Mord in Wien: Wahre Kriminalfälle (German Edition)
an und gibt vor, sie besuchen zu wollen. Dabei vergewissert er sich, dass Gerald Wildner bei ihr ist. Dann macht er sich im Dienstwagen, einem geräumigen Van, auf den Weg. Alles Nötige hat er dabei: den Schlosserhammer, das Küchenmesser, eine Schnur und den Benzinkanister.
In Wien-Floridsdorf angekommen, parkt Kammerlander sich an einer dunklen Stelle nahe der Busstation ein, von der aus er das Haus der Geliebten gut beobachten kann. Die Zeit des Wartens versucht er zu verkürzen, indem er Fuhrmann immer wieder anruft und sie fragt, ob sie allein sei und er zu ihr kommen könne. Dabei erfährt er jedes Mal, dass ihr neuer Freund noch anwesend ist. Schließlich schaltet Fuhrmann genervt ihr Handy aus.
Als gegen 00.30 Uhr endlich die Haustür aufgeht und der Nebenbuhler in Richtung Bushaltestelle marschiert, steigt Kammerlander aus dem Wagen. Den Hammer hält er schon in der Hand – in der Jackentasche verborgen. Entschlossen tritt er auf Wildner zu, verwickelt ihn in ein Streitgespräch um Barbara und schlägt schließlich solange mit der flachen Seite des Hammers auf Wildners Kopf ein, bis der Mann zusammenbricht. Anschließend lädt er den leblosen Körper in den Kofferraum des Vans, den er bereits vorsorglich mit einer Plastikfolie ausgelegt hat. Er bemerkt Wildners Mobiltelefon, das beim Angriff auf den Asphalt fällt, und steckt es ein. Später wird er das Handy in seinen Spind im Ministerium legen, wo die Polizei es sicherstellt.
Nun, auf der nächtlichen Fahrt ins Weinviertel, überkommt den Angreifer Unsicherheit: Hat er seinen Widersacher schon getötet oder lediglich bewusstlos geschlagen? – Angstvoll hält er den Wagen an, schlingt dem reglosen Wildner die mitgebrachte Schnur um den Hals und versucht, den Mann zu erdrosseln. Nach einigen weiteren zurückgelegten Kilometern hat Kammerlander sein Ziel erreicht: die aufgelassene Lehmgrube, die er aus seiner Jugendzeit kennt. Dort zerrt er die Leiche aus dem Kofferraum, rollt sie über die Böschung hinunter und fügt ihr, als sie auf dem Bauch zu liegen kommt, mit dem Küchenmesser vier lange Schnitt in den Nacken zu. Doch die Tat ist noch nicht vollbracht. Kammerlander übergießt sein Opfer mit fünf Litern Benzin, zündet es an und wartet, bis die Flammen erlöschen. Erst dann steigt er in den Wagen, fährt heim und legt sich erschöpft ins Bett.
Am nächsten Tag, dem Samstag, kommt Kammerlanders Familie wieder aufs Land, man verbringt gemeinsame Stunden im Haus. Der Sonntag jedoch gehört der Geliebten, die es nicht schafft, richtig Schluss zu machen. Barbara Fuhrmann hat sich zum alljährlichen Ausflug in die Wachau überreden lassen, bei dem Kammerlander ihr einen Christbaum kauft. Nach so viel Selbstzügelung und vorgespiegelter Normalität versagen dem ungeübten Mörder dann am Sonntagabend die Nerven: Er fürchtet, dass die Leiche zu nah bei seinem Haus liegt. Wieder breitet er die Plastikfolie auf der Ladefläche des Vans aus, damit der Dienstwagen nicht schmutzig wird. Er hievt die verkohlte Leiche aus der Lehmgrube in den Kofferraum, fährt damit Richtung Süden und legt sie neben jenem Parkplatz auf der Brünner Straße ab, wo sie wenige Stunden später entdeckt wird.
Das Opfer am Montagmittag gefunden, dem Täter Dienstagnacht das Geständnis entlockt – schneller können Kriminalbeamte nicht ermitteln. Zugegeben, Erich Kammerlander hat es ihnen leicht gemacht. Er hoffte auch auf den Milderungsgrund eines freimütigen Geständnisses und seiner bisherigen Unbescholtenheit, der jedoch in der Hauptverhandlung wegen der außerordentlichen Brutalität der Tatbegehung und der hohen kriminellen Energie des Angeklagten nicht berücksichtigt wurde. Das Gericht verurteilte Kammerlander nach nur knapp einstündiger Beratung zur Höchststrafe – lebenslanger Haft. Daraufhin legte sein Anwalt Nichtigkeitsbeschwerde ein. Im Berufungsverfahren konnte er dann die Herabsetzung der Haftstrafe von faktisch 22 auf 20 Jahre erreichen.
Rosenkrieg mit Todesfolge
Montag, 20. Februar 1995, 7.30 Uhr. Der Kriminalbeamte Christian Gillinger hat an diesem Morgen dienstfrei. Der 44-Jährige will gerade Faschingskrapfen für die Geburtstagsfeier seines achtjährigen Sohnes kaufen – in einer kleinen Konditorei in Wien-Hietzing, in der um diese Zeit schon etliche Leute frühstücken. Plötzlich betritt ein dunkelhaariger junger Mann das Lokal und bewegt sich auf einen der Tische zu, an dem ein Herr mittleren Alters mit seiner Begleiterin sitzt. Wortlos zieht
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