Mord inclusive
ermordet wurde.«
Wir erstarrten. Ich spürte, wie mir die Kinnlade herunterfiel und schloss den Mund mit einer Willensanstrengung wieder.
»Was?«, fragte Kyla schließlich. »Das ist doch nicht Ihr Ernst.«
»Doch, doch. Die Polizei ist schon unten in der Lobby.«
»Ich denke, sie ist heruntergefallen«, sagte ich leise.
»Offenbar nicht.«
Hatte Millie mit dem Schmuggler am Ende doch recht gehabt? Und die Polizei war schon da? Mir fiel ein, dass ich ihren blauen WorldPal-Rucksack noch in meinem Zimmer hatte. Jetzt fühlte ich mich schuldig und hatte auch ein bisschen Angst. Wenn nun die Polizei unsere Zimmer durchsuchte und ihn fand? In dem roten Notizbuch stand Millies Name auf der ersten Seite. Sie konnten denken, ich hätte das Ding gestohlen und die anderen Sachen gleich mit. Wie sollte ich das erklären? Mich ergriff leichte Panik.
»Woher wissen Sie das alles?«, fragte jetzt Kyla.
Aus irgendeinem Grund blickte Alan die ganze Zeit mich an. »Als ich gekommen bin, habe ich die Polizei unten gesehen und Mohamed gefragt.«
Mir ging durch den Kopf, ich müsste auf mein Zimmer gehen und den Rucksack in die nächste Mülltonne werfen. Damit hätte ich mich aber sehr verdächtig gemacht. Es war wohl besser, ich ließ alles, wie es war, und hoffte, dass sie es entweder nicht bemerkten oder unsere Zimmer gar nicht durchsuchten.
»Ich denke, Millie hat sich das Genick gebrochen?« Kyla ließ nicht locker.
»Man nimmt an, dass sie einen Stich ins Genick erhalten hat. Sie war so schnell tot, dass kaum Blut geflossen ist.«
Ich sah Millie wieder ausgestreckt im Sand liegen und erschauerte.
Kyla schüttelte ungläubig den Kopf. »Mein Gott, dann hätte es ja jeden von uns treffen können. Jeden, der sich ein paar Minuten von der Gruppe entfernte. Haben die Kerle ihre Tasche gestohlen?«
»Nein. Die lag unter ihr. Sie ist offenbar nicht angerührt worden. Es sieht also nicht nach einem Raub aus.«
»Aber warum hat man sie dann umgebracht?«, fragte ich.
Alan zuckte die Achseln. »Das muss die Polizei jetzt herausfinden.«
»Das ist ja alles sehr tragisch, besonders für Millie, aber ich begreife nicht, was die Polizei hier im Hotel will«, erklärte Kyla etwas schroff. »So verlockend das gewesen wäre, aber von uns wird sie doch wohl keiner erstochen haben.«
Erschrocken blickte ich auf ihr Glas. Natürlich hatte sie auch den zweiten Gin Tonic schon fast geleert. Der erste wirkte wohl bereits.
Alan blickte sie erstaunt an. »Verlockend?«
»Na, hören Sie mal! Millie war eine furchtbare Nervensäge. Sie sind schließlich von Anfang an dabei gewesen, also müssten Sie wissen, was ich meine. Dieses ständige Geplapper, das Herumschnüffeln, das endlose Jammern über alles und jedes. Warum sollen wir so tun, als ob wir sie gemocht hätten, nur weil sie tot ist.« Kyla nahm noch einen Schluck und holte tief Luft. »Und jetzt sage ich Ihnen mal ...«
Da fiel ich ihr scharf ins Wort. »Und was hat die Polizei jetzt vor?«
Er zuckte die Schultern. »Wie ich verstanden habe, wollen sie ihre Sachen aus dem Hotelzimmer holen und uns alle noch einmal befragen, ob wir irgendetwas gesehen haben. Mohamed hat versucht, ihnen auszureden, uns das Abendessen zu verderben. Er meint, das hätten sie alles schon am Tatort erledigt.«
»Das haben sie auch«, stimmte Kyla zu. »Und lang genug hat es ja gedauert. In Sakkara hatten wir bei weitem nicht so viel Zeit, wie uns zustand.«
Kyla war nicht zu bremsen. Das ist immer so, wenn sie etwas getrunken hat. »Ich denke, sie wollen das unter der Decke halten. Eine Touristin bei den Pyramiden ermordet – das wäre wohl das Letzte, was die Ägypter jetzt brauchen können. Wenn Sie wissen wollen, was ich denke«, fuhr sie fort und nahm, wie ich genau wusste, Anlauf zu einer längeren Tirade.
Ich war so erleichtert, dass die Polizei offenbar nicht daran dachte, alle unsere Zimmer zu durchsuchen, dass ich diesmal darauf verzichtete, sie zu stoppen. Wenn die Polizei jetzt aber Millies Habseligkeiten mitnahm, dann hieß das, ich hatte keine Chance mehr, den Rucksack zurückzugeben. Ich war sicher, Anni oder Achmed kontrollierten den Bus jeden Abend sorgfältig, wenn wir ausgestiegen waren. Vielleicht konnte ich ja eine Möglichkeit finden, den Rucksack unter einem Sitz unterzubringen. Aber wenn mich dabei jemand sah? Besser war, ich warf ihn irgendwo in den Müll. Die gestohlenen Sachen waren für ihre Eigentümer ohnehin verloren. Plötzlich bemerkte ich, dass mich Kyla und
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