fahrzeuge nahe dem Schloss Schönbrunn vor einer roten Ampel stoppen müssen, springt der Attentäter vom Lastwagen, läuft zum PKW und schießt auf Christian Gillinger, der gerade im Begriff ist, auszusteigen. Das erste Geschoss trifft den Kriminalbeamten aus 20 Zentimetern Entfernung in den Oberschenkel, das zweite, unmittelbar folgende, streift aus nur 10 Zentimetern Entfernung seinen Arm und bohrt sich durch die Lunge in die Wirbelsäule. Christian Gillinger hat keine Chance auf Gegenwehr, er ist auf der Stelle tot.
Während der Killer zu Fuß flieht, versucht die geschockte PKW -Lenkerin vergeblich, einige Autofahrer anzuhalten. Plötzlich ist der Mörder wieder da, richtet seine Waffe auf die Frau und nimmt ihr die Autoschlüssel ab. Der Wagen, mit dem er davonrast, wird wenig später verlassen im 14. Bezirk gefunden.
Unterdessen hat das Opfer des Schussattentates, der Rechtsanwalt Jürgen Lahner*, großes Glück. In der Konditorei in Hietzing sind zwei Krankenpfleger anwesend, die sich sofort um den Verletzten kümmern. Rettungskräfte treffen ein und transportieren Lahner zur Operation ins Hanusch-Krankenhaus. Dabei erzählt der an Arm und Bein getroffene Jurist einem mitfahrenden Beamten, dass er schon mehrere Male bedroht und angegriffen worden ist. Ein Akt über die Vorfälle müsse im Sicherheitsbüro aufliegen.
Ein großes Polizeiaufgebot beginnt mit den Ermittlungen rund um die Konditorei. Etliche Zeugen, darunter auch einige Kinder, die an der Haltestelle vor dem Lokal auf den Schulbus warten, haben den Attentäter gesehen. Er hat sich vor dem Anschlag mit einem anderen Mann besprochen. Nach den Schüssen auf den Anwalt sind die beiden Männer dann in verschiedene Richtungen geflüchtet. Außerdem ist den Schülern ein roter Alfa Romeo mit Schweizer Kennzeichen aufgefallen.
Im Zuge der ausgelösten Alarmfahndung wird um 9.15 Uhr an der Wiener Stadtgrenze bei Purkersdorf ein solches Auto angehalten, in dem tatsächlich zwei Männer sitzen. Der Beifahrer, ein blonder Schweizer Pilot, erscheint den Beamten unverdächtig. Der Fahrer allerdings, ein dunkelhaariger italienisch-sprachiger Fitnesstrainer, könnte durchaus der Täterbeschreibung entsprechen. Man bringt den 33-jährigen Luca Domenico* zur Gegenüberstellung ins Kommissariat Hietzing. Doch keiner der Zeugen kann ihn eindeutig als den Attentäter identifizieren, was möglicherweise daran liegt, dass er inzwischen seinen dunklen Pullover ausgezogen hat, wie Pressefotos später belegen. Dass Domenico das Kommissariat verlassen kann, ohne dass man seine Hände auf Schmauchspuren untersucht, muss als schweres Versäumnis der zuständigen Beamten gewertet werden.
Eine Scheidungsschlacht im Hintergrund
Mittlerweile hat man im Sicherheitsbüro den Akt über den erfolgreichen Wirtschafts- und Scheidungsanwalt Jürgen Lahner ausgehoben. Aus den Schriftstücken geht hervor, dass Lahner im März 1994 vor einem Hietzinger Heurigen von einem Schläger verprügelt worden ist. Ein zweites Mal wurde er im April niedergeschlagen und mit einem Elektroschocker gefoltert, als er abends seine Kanzlei verließ. Anfang Mai schließlich erhielt Lahner einen Drohbrief, der in Prag aufgegeben worden war.
Aufgrund des sprachlichen Ausdrucks des Schreibens verfolgte die Polizei damals eine Spur in die Schweiz, was jedoch ohne Ergebnis blieb.
Das aktuelle Schussattentat auf den Anwalt halten die
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