Mord mit kleinen Fehlern
teilzunehmen. «
Kameras, Scheinwerfer, Aufmerksamkeit? »Warum überrascht mich das nicht?«, murmelte Anne leise, aber nicht leise genug, denn ihre Mutter drehte sich auf dem Stuhl um. Ihr Gesicht zeigte eine professionelle Maske des Schmerzes.
»Liebling?«, rief sie. »Können wir uns kurz unterhalten?«
Anne jedoch war schon verschwunden, war ohne sich umzudrehen durch die Tür gegangen. Genauso wie ihre Mutter vor zehn Jahren. Es ihr heimzuzahlen fühlte sich gut an - nein schlecht -, aber Anne hatte schließlich Wichtigeres zu tun. Zum Beispiel ihr Leben zu retten.
Die Frauen marschierten den leeren Flur entlang zum Aufzug, drängten sich in die Kabine und fuhren wortlos nach unten. Anne spürte, wie die Blicke aller auf ihr ruhten, und das genoss sie. Sie machten sich Sorgen um sie. Sie sorgten sich um ihre Sicherheit, sie sorgten sich um ihr Befinden. Bennie, Mary und sogar Judy waren ihr jetzt echte Freundinnen, und umgekehrt. Aber das bedeutete, dass sie nicht länger in ihrer Nähe bleiben durfte. Anne durfte sie keiner Gefahr aussetzen.
Die Aufzugstüren öffneten sich im Erdgeschoss, und sie stiegen aus. Anne sah durch die gläsernen Doppeltüren des Eingangs die Pressemeute. Anne ärgerte sich nicht länger über ihre. Anwesenheit. Sie würde sich die Presse zu Nutze machen. Diesmal würde sie sich etwas. Besseres als Flugblätter einfallen lassen.
»Keilformation einnehmen, Mädels«, befahl Bennie, übernahm die Führung und sammelte ihre Kanzleipartnerinnen wie Küken hinter sich. Dann sah sie nach hinten und runzelte die Stirn. »Murphy, wo sind dein Hut und deine Sonnenbrille?«
»In meiner Tasche. Das war meine letzte Verkleidung, von nun an bin ich wieder ich selbst.«
»Nein, bist du nicht. Setz sie auf. Sofort.«
Mary berührte Annes Arm. »Anne, du solltest dich wirklich verkleiden, sonst kommst du im Fernsehen und in den Nachrichten. Und zwar so, wie du jetzt aussiehst, mit neuer Frisur und neuer Haarfarbe. «
Aber Anne war bereits aus der Formation ausgeschert. Sie eilte zu den Doppeltüren, bevor die anderen sie aufhalten konnten. Auf der anderen Seite verlangten die Reporter bereits heftig nach ihr. Brüllten Fragen. Schossen Fotos.
»Murphy, nein!«, rief Bennie, aber es war zu spät. Anne trat hinaus in das Sonnenlicht.
Allein - allerdings mit einer wirklich guten Idee.
26
»ICH KANN NICHT GLAUBEN, DASS DU DAS GETAN HAST!« Bennie brüllte Anne vom Beifahrersitz in Judys Beetle aus an, und ihre Stimme hallte in dem kuppelförmigen Innenraum wider. Judy saß am Steuer, fuhr vom Parkplatz und dann auf Bennies Geheiß hin in Richtung Kanzlei. »Hast du auch nur die geringste Ahnung, was du gerade getan hast, Murphy?«, brüllte Bennie weiter. »Jetzt weiß Satorno, wie du aussiehst!« »Tut mir Leid, ich habe wohl nicht richtig nachgedacht«, sagte Anne und hoffte, dass es sich ehrlich anhörte. Sie hatte sich dafür entschieden, sich schlecht aussehen zu lassen. »Ich bin es so müde, mir von Kevin mein Leben vorschreiben zu lassen. Ein einziges Mal wollte ich selbst entscheiden.«
»DAS WAR ABER NICHT BESONDERS SCHLAU, ODER?«, polterte Bennie so laut, dass sich Mary und Judy gleichzeitig duckten, was Bennie nicht aufhielt. »DU wolltest selbst entscheiden? Hier die Nachricht des Tages: Du bist die Frau, die er töten will, und jetzt weiß er, wo er dich finden kann, bevor die Feiertage um sind und die Cops mehr als drei Leute zur Verfügung haben! DU wirst tot sein, wenn du so weitermachst! Hast du den Verstand verloren, Murphy?«
»Können wir irgendwo anhalten?« Anne wischte ihre kurzen Locken mit einer matten Geste aus dem Gesicht. »Ich glaube, mir wird vom Fahren übel.«
Mary bot ihr eine halbe Flasche Wasser an. »Möchtest du etwas trinken? «
»Danke nein, aber mir ist wirklich nicht gut. Mein Kopf fühlt sich ganz leicht an.« Anne ließ sich nach links sinken, ahmte Lucys vorgetäuschte Erkrankung in Lucy Gets a Pa ris Goten nach, Episode 147 vom 19. März 1956. »Können wir kurz anhalten?«
Bennie drehte sich um, die Haare wehten ihr ins Gesicht. »Du musst anhalten, Murphy? Wir suchen uns gleich einen Ort zum Anhalten, damit ich aussteigen und dich besser anbrüllen kann!« Ein Minivan voller Kinder, die mit winzigen amerikanischen Flaggen wedelten, fuhr vorbei, und auch deren Mutter brüllte sie vom Beifahrersitz aus an. »Mir reicht es mit dir! Fahr an die Seite, Curie! Sofort!«
»Bennie, beruhige dich!«, sagte Judy. »Ihr ist
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