Mord inclusive
den Eindruck, die Reisen würden als Deckmantel für illegale Geschäfte benutzt, wenn sie auch nicht genau sagen konnte, wie und wofür.«
»Schmuggel!«, sagte ich. »Ich denke, hier wird geschmuggelt.«
Er schenkte mir ein warmes Lächeln. »Richtig. Aber was? In Ägypten denkt man zuerst an alte Kunstwerke. Grabräuberei war früher im Grunde ein Nationalsport. Heutzutage ist das nicht mehr so einfach. Die Regierung lässt die Ausgrabungsstätten scharf bewachen. Sie hat strikte Kontrollen für Importe und Exporte eingeführt. Jedoch noch mehr wert als Antiquitäten sind den Ägyptern die Touristen. Für sie werden alle Wege geebnet. Wenn man also eine Reisegruppe als Deckmantel nutzen kann, erleichtert das den Schmuggel beträchtlich. Daher habe ich beschlossen, mich einmal selbst umzusehen.«
»Aber wenn Anni Verdacht geschöpft hat, dann muss das doch schon eine ganze Weile laufen.«
»Ja. Und es bedeutet, dass wahrscheinlich einer meiner Angestellten beteiligt ist.«
»Mohamed.«
»Der bietet sich an, aber er ist nicht der Einzige. Er stellt wiederum Leute ein, die die Hotels kontrollieren und die Absprachen treffen. Ehrlich gesagt, kann es jeder sein, der den Reiseplan kennt und Kontakte zu jemandem hat, der als ganz gewöhnlicher Reisender auftreten kann. Ein Amerikaner zum Beispiel.«
»Oder ein Australier«, sagte ich nachdenklich.
»Korrekt«, pflichtete er mir bei. »Ich habe jeden Teilnehmer dieser Reise ein wenig durchleuchtet. Es ist niemand mit falschem Namen oder falscher Adresse oder mit einer kriminellen Vergangenheit dabei. Soweit ich sagen kann, sind alle das, was sie vorgeben zu sein. Außer mir natürlich«, fügte er mit einem spitzbübischen Lächeln hinzu.
»Sie haben also ganz normal eine Reise gebucht.«
»Ja. Ich habe mir gedacht, wenn ich im Hintergrund bleibe und die Augen offen halte, würde ich vielleicht etwas mitbekommen«, sagte er. »Und dann wird schon am zweiten Morgen ein Mitglied meiner Reisegruppe umgebracht. Und ich habe nichts bemerkt. Ehrlich gesagt, fühle ich mich mitverantwortlich. Schließlich habe ich gewusst, dass da etwas läuft.« Er schaute auf seine Hände. »Ich hätte es verhindern müssen.«
Ich wollte meinen Arm um ihn legen, aber dann klopfte ich ihm nur verlegen auf die Schulter.
»Das ist doch lächerlich«, sagte ich. »Woher sollten Sie wissen, dass so etwas passiert. Es gab schließlich keinen Grund, anzunehmen, dass gleich Gewalt angewendet wird, oder?«
»Eigentlich nicht. Aber nun hat es sogar einen zweiten Mord gegeben. Zwar war das Opfer kein Mitglied unserer Gruppe, aber wir waren an Ort und Stelle. Und der Mann ist auf dieselbe Weise gestorben wie Millie. Ein bisschen zu viel Zufälle. Jetzt sind auch noch Sie angegriffen worden.« Er legte seine Hand auf meine. »Schon zum zweiten Mal. Und ich habe nicht die geringste Ahnung, was vorgeht. Wenn ich ehrlich sein soll, bin ich genauso schlau wie vorher. Das Einzige ist: Ich bin nun sicher, dass Mohamed irgendwie damit zu tun hat. Dass er jetzt bei der Gruppe ist, gehört nicht zu seinen Aufgaben.«
Er schien gar nicht zu bemerken, dass er immer noch meine Hand hielt. Mir fiel es schwer, mich auf das zu konzentrieren, was ich sagen wollte.
»Ich habe einiges herausbekommen«, presste ich schließlich hervor. »Ich weiß noch nicht, was das alles bedeutet, aber nicht alle Mitglieder dieser Reisegesellschaft sind die, für die sie sich ausgeben.«
»Wen haben Sie da im Auge?«
»Na, zum Beispiel die Carpenters.«
Er wirkte überrascht. »Was ist mit ihnen? Das sind doch wundervolle Leute.«
»Ich weiß. Das sind sie wirklich. Sie gehören zu denen, die ich hier am meisten mag. Es ist nur – sie sind kurz nach Kyla und mir am Flughafen in Kairo angekommen. Wir waren schon auf dem Weg zum Bus, als sie ans Gepäckband traten. Ich weiß, das klingt jetzt verrückt, aber das Mädchen, ihre Nichte, die sie begleitet, ist nicht dieselbe, die mit ihnen in Kairo ankam.«
Er riss die Augen auf. »Was? Das ergibt doch keinen Sinn. Wer sollte sie denn sonst sein?«
»Keine Ahnung. Ich kann mir bisher keinen Reim darauf machen.«
»Sie war krank. Sind Sie sicher, dass sie nicht deshalb verändert aussieht, weil sie sehr abgemagert ist?«
»Nein. Da habe ich keinerlei Zweifel. Schauen Sie sie sich einmal genau an, dann werden Sie es auch bemerken. Zum Beispiel trägt sie viel zu große Sachen. Die flattern nicht an ihr herum, weil sie abgenommen hat, sondern sie sind einfach zu groß,
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