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Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman

Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman

Titel: Mord ist aller Laster Anfang: Ein Mitchell & Markby Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Granger Ann
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unbeaufsichtigte Kinder und Halbwüchsige, die an Straßenecken herumlungerten. Päckchen, die auf öffentlichen Toiletten die Besitzer wechselten. Mütter, die auf den Strich gingen, und Väter – sofern sie überhaupt da waren –, die nie arbeiteten. Wohlfahrtsmarken und Kleinkriminalität. Er mußte hart gekämpft haben, um von da wegzukommen, und er kämpfte auch jetzt, kämpfte dagegen an, wieder in den Morast abzurutschen.
Doch diese Runde verlor er, und er wußte es. Der Zorn in seinem Gesicht mischte sich mit Verzweiflung und Angst.
»Früher oder später muß ich mit ihr sprechen, Albie. Deshalb kann es genausogut jetzt sein.«
»Es wird Ihnen leid tun«, sagte er rachsüchtig. »Kommen Sie ja nicht weinend zu mir gelaufen! Es wird Ihnen leid tun – und Sie verdienen es nicht anders, verdammt noch mal.« Er sah so aus, als werde er selbst gleich anfangen zu weinen. »Warum können Sie verdammt noch mal nicht Ruhe geben?«
Meredith ging hinaus und holte den inzwischen nur noch lauwarmen Tee. »Evie?« Sie klopfte leise und drückte die Klinke nieder, ohne auf Antwort zu warten. Sie spürte, daß Elliott an die Tür seines Zimmers getreten war und sie beobachtete, doch er versuchte nicht, sie aufzuhalten. Sein Haß traf sie zwischen die Schulterblätter wie ein Pfeil. Aber es war ein Haß, der aus Schwäche resultierte. Ein Haß, wie ihn Philip Lorrimer empfunden hatte.
Eve saß, die Füße hochgelegt, auf einem kleinen Sofa im Erker und starrte mit leeren Augen aus dem Fenster hinaus in den Garten. Die weiche Spätnachmittagssonne fiel auf ihre makellose weiße Hose. Sie trug wieder die grelle pinkfarbene Bluse und wirkte, von den dunklen Schatten unter den Augen abgesehen, so wie immer, wie aus dem Ei gepellt. Meredith setzte die Teetasse ab.
»Tut mir leid, daß es dir nicht gutgeht, Eve. Hier, Lucia hat dir einen Tee gemacht …« Sie brach bekümmert ab und verstummte.
Mit einem leisen, traurigen Lächeln wandte Eve den Kopf. »Ja«, sagte sie.
»Du warst doch nicht wieder an der Ginflasche, oder?«
»Nein – ich habe Kopfschmerzen. Ich könnte keinen Alkohol vertragen.«
Verdammt, dachte Meredith. Was für eine scheußliche Geschichte. Laut sagte sie: »Tut mir leid, daß ich gestern abend nicht nach Hause gekommen bin.«
»Das macht nichts«, erwiderte Eve. Sie sprach wieder mit dieser leisen, traurigen Stimme. »Es hätte auch nichts geändert.«
»Vielleicht ja doch.« Meredith stand auf und wanderte zu dem viktorianischen Kamin hinüber. Man hatte ihn weiß lackiert, und er diente nur noch zur Dekoration, doch obwohl nie ein Feuer darin angezündet wurde, flatterten auf dem Rost, fast zu Asche verbrannt, fedrige Papierfetzchen und flogen durch den Luftzug, den Meredith durch ihr Nähertreten verursachte, nun leicht auf.
»Du hast sie also gefunden«, sagte Meredith langsam. »Hast sie schließlich doch noch gefunden. Das ist alles, was von Philips Originalen geblieben ist, nicht wahr? Von dem Brief und den Fotografien?«
Eve bewegte sich leicht und griff nach der Teetasse. »Ja. Er war wirklich unmöglich, versteckt sie im Schuppen dieses alten Mannes. Ich hatte das ganze Cottage und das Atelier durchsucht und war völlig ratlos, wohin er sie gebracht haben könnte. Dann fiel mir ein, was Sara mir von dem Schuppen erzählt hatte. Philip war drin gewesen und hatte Sara gesagt, wie schrecklich unordentlich es dort wäre. Auf diese Weise, dachte ich, hätte Philip Brief und Fotos immer in greifbarer Nähe. Der Schuppen war ideal. Außer dem alten Mann ging nie jemand hinein, und der hatte seit Jahren kein Stück von der Stelle gerückt. Phil hatte praktisch jederzeit Zugang, wenn der alte Mann nicht da war. Er brauchte das Couvert nur unter dem Dach zu verstecken. Und genau das hatte er getan.«
Meredith sagte: »Das war sehr schlau von dir, Evie. Aber du hättest dem alten Mann nichts tun dürfen.«
»Wollte ich ja auch nicht«, sagte Eve bekümmert. Sie setzte die Tasse ab. »Es war nicht meine Schuld. Es war zwei Uhr morgens, um Himmels willen! Warum lag der alte Esel nicht im Bett und schlief? Tauchte plötzlich auf wie ein riesengroßer Kobold, fuchtelte mit seiner Taschenlampe herum und leuchtete mir ins Gesicht. Auch da hätte ich ihm noch nichts getan. Ich hätte ihm erklärt, daß Phil etwas versteckt hatte, das mir gehört, und hätte ihm das Couvert gezeigt. Aber er fing an mich anzuschreien. Schrie so blödsinniges Zeug.« Eves Stimme erhielt einen spöttischen Unterton. »Nannte mich

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