Mord ist ihre Leidenschaft
nicht eine Sekunde geschwankt. Dass sie ihre Hände derart fest im Schoß verschränkt hielt, dass die Knöchel weiß zum Vorschein kamen, war ihr sicher nicht bewusst.
»Ich stimme Ihnen zu. Ich könnte Sie fragen, ob Sie lieber von der Sache abgezogen würden, aber den Atem kann ich mir bestimmt sparen.«
»Ja, Sir.«
»Sie werden Roarke befragen.« Er machte eine Pause, während der sie schwieg. »Und ich nehme an, dass es keinen offiziellen Bericht von dieser Befragung geben wird.
Sehen Sie sich vor und beugen Sie die Regeln nicht zu sehr. Ich würde nämlich nur sehr ungern eine meiner besten Beamtinnen verlieren. «
»Commander.« Sie erhob sich von ihrem Platz. »Die Mission unseres Killers ist noch nicht beendet. Er wird mich wieder kontaktieren. Ich habe bereits ein erstes Gefühl für diesen Bastard, einen Eindruck davon, was für ein Typ er eventuell ist, aber trotzdem würde ich gern Dr. Mira bitten, dass sie so bald wie möglich ein offizielles Täterprofil für mich erstellt. «
»Rufen Sie sie an.«
»Außerdem habe ich die Absicht, einen Großteil meiner Arbeit von zu Hause aus zu machen. Meine Ausrüstung dort ist… besser als das, was mir hier auf dem Revier zur Verfügung steht.«
Whitney gestattete sich ein breites Grinsen. »Ich wette, dass sie das ist. Ich werde Ihnen so viel Freiheit wie möglich in dieser Sache einräumen, aber lassen Sie mich Ihnen sagen, dass die Zeit sehr knapp ist. Und falls es noch einen dritten Toten geben sollte, wird sie mehr als knapp.«
»Dann arbeite ich schnell.«
7
A uf halbem Weg die lange, gewundene Einfahrt von Roarkes Anwesen hinauf, saß Eve grübelnd in ihrem Wagen und betrachtete das von ihm gebaute Haus. Das hieß, er hatte es nicht wirklich selbst gebaut. Das Gebäude hatte über hundert Jahre auf dem Buckel und lange Zeit darauf gewartet, dass sich jemand mit Geld und Visionen als Käufer dafür fand. Er verfügte über beides und hatte das alte Gemäuer in einen Palast aus Stein und Glas verwandelt, der wunderbar zu ihm passte.
Inzwischen war auch sie, entgegen ihrer ursprünglichen Befürchtung, völlig fehl am Platz zu sein, in dieser Pracht zu Hause. Hier in diesem mit Türmen und Erkern verzierten, von eleganten Rasenflächen und herrlichem Buschwerk umgebenen, beeindruckenden Bau. Sie lebte inmitten von kostbaren Antiquitäten, schritt über dicke Teppiche aus fernen Ländern, genoss einen ungeahnten Reichtum und Privilegien, von denen die meisten nicht mal träumten.
Roarke hatte das alles – auf seine Art – verdient, während sie selbst in diese wunderbare Welt hineingestolpert war.
Sie beide waren in der Gosse aufgewachsen und hatten verschiedene Wege aus dem Elend gewählt. Sie hatte Gesetze, Regeln, Ordnung und Disziplin gebraucht. In ihrer Kindheit hatte es all diese Dinge nicht gegeben, und die frühen Jahre ihres Lebens, die sie so lange erfolgreich ausgeblendet hatte, tauchten erst jetzt mit vehementer Boshaftigkeit aus ihrem Unterbewusstsein auf.
Inzwischen konnte sie sich, wenn auch nach wie vor nicht an alles, so doch an zu vieles erinnern.
Roarke, so nahm sie an, wusste bestimmt noch alles ganz genau. Er hatte sich gewiss nicht gestattet zu vergessen, was er einst gewesen war oder woher er kam. Er hatte seine Vergangenheit Gewinn bringend genutzt.
Ihre Väter waren Alkoholiker gewesen, beide hatten sie misshandelt, sie hatten der Kindheit von Sohn beziehungsweise Tochter irreparable Schäden zugefügt. Also hatten beide Opfer sich bereits in jungen Jahren in Erwachsene verwandelt – sie, indem sie für die Gesetze eintrat, er, indem er sie umging.
Jetzt bildeten sie eine Einheit – oder unternahmen zumindest den Versuch.
Doch wie viel von den Menschen, die sie inzwischen waren, war tatsächlich kompatibel?
Das würde jetzt getestet. Und ihre Ehe, die so wunderbar und neu, so erschreckend und so lebenswichtig für sie war, würde durch die Probe entweder gefestigt – oder zerstört.
Sie fuhr den Rest des Wegs hinauf, parkte ihren Wagen am Fuß der alten, steinernen Treppe, wo er Summerset beständig ein Dorn im Auge war, und trug einen kleinen Kasten mit Disketten ins Haus.
Natürlich lauerte der Quälgeist bereits hinter der Tür. Sicher hatte er sie das Tor passieren sehen und musste sich jetzt fragen, weshalb sie so lange mitten auf der Einfahrt stehen geblieben war.
»Haben Sie ein Problem mit Ihrem Fahrzeug, Lieutenant?«
»Kein größeres als sonst.« Sie legte ihre Jacke ab und hängte sie,
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