Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman
festgestellt. Derzeit rostet er auf einem Autofriedhof, der einem Mr. Crocker gehört.«
Ihr Gesicht bekam einen abweisenden, starren Ausdruck.
Markby sagte sanft: »Bert war nicht gerade der netteste Mann der Welt, ebensowenig wie dieses Dorf sehr nett ist. Das ist auch nicht der beste Pub, in dem ich jemals war. Aber sie haben jeder auf ihre Weise ihren Wert und ihre Berechtigung. Bert war achtzig Jahre alt und hatte sein ganzes Leben hier verbracht. Er hätte es verdient, im Bett zu sterben oder auf seinem Kartoffelacker tot umzufallen. Er hat es nicht verdient, daß man ihm den Schädel einschlägt.«
»War es ein sehr brutaler Überfall?« fragte sie fast unhörbar.
»Nein, eigentlich nicht – der Täter war kein Berserker, wenn Sie das meinen. Nur zwei, drei gute, kräftige Hiebe. Doch einer hätte auch gereicht. Es war, als habe jemand eine Larve aus Pappmache eingedrückt.«
Sie zuckte zusammen. »Denken Sie darüber nach«, sagte er. Aber das hätte er nicht zu sagen brauchen. Sie würde darüber nachdenken. Sie stand auf und verließ die Nische. Sie war so groß, daß sie sich unter den niedrigen Deckenbalken ducken mußte. Markby seufzte und stand ebenfalls auf, um nachzusehen, ob sich Mrs. Yewell wieder so weit beruhigt hatte, daß er mit ihr sprechen konnte. KAPITEL 13 Mit versteinertem Gesicht öffnete Lucia Meredith die Haustür und nahm ihr den Mantel ab. Auf Merediths Frage hin sagte sie unwirsch: »Die Signora ruht sich in ihrem Zimmer aus. Es geht ihr nicht gut. Sie hat sehr schlechten Kopf. Ich mache jetzt Kamillentee für sie.« Aus ihren schwarzen Augen schoß ein herausfordernder Blick. Die Köchin hatte ganz offensichtlich jenen Teil ihrer Morgentoilette vernachlässigt, der darin bestand, sich die dunklen Härchen auszuzupfen, die auf ihrer Oberlippe sprossen. So trug sie heute nachmittag einen ansehnlichen Schnurrbart zur Schau.
»Ich bringe ihr den Tee hinauf«, bestimmte Meredith ruhig. Lucia trat widerwillig beiseite und murmelte ärgerlich etwas vor sich hin, widersprach jedoch nicht.
Meredith stieg mit dem blaßgelben Tee, der in der kleinen Tasse schwappte, langsam die Treppe hinauf. Als sie oben ankam, wurde ein Stückchen weiter vorn im Flur eine Tür geöffnet. Ein Lichtstrahl fiel in den dämmrigen Gang, und Albie Elliott tauchte auf.
»Warum lassen Sie es nicht?« fragte er freundlich.
»Sie wartet auf den Tee.«
»Ach, kommen Sie schon«, sagte er vorwurfsvoll. »Sie wissen genau, daß ich nicht den gottverdammten Tee meine.«
Auf dem Flur war es still. Meredith stellte die Tasse auf einen kleinen Tisch und folgte Elliott in sein Zimmer. Er stieß die Tür zu, und sie musterten sich gegenseitig. Er sah fast genauso aus wie damals, als sie ihm zum erstenmal begegnet war, klein, adrett, geschniegelt. Mit seiner Totenblässe und der glatten Haut wirkte er wie ein Leichenbestatter, der mit sich selbst Reklame für seine Einbalsamierungstechnik macht.
»Sie hatten recht mit Ihrer Vermutung«, sagte sie, »daß es Lorrimer gewesen sei, der dieses widerwärtige Zeug vor das Tor gelegt hat.«
»Natürlich hatte ich recht. Recht wie in so vielen Dingen, Meredith. Gehen Sie wieder hinunter, und lassen Sie mich Evie den Tee bringen.«
Sie schüttelte den Kopf. »Nein, Albie, ich will mit ihr sprechen.«
»Nein, das wollen Sie nicht«, widersprach er mit ruhiger Stimme.
»Ich muß.«
Er seufzte leicht auf. »Hören Sie, es ist nie gut, Fragen zu stellen und nach Informationen zu suchen. Gute Nachrichten erfährt man früher oder später, und wer, zum Teufel, möchte schon die schlechten hören? Wenn Sie anfangen, Fragen zu stellen, Meredith, bekommen Sie auch Antworten. Der Jammer ist nur, daß es nicht immer die Antworten sind, die man erwartet oder die man hören will. Man erfährt vielleicht viel mehr, als man wissen mag. Haben Sie daran gedacht? Lassen Sie es sein, Schätzchen.«
»Ich kann nicht.«
Jetzt riß ihm der Geduldsfaden. Sein blasses Gesicht lief vor Aufregung rot an, und die Muskeln um seinen schmalen Mund begannen zu zucken. »Dann denken Sie wenigstens an mich, um Himmels willen! Ich brauche Eve. Die Show braucht sie. Ich habe da eine wirklich gute Sache für uns in petto – für sie und mich. Aber ohne sie geht alles den Bach runter, Baby.« In seiner Aufregung verlor er nicht nur seine überlegene Ruhe, sondern auch seinen gepflegten Akzent. Ein ganz anderes Milieu kam plötzlich in seiner Stimme an die Oberfläche. Hohe Mietshäuser und eiserne Feuertreppen,
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