Mord ist kein Geschäft
holen .«
»Jason
Wagner?« Ihre Augen weiteten sich ungläubig. »Warum sollte er den Namen Ihrer
Kundin wissen wollen? Was hat er denn mit Mike zu tun ?«
»Das
Mädchen, das ermordet wurde«, sagte ich, »war seine Privatsekretärin .«
Sie
umfaßte mit beiden Händen ihre Wangen und fuhr sich dann langsam aufwärts durch
das goldene Haar — die konventionelle Reaktion bei der Erkenntnis einer
plötzlich hereingebrochenen Tragödie, die eine fünf Sekunden lange Großaufnahme
zur Folge hat, sofern es das Gesicht einer Schauspielerin verträgt. Ihres
vertrug es, gab ich widerwillig vor mir selber zu.
»Aber
das ist ja Katastrophe über Katastrophe, Darling«, sagte sie mit leiser
vibrierender Stimme. »Wie ist es möglich, daß Mike sich mit Wagners Sekretärin
eingelassen hat? Das ist doch einfach makaber !«
»Ebenso
makaber wie die Tatsache, daß ich hier unter Ihrem Vordach stehe und zusehe,
wie Sie die volle Skala von Ausdrucksmöglichkeiten, die man Ihnen auf der
Schauspielschule beigebracht hat, vor mir abhaspeln«, knurrte ich. »Mir ist es
völlig egal, ob Sie sich zu Tode erkälten — ich mache mir nur um meinetwegen
Sorgen .«
»Darling,
es tut mir entsetzlich leid .« Sie riß mit einer
weiteren theatralischen Bewegung die Tür auf. »Bitte, kommen Sie herein. Es ist
nur so, daß diese Neuigkeiten mich — nun — völlig umgeworfen haben, Darling .«
Ich
trat in die Eingangsdiele und schloß die Tür hinter mir. Fabrielle führte mich in das Wohnzimmer, wo sie umgehend auf die nächste Couch sank. Es
bedurfte nur noch eines Straußes weißer Kamelien, und sie war die vollendete
Kameliendame.
»Ich
bin körperlich und seelisch am Rand meiner Kräfte, Darling«, flüsterte sie mit
dem Anflug eines müden — aber tapferen — Lächelns. »Machen Sie mir bitte etwas
zu trinken zurecht ?« Ein müder alter Arm wies schlaff
in Richtung der Bar. »Etwas, das mir wieder Kraft einflößt, Rick, bitte .«
Dies
war unter der Voraussetzung der reichlich ausgerüsteten Bar, eines
Highball-Glases und einiger Eiswürfel eine Art Herausforderung. Ich machte mir
selber einen Whisky pur auf Eis zurecht und konzentrierte mich dann darauf, Fabrielles speziellen Wünschen durch ein kleines
Meisterstück zu genügen. Es wurde so etwas wie ein Holman Spezial auf Eis und bestand aus gleichen Teilen Cognac, Absinth, Benediktiner,
Wodka und Grenadine — mit einem Schuß Limone, um des Geschmacks willen. Ich
glaube, der Teufel ritt mich einfach. Fabrielle nahm
mir das Glas aus der Hand, lächelte schwach und trank dann die Hälfte des
Inhalts auf einen Zug. Ich wartete auf die Explosion. Fabrielle blinzelte gelassen, und das war alles.
Der
Teufel in mir schrumpfte zu einem enttäuschten Teufelchen zusammen. »Wie — äh —
schmeckt der Drink, Fabrielle ?« fragte ich mit einer Art nonchalantem Keuchen.
»Der
Drink?« Sie starrte vage auf das Highball-Glas in ihrer Hand, als handle es
sich um etwas aus dem Weltall, das jeden Augenblick anfangen könne, in der
Marssprache zu reden. »Es ist schon recht, Darling. Aber ich bin keine
Anhängerin der >Kraft-durch-Enthaltsamkeit<-Bewegung. Wissen Sie? Ich
meine, Sie hätten schon ein bißchen anständigen Alkohol hineintun können .«
Das
winzige Teufelchen in mir gab ein irres kleines Gekicher von sich und löste
sich in seine Bestandteile auf.
»Oh,
gut—« Ich ließ mich benommen in einem Sessel nieder. »Ich werde das nächste Mal
daran denken .«
»Ich
muß mir das alles einmal durch meinen müden alten Kopf gehen lassen.« Ihre
Lider senkten sich für einen Augenblick automatisch zugunsten einer nicht vorhandenen
Kamera. »Sie waren bei Jason Wagner, und er sagt, dieses Mädchen sei seine
Privatsekretärin gewesen ?«
»Ja.
Er möchte außerdem gern wissen, wieso zum Teufel jemand die Nerven hat, seine
Privatsekretärin umzubringen, ohne ihn vorher um Erlaubnis zu bitten. Er
scheint zudem der Ansicht zu sein, daß ein Mord während der Cocktailstunde
einfach geschmacklos sei. Dann ist da noch etwas: Wenn er nicht den Namen der
Kundin erfährt, die mich am Morgen damit beauftragt hat, mit Westerway zu reden, dann ist Rick Holman in der Branche passé. — Punktum.«
»Kann
er das denn, Darling ?« Die Lider senkten sich ein
wenig tiefer, während sie auf Antwort wartete.
»Soll
das ein Witz sein ?« schnaubte ich. »Natürlich kann er
das — eine Kleinigkeit für ihn .«
»Das
Leben kann die reine Hölle sein , Darling. Nicht?« Sie
seufzte gedankenvoll.
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