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Mord inclusive

Mord inclusive

Titel: Mord inclusive Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Janice Hamrick
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können. Das Besondere war unser winziger Balkon, von dem man am westlichen Horizont die Pyramiden sehen konnte. Selbst aus dieser Entfernung wirkten sie gewaltig vor dem dunklen Blau des Abendhimmels. Der letzte Schein der untergehenden Sonne ließ sie kupferfarben erglühen. Ein ganz und gar unreales Bild.
    Beim Abendessen sollten wir Bauchtanz und wirbelnde Derwische erleben, worauf ich mich freute. Für das Duschen und Zurechtmachen brauchte ich gewöhnlich ein Viertel der Zeit, die Kyla benötigte. Ich ging also als Erste ins Bad, schlüpfte dann in ein T-Shirt und streckte mich auf dem Bett aus, während sie ihre weitaus kompliziertere Prozedur abspulte.
    Kaum war die Badtür geschlossen, da sprang ich auf und holte meinen Rucksack hervor. Darin lag immer noch Millies Behältnis, und ich wusste nicht recht, was ich damit anfangen sollte. Ich hätte es vor dem Aussteigen Anni geben müssen oder unter einen anderen Sitz stopfen sollen, aber im letzten Moment beschloss ich, den Inhalt noch einmal genauer unter die Lupe zu nehmen. Schließlich konnte darunter noch etwas von mir oder Kyla sein, das ich übersehen hatte. Dabei wusste ich, dass das nur ein Vorwand war. In Wirklichkeit wollte ich das Notizbuch zu Ende durchblättern. Als ich hörte, wie Kyla den Vorhang der Dusche zuzog, kippte ich den Inhalt des Beutels auf mein Bett.
    Notizbuch, Feuerzeug, Kugelschreiber und Geldbörse fielen auf die rostfarbene, mit Blumen bedruckte Bettdecke, dazu ein paar Kleinigkeiten, die Millie selbst gehört haben mochten, und eine Haarbürste voller langer schwarzer Haare, die nicht von ihr sein konnte. Igitt, dachte ich bei mir, als ich sie angewidert zwischen Zeigefinger und Daumen hochhielt. Entweder von Dawn Kim oder Fiona. Wer stahl nur eine benutzte Haarbürste? Entrüstet ließ ich sie wieder in das Säckchen fallen, damit sie mir aus den Augen kam.
    Ich nahm ein kleines Amulett aus dunkelgrüner Jade an einem Lederbändchen in die Hand. Es trug ein kompliziertes Schnitzwerk mit einer arabischen Inschrift in der Mitte und wirkte abgenutzt, als sei es jahrelang zwischen schwieligen Fingern gerieben worden. So etwas findet man nicht in einem gewöhnlichen Andenkenladen, ging es mir durch den Kopf. Bestimmt ein gehütetes Erbstück. Kaum zu sagen, wem sie es abgenommen hatte. Anni, Mohamed, vielleicht auch unserem Fahrer Achmed. Ich fühlte mich gar nicht gut. Die Sachen musste ich zurückgeben.
    Nun wandte ich mich dem Notizbuch zu und blätterte die Seiten bis zu der Stelle durch, die Kyla und mich betraf. Wie mochte sie darauf gekommen sein, wir seien Lesben? Wahrscheinlich konnte sie sich nicht vorstellen, dass zwei Frauen ein Zimmer teilten, ohne dass zwischen ihnen etwas lief. Sehr argwöhnisch und gehässig gedacht. Jetzt fühlte ich mich nicht mehr so schlecht, weil ich Millie, ob lebend oder tot, nicht gemocht hatte.
    Nach dieser Seite folgte nur noch ein Eintrag. Ich hatte also nicht so viel verpasst, wie ich dachte. Das hieß, ich hätte den Rucksack durchaus gleich im Bus lassen können. Aber dann hätte mich die Neugier mein Leben lang geplagt. Nun wollte ich es zu Ende bringen. Was ich da las, überraschte mich doch.
     
    2. Tag
     
    Etwas Verdächtiges im Gange. Schmuggel!?
    Muss prüfen, ob die Figur echt ist.
    A oder M ansprechen? Oder die Polizei?
     
    Ich saß da, wie vom Donner gerührt. Das ist doch nicht möglich, dachte ich. Millie wollte herausgefunden haben, dass einer von uns ein Schmuggler ist? A oder M mussten Anni, unsere Reiseführerin, oder Mohamed, der Vertreter von WorldPal in Ägypten, sein. Wie lächerlich. Wir waren eine ganz gewöhnliche Reisegruppe, die unbedarft, ärgerlich, begeistert, nett und alles Mögliche sein konnte. Die übliche Gesellschaft ganz normaler Leute. Das Einzige, was mir an der kleinen Gesellschaft auffiel, war, dass sie aus meist sehr erfahrenen Reisenden bestand, was durchaus erklärlich war. Wenn jemand ausgerechnet Ägypten als Reiseziel wählte, dann hatte er gewiss die gängigen europäischen Länder alle schon gesehen.
    Millie hatte also geglaubt, unter uns sei ein Schmuggler. Ihr Verdacht musste so stark gewesen sein, dass sie weiter nachforschte und die betreffende Person sogar bei den Behörden anzeigen wollte. Wie lächerlich, dachte ich wieder. Die haltlose Phantasie einer kleinen Spießerin, mit der man sich nicht lange aufhalten musste. Aber Millie war jetzt tot. Ein leichter Schauer lief mir über den Rücken. Ein Zusammentreffen verschiedener

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