Mord ist ihre Leidenschaft
brüsten?«
Auch wenn Roarke sich selbst bereits seit Jahren nicht mehr als gläubigen Katholiken sah, rief der Gedanke Unbehagen in ihm wach. »Ich nehme an, dass er wollte, dass sie seine Arbeit segnet. Das ist ungefähr das Gleiche.«
Eve zog bereits eine Plastiktüte aus der Tasche. »Ich glaube, ich habe schon einmal eine solche Statue gesehen – und zwar in Brennens Wohnung. Auf dem Ankleidetisch seiner Frau, direkt gegenüber dem Bett. Dort hat sie nicht wirklich fehl am Platz gewirkt, weshalb sie mir nicht weiter auffiel. Neben der Statue gab es eine von diesen Perlenketten, mit denen ihr betet, Holographien der Kinder, eine silberne Bürste, einen Kamm und einen Parfümflakon aus blauem Glas.«
»Aber wirklich aufgefallen ist dir nichts«, murmelte Roarke und dachte, dass es wirklich Bullen gab, denen niemals was verborgen blieb.
»Nur, dass sie dort stand. Nicht, dass sie nicht dort hätte stehen sollen. Ganz schön schwer«, bemerkte sie, als sie die Statue in die Plastiktüte schob. »Sieht ziemlich teuer aus.« Stirnrunzelnd blickte sie auf die Gravur am Boden. »Was ist das, italienisch?«
»Mmm. Hergestellt wurde die Figur in Rom.«
»Eventuell finden wir ja heraus, wer die Dinger gekauft hat. «
Roarke schüttelte den Kopf. »Du wirst feststellen, dass allein im letzten Jahr Tausende von diesen Statuen verkauft worden sind. Die Souvenirgeschäfte um den Vatikan herum verdienen sich daran dumm und dämlich. Ich selbst bin an ein paar Läden beteiligt.«
»Trotzdem gehen wir der Sache nach.« Sie nahm ihn am Arm und führte ihn nach draußen. Es würde ihm nicht helfen mit ansehen zu müssen, wie die Leiche für den Abtransport eingetütet wurde. »Du kannst hier nichts tun. Ich muss aufs Revier, meinen Bericht erstellen und noch ein paar Dinge überprüfen. Ich komme später nach.«
»Ich will mit seiner Familie reden.«
»Das kann ich dir nicht erlauben. Noch nicht. Jetzt noch nicht«, wiederholte sie, als er sie ausdruckslos ansah. »Gib mir ein paar Stunden Zeit. Roarke…« Hilflos fiel sie auf den Standardsatz zurück. »Es tut mir wirklich Leid.«
Er überraschte sie, indem er sie an seine Brust zog, sein Gesicht in ihrem Haar vergrub und sie einfach festhielt. Unbeholfen strich sie ihm mit den Händen über den Rücken und tätschelte tröstend seine starren Schultern.
»Zum ersten Mal, seit ich dich kenne«, murmelte er so leise, dass sie ihn kaum verstand, »wünschte ich mir, du wärst keine Polizistin.«
Dann ließ er von ihr ab und wandte sich zum Gehen.
Sie stand im auffrischenden Wind, roch den herannahenden Winter und trug auf ihren Schultern das elende Gewicht von Schuld und Unzulänglichkeit.
Als sie am Abend heimkam, hatte sich Roarke in seinem Büro verschanzt. Nur der Kater kam zu ihrer Begrüßung in den Flur und strich ihr schnurrend um die Beine, als sie ihre Jacke auszog und den Träger ihrer Tasche wieder über ihre linke Schulter schob.
Gut, dass sie allein war, dachte sie erleichtert. Sie hatte noch zu tun. Und da sie außer Stande war, ihren Mann zu trösten, behielte sie am besten weiter die Rolle der Polizistin bei. Die war ihr wenigstens vertraut.
Galahad folgte ihr über die Treppe in Richtung der Räumlichkeiten, in denen sie ihre Arbeit machte und, wenn Roarke nicht da war, für gewöhnlich schlief.
Sie holte sich einen frischen Kaffee und gab, weil Galahad sie voller Hoffnung ansah, die Bestellung für ein Tunfischsandwich auf. Die Hälfte des Brots gab sie dem Kater, der es mit einer Gier verschlang, als hätte er seit Monaten nichts mehr bekommen.
Dann schaute sie auf die Verbindungstür zu Roarkes Büro. Sie brauchte nur zu klopfen, doch sie trat hinter ihren Schreibtisch und nahm ermattet Platz.
Sie hatte seinen Freund nicht retten können. War zu langsam und zu dumm gewesen, um seine Ermordung zu verhindern.
Es würde ihr auch nicht gelingen, Roarke aus dieser Sache rauszuhalten. Sie müsste ihn befragen, brauchte seine offizielle Aussage fürs Protokoll.
Zusätzlich hätten in ein paar Stunden die Medien Wind von dem Fall bekommen. Mit einem Antrag auf Nachrichtensperre käme sie garantiert nicht mehr durch. Also hatte sie bereits beschlossen, Nadine Fürst zu kontaktieren, die Frontfrau vom Channel 75. Nadine wäre ihr gegenüber zumindest fair. Zwar war sie extrem beharrlich, ohne jeden Zweifel jedoch auch akkurat.
Eve blickte auf ihr Link. McNab hatte auf ihre Bitte das Link aus ihrem Büro für die Nacht zu ihr nach Hause umgeleitet.
Weitere Kostenlose Bücher