Mord ist ihre Leidenschaft
Treppenpfosten umklammern musste, während ihn die Erkenntnis, dass ihre Worte richtig waren, wie ein Fausthieb traf.
Als er sicher war, dass er allein war, setzte er sich auf die Treppe und vergrub das Gesicht zwischen den Händen, denn die längst überwunden geglaubte Trauer wallte mit aller Frische, Bitterkeit und Hitze in seinem Innern auf.
Bis Roarke zwanzig Minuten später heimkam, hatte sich Summerset wieder gefasst. Seine Hände zitterten nicht mehr und sein Herzschlag war wieder beinahe normal. Er hatte seine Pflicht – so wie er sie sah, so wie er sie sehen musste – stets mit aller Diskretion und doch gewissenhaft erfüllt.
Er nahm Roarkes Mantel, befingerte die weich fließende feine Seide, und hängte ihn sich über den Arm. »Ihre Gattin ist in ihrem Arbeitszimmer. Sie würde gern mit Ihnen sprechen. «
Roarke blickte die Treppe hinauf nach oben. Eve hatte die Bitte sicher weniger höflich formuliert. »Wie lange ist sie schon zu Hause?«
»Weniger als eine halbe Stunde.«
»Und sie ist allein?«
»Ja. Vollkommen allein.«
Geistesabwesend öffnete Roarke die obersten beiden Knöpfe seines Hemdes. Seine nachmittäglichen Besprechungen waren lange und anstrengend gewesen und in seinem Schädel machte sich seltener Spannungskopfschmerz breit.
»Bitte nehmen Sie sämtliche Gespräche für mich entgegen. Ich will nicht gestört werden.«
»Abendessen?«
Kopfschüttelnd erklomm Roarke die Stufen in die obere Etage. Während des gesamten Tages hatte er den Zorn in seinem Inneren bezwungen, nun jedoch wogte er schwarz und glühend erneut in seinem Herzen auf. Er wusste, es wäre besser und vor allem produktiver, wenn sie in aller Ruhe miteinander sprächen.
Ständig jedoch musste er an die Tür denken, die von ihr in der Nacht zuvor zwischen ihnen geschlossen worden war. An die Leichtigkeit, mit der sie es getan hatte, an die Endgültigkeit dieses beinahe feindseligen Aktes, und wusste nicht, wie lange es ihm gelingen würde, zumindest äußere Gelassenheit zu wahren.
Sie hatte die Tür des Arbeitszimmers offen stehen lassen. Schließlich, dachte Roarke erbost, hatte sie ihn ja auch zu sich herauf zitiert, nicht wahr? Sie saß stirnrunzelnd vor dem Computer, als wäre sie verärgert über das, was sie gerade auf dem Bildschirm las. Neben ihrem Ellbogen stand ein Becher inzwischen sicher kalten Kaffees und ihre Haare standen wirr zu Berge, denn ohne jeden Zweifel hatten ihre rastlosen Hände sie wiederholt gerauft. Immer noch hatte sie ihr Stunner-Halfter an.
Galahad hatte sich auf einem Stapel Papiere auf dem Schreibtisch häuslich eingerichtet, pendelte bei Roarkes Erscheinen zur Begrüßung mit dem Schwanz und sah ihn aus blitzenden zweifarbigen Augen an. Roarke meinte beinahe zu wissen, was der Kater dachte.
Also los, fang endlich an. Ich habe schon die ganze Zeit auf die Darbietung gewartet.
»Du wolltest mich sehen, Lieutenant?«
Sie hob den Kopf und sah ihn an. In seinem dunklen Anzug mit dem am Kragen offenen Hemd wirkte er kühl und lässig elegant. Seine Körpersprache allerdings – der leicht schräg gelegte Kopf, die in den Taschen seiner Hose eingehakten Daumen, die Art, in der er auf den Fersen wippte – machte deutlich, dass er momentan mehr als alles andere der streitlustige irische Straßenkämpfer war.
Also gut, beschloss sie. Auch sie wäre bereit zu einem ernsthaften Gefecht.
»Ja, ich wollte dich sehen. Würdest du bitte die Tür zumachen?«
»Wenn’s unbedingt sein muss.« Er zog die Tür ins Schloss, ging quer durch das Zimmer auf sie zu. Und wartete ab. Er zog es vor, wenn sein Gegner den ersten Treffer landete.
Dadurch wurde der Gegenschlag zu einem größeren Genuss.
»Ich brauche Namen«, erklärte sie in knappem, brüskem Ton. Sie sollten beide wissen, dass sie als Polizistin mit ihm sprach. »Die Namen der Männer, die du getötet hast. Die Namen von allen, an die du dich erinnern kannst, die du auf der Suche nach eben diesen Männern kontaktiert hast.«
»Du wirst sie bekommen.«
»Und ich brauche eine Aussage von dir, die beinhaltet, wo und mit wem du während der Morde an Brennen und Conroy zusammen gewesen bist.«
Seine Augen begannen zu glühen, dann jedoch wurde seine Miene eisig. »Bin ich vielleicht verdächtig? Lieutenant?«
»Nein, und so soll es auch bleiben. Wenn ich dich von der Liste der Verdächtigen streichen könnte, würde dadurch alles leichter.«
»Und schließlich sollte deine Arbeit doch so leicht wie möglich sein.«
»Fang
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