Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition)
beschossen und als Tatwaffe identifiziert. Interessantes Detail: Alle Nummern sind ausgefräst worden, sodass man die Herkunft des Revolvers nicht zurückverfolgen kann. Später wird es Kriminaltechnikern gelingen, Teile der Fabrikationsnummer zu rekonstruieren. Die Tatsache, dass der Smith & Wesson kein Beschusszeichen aufweist, macht es wahrscheinlich, dass die Waffe aus der Schweiz stammt, denn dort ist im Gegensatz etwa zu Österreich und Deutschland eine amtliche Beschussprüfung nicht erforderlich.
Der Attentäter Luca Domenico nennt den Piloten Simon Widmer als seinen Auftraggeber. Die beiden kennen sich seit vielen Jahren und sind über ihre gemeinsame Begeisterung für schnelle Autos zu Freunden geworden. Für das Attentat in Hietzing habe Widmer den Revolver beschafft. „Er hat ihn mir gegeben und mir eine hohe Geldsumme in Aussicht gestellt, wenn ich dem Anwalt in den Arm und ins Bein schieße“, sagt Domenico aus. Widmer chauffierte den Freund nach Wien, man stieg in einem Hotel beim Auhof ab und fuhr am Morgen des 20. Februar zur Konditorei. Widmer ging hinein und kaufte etwas, wobei er sich vergewisserte, dass Jürgen Lahner im Lokal saß und frühstückte. Erst dann erschien Domenico auf der Bildfläche und schoss auf den Juristen.
In der Schweiz bestätigt Simon Widmer diese Angaben Domenicos. Er habe, so fügt der Pilot hinzu, seinen Freund Luca nach dem Attentat aus den Augen verloren und eine Stunde lang vergeblich gesucht. Dann sei er ins Hotel zurückgefahren, und als auch Domenico endlich dort eintraf, habe man sich gleich Richtung Westen aufgemacht. Bekanntlich sind die beiden nicht weit gekommen, eine Polizeistreife hat sie bei Purkersdorf gestoppt.
Zu seiner weiteren Rolle in dem Komplott wechselt Widmer mehrmals seine Darstellung: Zunächst nennt er Marjan Krajic als Auftraggeber, erst im dritten Verhör bringt er Friederike Rampold als Anstifterin ins Spiel. Krajic habe ihm beim Training im Fitnesscenter von den Schwierigkeiten seiner Geliebten erzählt, die bei ihrer Scheidung vom Ehemann und dessen Anwalt, die beide Dreck am Stecken hätten, übers Ohr gehauen würde. Daraufhin habe er, Widmer, sich bereit erklärt, den Tagesablauf des Anwaltes auszukundschaften. „Nachdem ich deswegen zweimal in Wien gewesen bin und Marjan dann die gewünschte Information geliefert habe, wollte er, dass ich Lahner verprügle.“
Das lehnte Widmer ab, sagte Krajic aber, dass sein Freund Luca Domenico dazu bereit wäre. In der Folge setzte der Italoschweizer gegen eine Zahlung von 7.000 Franken seine Fäuste und den Elektroschocker ein, was Friederike Rampold nicht genügte. Sie wollte dem Anwalt einen gröberen Denkzettel verpassen – eine Verletzung, die einen bleibenden Schaden hinterlässt, wie beispielsweise ein Schuss ins Knie –, wozu sich dann ebenfalls Domenico bereit erklärte. Widmer selbst schrieb aus Prag den Drohbrief an Jürgen Lahner. Frau Rampold habe ihm, so behauptet er, den Text persönlich diktiert.
Friederike wiederum will in ihrer Einvernahme sämtliche Vorwürfe gegen sie entkräften. Sie bestreitet nicht nur die Urheberschaft am Drohbrief, sondern generell jegliche Beteiligung an der Verschwörung. „Widmer hat den Brief allein geschrieben und auch alles andere inszeniert, um mich später damit erpressen zu können“, sagt sie. Das Motiv dafür liefert sie gleich mit: Schließlich habe der Pilot bei seinem Freund Marjan gesehen, wie gut es sich von ihrem Geld leben lässt.
Dagegen will Friederike selbst kein Motiv haben, gegen Jürgen Lahner auf derart kriminelle Weise vorzugehen. „Wenn überhaupt, dann gegen meinen Mann, der mir seit Monaten die Millionen vorenthält, die er mir zugesichert hat.“ Aber auch eine verbrecherische Aktion gegen Rudolf Rampold ergäbe aus ihrer Sicht keinen Sinn, denn in Kürze sollen ja die endgültigen Vergleichsverhandlungen stattfinden. Und im Übrigen kenne sie diesen Luca Domenico gar nicht. Alle ihre Beteuerungen sind zwecklos, Friederike Rampold wird noch am selben Tag wie ihr Lebensgefährte Marjan Krajic verhaftet.
Nach dem bisherigen Ermittlungsstand bietet sich den Beamten das folgende Bild: Friederike Rampold und Marjan Krajic waren die Drahtzieher des Attentats auf den Anwalt Jürgen Lahner, der Pilot Simon Widmer fungierte als Vermittler und Organisator, und der Fitnesstrainer Luco Domenico führte die Tat aus, die letztlich dem Kriminalbeamten Christian Gillinger das Leben kostete.
Im weiteren Verlauf stellt sich
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