Mord ist der Liebe Tod
für mich sieht sie ganz anders aus, das muss doch aufgefallen sein.“
„ Vielleicht weil sie schon vorher ihr Äußeres nach und nach verändert hat, so mit Sonnenstudio und Friseur.“
„ Könnte sein. Deshalb ist für mich der Unterschied vielleicht größer als für ihre Kolleginnen. Und wo hat sie das machen lassen?“
„ Frau Sturm sagt, in einer Klinik in Bad Homburg. Sollen wir das nachprüfen?“
„ Hm, im Moment wüsste ich nicht, wofür das von Belang sein sollte, aber wir behalten‘s mal im Kopf.“
Jenny setzte sich an ihren PC und prüfte ihre Mails.
„ Jungs, Odysseus hat sich gemeldet. E r will mich auch morgen sehen. Wo, schreibt er nicht.“ Ausgerechnet, dachte sie, die hatten es alle verdammt eilig.
„ Ich antworte ihm, ob‘s auch übermorgen geht. Das ist zwar Sonntag, aber ich wüsste nicht, wann sonst. Uns läuft die Zeit davon.“
„ Passt schon“, m einte Logo und auch Sascha meinte, „ich hab nichts besonderes vor Sonntagabend.“
„ Gut, dann maile ich ihm das.“
Sie blickte auf. „Wolltest du nicht zur Sachsenhäuser Warte?“
„ Ja “, antwortete Logo, „ich mach mich jetzt auf den Weg. Oder soll ich warten, bis wir wissen, ob er einen bestimmten Tisch reserviert?“
„ Ne in, fahr ruhig und nimm Sascha mit. Dann sieht er gleich mal, wie so ein Einsatz geplant wird. Ich rufe an, wenn ich Näheres erfahre.“
„ Dann mal los, Sascha.“
Jenny blick te den beiden kurz nach und vertiefte sich wieder in die Berichte. Vielleicht hatten sie doch etwas übersehen.
Als sie einen Ordner in die Hand nahm, entdeckte sie darunter einen ungeöffneten Stapel Post. Zwischen Einladungen zu einem Seminar, Infopost von der Gewerkschaft und Suchmeldungen fand sich ein einfacher weißer Umschlag ohne Absender. Adressiert war er an: Jenny Becker Persönlich . Ein seltsames Gefühl überkam Jenny, ohne dass sie zunächst einen greifbaren Grund dafür hätte nennen können. Sie riss den Umschlag nicht auf, wie sie es üblicherweise tat, sondern öffnete ihn vorsichtig mit einem Brieföffner. Ein einzelnes weißes Blatt Papier kam zu Vorschein. Sie entfaltete es und erstarrte. Ihr Puls fing an zu rasen und einen Moment wurde ihr schwarz vor Augen. In der Mitte des Blattes standen in schwarzer geschnörkelter Druckschrift vier Worte:
Ich denke an dich
Jenny spürte, wie ihr übel wurde. Reiß dich zusammen, dachte sie. Mit zitternden Händen legte sie das Blatt auf ihre Schreibtischunterlage und griff zum Telefon. Mit links blätterte sie durch ihr Telefonverzeichnis und wählte dann, wobei sie zweimal neu anfangen musste, weil sie sich vertippt hatte.
„ Justizvollzugsanstalt Weiterstadt, Speckmann am Apparat.“
„ Tag, Herr Speckmann, hier ist Kommissarin Becker vom K 11, ich bräuchte Auskunft über einen Ihrer Insassen.“
„ Gascon?“
Jenny seufzte. Jeder, wirklich jeder , wusste über ihre Verbindung Bescheid.
„ Ja, Gascon. Ist es möglich, dass er Kontakt nach außen hat? Konkret gefragt: Kann er einen Brief nach draußen schicken?“
„ Unmöglich. Er wird streng bewacht. Jeder Kontakt ist untersagt. Nur sein Anwalt darf zu ihm. Und seine Zelle wird regelmäßig durchsucht.“
„ Sie haben keine Vorstellung, wie erfinderisch er ist.“
„ Hören Sie Frau Becker, ich weiß, dass es in der Presse immer heißt, es wäre leicht, etwas in den Knast oder hinaus zu schmuggeln. Aber in Wahrheit ist es das absolut nicht. Und bei Tätern, die im Hochsicherheitstrakt sitzen, unmöglich. Es wurden nie Papier oder Stifte bei ihm gefunden. Wie kommen Sie überhaupt darauf?“
„ Tut nichts zur Sache. Danke für die Auskunft.“
Nur wenig erleichtert legte Jenny den Hörer auf. Sie war einmal von IHM getäuscht worden und wusste, wie intelligent und gerissen er war.
Sie lehnte sich zurück und starrte auf den Brief. Wer sonst könnte ihn geschickt haben? Niemand, das war die einzige Antwort, die ihr einfiel. Außer IHM. Die Angst, die sie seit ihrem Erlebnis in Kanada nie ganz verlassen hatte, legte sich um ihr Herz. Würde sie nie frei von ihm sein?
Okay, sagte sie sich. Durchatmen. Cool bleiben. S ie wusste, was sie zu tun hatte, auch wenn es ihr höchst unangenehm war. Wer weiß, wie der letzte Fall ausgegangen wäre, hätte sie nicht versucht, zu viel für sich zu behalten.
Zuerst tütete sie den Brief samt Umschlag ein und lieferte ihn bei der Spusi ab.
Kurze Zeit später klopfte sie an Staatsanwalt Biederkopfs Tür. Auf sein Herein betrat sie das
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