Mord ist ihre Leidenschaft
also war ich tölpelhaft und grausam. Ich dachte, dass ich mich richtig und anständig verhielt. Ich konnte sie nicht so berühren, wie sie meinte, dass sie wollte. Sie war so unschuldig und… süß. Ich habe sie verletzt, aber statt sich in ihrem Zimmer einzuschließen und mich wie erhofft und wie gedacht einfach bis zum nächsten Tag zu hassen, lief sie aus dem Haus. Männer, die auf der Suche nach mir waren, Männer, von denen ich in meiner Arroganz geglaubt hatte, sie könnten mir nichts tun, haben sie gefunden und verschleppt.«
Da sich seine Trauer um Marlena nie vollständig legen würde, fuhr er erst nach einer kurzen Pause mit leiser Stimme fort: »Ich hätte mein Leben gegen das ihre eingetauscht. Ich hätte alles getan, was sie von mir verlangten, um ihr auch nur den Bruchteil einer Sekunde der Angst und der Schmerzen zu ersparen. Aber ich war hilflos. Mir blieb die Möglichkeit verwehrt, etwas für sie zu tun. Als sie mit ihr fertig waren, haben sie sie uns vor die Tür geworfen wie einen Haufen Müll.«
»Sie war so klein«, Summersets Stimme war kaum mehr als ein Flüstern. »Sie sah aus wie eine Puppe, alles an ihr war zerrissen und zerfetzt. Sie haben mein Baby ermordet. Haben es geschlachtet wie eine elendige Kuh.« Jetzt sah er Eve aus blitzenden Augen an. »Und die Bullen haben nicht das Geringste unternommen. Sie haben beide Augen zugedrückt. Marlena war die Tochter eines unerwünschten Mitglieds der Gesellschaft. Es gäbe keine Zeugen und keinerlei Beweise, haben sie gesagt. Sie wussten, wer mein Kind ermordet hatte, denn auf der Straße wurde von nichts anderem gesprochen. Aber sie haben nichts getan.«
»Die Männer, die sie ermordet hatten, waren mächtig«, fuhr Roarke an seiner Stelle fort. »In der Gegend von Dublin hatten sich die Bullen gegenüber bestimmten Aktivitäten schon immer blind und taub gestellt. Ich habe sehr lange gebraucht, bis ich genügend Einfluss und Fähigkeiten hatte, um mich gegen sie zu behaupten. Und es hat noch länger gedauert, die sechs Männer aufzuspüren, die für Marlenas Tod verantwortlich gewesen sind.«
»Doch schließlich hast du sie gefunden und getötet.« Sie merkte, dass es für sie möglich war, damit zu leben. »Aber inwiefern stehen Brennen und Conroy mit dieser Sache in Verbindung?« Einen Moment setzte ihr Herzschlag aus. »Hatten sie damit zu tun? Hatten sie etwas mit Marlenas Tod zu tun?«
»Nein. Aber jeder der beiden hat mir zu irgendeinem Zeitpunkt Informationen gegeben. Informationen, dank derer ich jeweils einen bestimmten Mann an einem bestimmten Ort gefunden habe. Und als ich die Männer gefunden hatte, zwei der Männer, von denen Marlena vergewaltigt, gefoltert und ermordet worden war, habe ich sie getötet. Langsam. Schmerzhaft.« Er sah Eve reglos in die Augen. »Dem Ersten habe ich das Herz herausgeschnitten.«
Sie wurde kreidebleich. »Du hast ihm die Eingeweide rausgerissen.«
»Es erschien mir passend. Nur ein herzloser Bastard konnte einem hilflosen jungen Mädchen so was antun. Den zweiten Mann habe ich dank der von Shawn gekauften Informationen ausfindig gemacht. Als ich ihn endlich hatte, habe ich ihm nacheinander die Adern aufgeschnitten, sodass er schön langsam ausgeblutet ist.«
Sie musste sich setzen und hob die Hände vors Gesicht. »Wer hat dir außer den beiden noch geholfen?«
»Das ist schwer zu sagen. Ich habe mit Dutzenden von Leuten gesprochen und fast jeder hatte irgendetwas zu erzählen. Da war zum Beispiel Robbie Browning, aber den habe ich schon überprüft. Er ist nach wie vor in Irland und sitzt dort noch drei bis fünf Jahre im Knast. Jennie O’Leary lebt in Wexford und führt dort ausgerechnet eine kleine Pension. Ich habe sie gestern kontaktiert, sie ist also ganz sicher auf der Hut. Und Jack – «
»Gott verdammt.« Eve schlug mit beiden Fäusten auf den Tisch. »Du hättest mir sofort, als ich dir von Brennen erzählt habe, eine Liste geben sollen. Weshalb hast du mir nicht vertraut?«
»Es ging dabei nicht um Vertrauen.«
»Nein?«
»Nein.« Ehe sie aufspringen konnte, ergriff er ihre Hand. »Nein, es ging nicht um Vertrauen. Es ging darum zu hoffen, dass ich mich vielleicht irre. Und darum zu versuchen, dich nicht in die Lage zu bringen, in der du jetzt meinetwegen bist.«
»Du hast also gedacht, dass du das Problem alleine in den Griff bekommen kannst.«
»Das hatte ich gehofft. Aber nun, da Summerset in diese Sache reingezogen wurde, ist das nicht mehr möglich. Wir brauchen deine
Weitere Kostenlose Bücher