Mord ist kein Geschäft
handeln als
nur um einen persönlichen Skandal. Er wäre in der Lage, so etwas durchzustehen
— die Sache niederzuschlagen, darüber zu lachen. Ich vermute, es müßte sich
dabei um etwas, handeln, das ihm die Aktionäre niemals verzeihen würden —
vielleicht so etwas wie ein Taschenspielertrick, vermittels dem er die
Gesellschaft um ein paar hunderttausend Dollar in auf einem Sperrkonto
liegender ausländischer Währung geprellt hat oder etwas dergleichen. Was
glauben Sie, Mr. Wagner ?«
Die Zigarre schwebte regungslos
in der Luft, während er einfach dasaß und mich anstarrte wie eine Qualle, die
der Schlag getroffen hat. Schweigen legte sich über das Zimmer, während sich
seine Lippen ein paarmal öffneten und wieder schlossen, ohne daß ein Laut
hervorkam.
Ich legte beide Hände auf die
Kante seines Schreibtisches, beugte mich vor und starrte ihm geradewegs ins
Gesicht.
»Vielleicht existiert ein
solcher Mann nur in meiner Phantasie, Mr. Wagner«, sagte ich im Ton der
Unterhaltung. »Vielleicht auch nicht. Ich habe die Absicht, das herauszufinden .«
Plötzlich fand er die Sprache
wieder. »Raus !« wiederholte er mit heiserer Stimme.
»Noch etwas«, sagte ich. »Sie
haben mir eben erklärt, ich könne in der Filmindustrie nicht mehr arbeiten, und
ich weiß, daß Sie auch dafür sorgen können. Aber wenn jemand meine Existenz
bedroht, werden Sie wohl kaum erwarten, daß ich mich nicht zur Wehr setze ?« Ich grinste ihn bösartig an. »Und ich habe üble
Kampfmethoden, Mr. Wagner .«
Ich war bereits an der Tür
angelangt und blickte über meine Schulter weg zu ihm zurück. Er saß noch immer
regungslos da, die Zigarre in die Luft haltend, aber nun lag auf den fetten
rosafarbenen Batiken ein ungesunder grauer Schimmer.
»Guten Tag, Mr. Wagner«, sagte
ich höflich und ging den langen hellen Korridor zurück.
Der Wachmann am Eingangstor des
Studios kam mitten auf die Straße herausgestürzt, als er ein Kabriolett kommen
sah, und winkte mir mit ungeheurem Enthusiasmus, als sei ich der diesjährige
Gewinner der Indianapolis-Rennen.
»Mr. Holman !«
Er holte tief Luft, während der verblüffte Ausdruck wie festgeklebt auf seinem
Gesicht blieb. »Mr. Wagner ist am Telefon. Er bleibt am Apparat und wartet
darauf, mit Ihnen zu sprechen .« In seine Stimme kam
ein Unterton ungläubiger Verwunderung. »Wirklich, Mr. Jason Wagner persönlich.«
Ich stieg aus, und er führte
mich vorsichtig in den schachtelartigen Verschlag, der ihn bei feuchtem Wetter
vor Regen schützte — an sich ein Anti-Kalifornien-Symbol — , und reichte mir den Telefonhörer, als sei er aus zerbrechlichem Kristall.
»Ja ?« sagte ich.
» Holman «,
Wagners Stimme klang eine Spur unsicher, »ich war mit dem, was ich vorhin
sagte, vielleicht eine Spur zu voreilig. Wie wär’s, wenn Sie die Sache
vergäßen, wie ?«
»Nein«, sagte ich.
»Was?« Seine Stimme klang, als
könne er seinen eigenen Ohren nicht trauen.
»Sie haben ein recht hübsches
Bild von meiner Person entworfen, Mr. Wagner«, knurrte ich. »Ein läppischer
Niemand, den man bestechen oder einschüchtern kann, um ihn zu zwingen, für Sie
zu arbeiten und eine andere Kundin zu verraten. Das Bild hat mir nicht
gefallen, und es gefällt mir auch jetzt noch nicht. Und der Künstler, der es
entworfen hat, gefällt mir ebensowenig .«
»Nun hören Sie schon, Holman !« Seine Stimme war eine
verschwommene Mischung aus Aufgeblasenheit und Unentschlossenheit; sie klang
so, als sei er an solche Situationen nicht gewöhnt. »Ich habe Ihnen gesagt, wir
wollen das Ganze vergessen. Seien Sie vernünftig. Ich werde Ihre Wünsche
hinsichtlich Ihrer anderen Kundin respektieren, aber ich möchte, daß Sie...«
»Es wird mehr Mühe kosten, als
Sie ahnen, mich selbst aus Ihrem dreckigen kleinen Sumpf zu ziehen«, sagte ich
ehrlich, »und wenn Sie glauben, eine Entschuldigung von Ihrer Seite könnte mich
dazu bewegen, wieder hineinzutauchen , so sind Sie
nicht bei Trost, Wagner !«
Ich knallte den Hörer auf die
Gabel und sah, wie mich der Torwächter mit verzücktem Gesichtsausdruck
betrachtete.
»Danke, daß ich Ihr Telefon
benutzen durfte«, sagte ich.
»Ich danke Ihnen, Mr. Holman «,
sagte er beglückt.
»Hm?« Ich starrte ihn an.
»Ich bin seit zwanzig Jahren
hier«, erklärte er mit hingerissener Stimme. »Sie sind der erste, der es gewagt
hat, Wagner abfahren zu lassen !«
»Das Schwierige an der Sache
ist, dafür zu sorgen, daß er wirklich abfährt«, brummte ich. »Sonst
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