Mord ist schlecht fürs Geschäft
Kapuzinerkresse und buntem Efeu.
Wie durch Zauberhand ging die Haustür auf. Andrew Charlborough hatte weißes Haar und markante Gesichtszüge. Sein Teint schimmerte in dem gesunden Rot-Ton, der für Männer typisch war, die einmal bei der Armee gewesen waren, Berge bestiegen und den Dschungel von Borneo durchquert hatten. Für einen Schauspieler war das vielleicht nicht gerade gut, aber dafür hatte er ausgeprägte Wangenknochen.
Er trug einen graublauen Pullover und farblich passende Hosen. Der adrette weiße Hemdkragen unterstrich noch seine Gesichtsfarbe. Er schaute kurz auf sein Handgelenk. Das goldene Armband einer sehr teuren Uhr blitzte auf.
»Sie kommen zu spät.«
Er redete nur mit Casper und wandte sich ab, sobald er die Worte gebellt hatte.
Casper erwiderte in aller Seelenruhe: »Ich bitte um Entschuldigung, alter Knabe, aber das ist Umständen zuzuschreiben, die sich unserem Einfluss entziehen.«
»Sehr viel Verkehr«, erklärte Honey, der plötzlich Caspers blumige Ausdrucksweise auf die Nerven ging.
Charlborough schaute kaum zu ihr hin. Wieder richtete er seine Worte allein an Casper. »Haben Sie sie mitgebracht?«
»Ja, allerdings, obwohl mir der Gedanke, einen solchen Gegenstand herzugeben, das Herz zerreißt.«
Es klang beinahe wie Shakespeare, aber nur beinahe. Honey verdrehte die Augen himmelwärts. Casper strengte sich mächtig an, um Eindruck zu schinden.
Charlborough war völlig ungerührt. »Bringen Sie sie herein.« Er wandte sich ab. Casper sah aus, als würde ihm jeden Augenblick der Kragen platzen.
|144| »Ich schleppe nie etwas!«, sagte er und stützte beide Hände auf seinen silbernen Spazierstock.
»Mein Butler und seine Frau haben heute Ausgang«, erwiderte Charlborough mit versteinerter Miene. »Ich sehe mal, ob der Gärtner und sonst wer helfen kann. Vielleicht möchten Sie eine Tasse Kaffee, während ich das alles in die Wege leite?«
Casper ergriff nur zu gern die Gelegenheit, sich umzuschauen – genau wie Honey es vermutet hatte.
Sie traten in eine Eingangshalle, deren Wände mit schweren Eichenpaneelen verkleidet waren und deren Boden in den prächtigen Farben antiker Orientteppiche erstrahlte. An einer Wand hing ein dunkelgrüner Wandteppich, der einen Reiter auf einem Falben zeigte, umgeben von seinen Hunden und Jagdgehilfen. Ein Falke hockte auf seiner Hand. Vor dem Gobelin war auf einem langen Tisch aus der Zeit König Jakobs I. mit gedrechselten Beinen eine Sammlung von Silber aus dem achtzehnten Jahrhundert zur Schau gestellt. Auf einem steinernen Kaminsims stand eine Skelettuhr, deren Werk angemessen durch eine Kuppel aus viktorianischem Glas geschützt wurde.
»Was für exquisite Dinge«, hauchte Casper, und seine Augen leuchteten vor Entzücken. »Absolut exquisit.«
Alle Uhren zeigten an, dass es fünfunddreißig Minuten nach zwei war. Honey blickte auf ihre Armbanduhr. Sie gingen ganz richtig.
Casper unternahm noch einen letzten Versuch. »Ich bin hergekommen, um herauszufinden, ob wir uns nicht doch noch einigen könnten. Ich bin bereit, mehr zu zahlen, als Ihre Frau für die Uhr bekommen hat.«
Charlborough blieb einen Augenblick stehen und musterte ihn, als wollte er abschätzen, wie wohlgefüllt Caspers Taschen sein mochten.
Ziemlich prall voll, überlegte Honey. Allein »La Reine Rouge« war bestimmt über vier Millionen wert, und dann war da natürlich noch das Haus, eines der wenigen im Circus, das |145| nicht in Luxusapartments umgewandelt worden war. Trotzdem war das allerdings verglichen mit Charlborough Grange ein Klacks.
»Habe ich Sie nicht schon bei Sotheby’s gesehen?«, erkundigte sich Andrew Charlborough.
Casper zuckte sichtbar zusammen. »Wir haben bei einigen Auktionen gegeneinander geboten.«
»Ich lasse uns eine kleine Stärkung kommen«, sagte Charlborough.
Honey fragte, ob sie sich irgendwo frischmachen könnte.
Charlborough deutete auf einen holzgetäfelten Korridor mit weiteren Wandteppichen, der von der Eingangshalle abzweigte.
»Diesen Flur entlang, rechts abbiegen, am Ende noch einmal links. Dann ist es gleich rechts.«
Sie verfluchte das Holunderblütengetränk, das ihre Mutter ihr beim Mittagessen aufgedrängt hatte.
»Der Ginseng darin wird dir Schwung geben«, hatte Gloria Cross ihr verkündet.
Das war bisher ausgeblieben, es sei denn, damit war gemeint, dass man voller Schwung zum nächsten Klo rannte!
Sie hörte noch, wie Charlborough Casper mitteilte, sie würden sich im Arbeitszimmer
Weitere Kostenlose Bücher