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Mord mit kleinen Fehlern

Titel: Mord mit kleinen Fehlern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Scott
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herausgefunden. Ich habe viele Freunde unter den Strafverteidigern Kaliforniens und habe mich einfach durchgefragt.« Bennie nippte an ihrer Cola. Die Eiswürfel gaben ein Geräusch von sich, das für diese Unterhaltung fast zu festlich wirkte.
    »Ich erinnerte mich, dass du im Bewerbungsgespräch sagtest, du hättest keine Familie. Aber du hast nicht erwähnt, dass jemand gestorben ist. Und in deinem Lebenslauf wurde weder die Familie noch der Geburtsort angeführt. Also habe ich den Detektiv, der für unsere Kanzlei arbeitet, darauf angesetzt. Du kennst doch Lou, oder? «
    »Du hast mich überprüfen lassen?« Anne versuchte, nicht allzu sauer zu klingen.
    »Natürlich, und dafür werde ich mich auch nicht entschuldigen. Ich kann nicht einfach eine Person ohne Vergangenheit in meiner Kanzlei einstellen, und die Leute springen schlichtweg nicht aus dem Kopf anderer Menschen. Jeder hat eine Familie, ob man es nun leugnet oder nicht. Nicht nur eine Familie, einen Kontext . Wie bei einem Wort - eine Bedeutung in Klammern. « Bennie lächelte über den Rand ihres Glases hinweg. »Und mit etwas Mühe gelang es mir, deinen Kontext ausfindig zu machen.«
    »Meine Mutter?«
    »Ja.«
    »Nicht meinen Vater.«
    »Nein.«
    Anne spürte, wie ihr Herzschlag schneller wurde. »Wo war sie denn? «
    »Südkalifornien.« Bennie setzte ihr Glas ab. »Mehr darf ich nicht sagen. Sie bat mich, dir nichts zu erzählen, und ich habe es ihr versprochen.«
    Annes Gesichtszüge versteiften sich. Das Messer vertrauter Wut bohrte sich neben ihr Herz. »Wie nett von ihr.«
    »Es tut mir Leid. Ich respektiere ihren Wunsch, auch wenn ich weiß, dass es dich verletzen muss. «
    »Es ist mir egal, darum verletzt es mich nicht«, erklärte Anne rasch, und selbst in ihren Ohren klang das lasch. Sie hätte am liebsten geschrien. Warum können Eltern so viel Macht über ein erwachsenes Kind haben? Selbst die schlimmsten Eltern?
    »Ich glaube, sie ist nicht besonders stolz auf sich selbst, darum wollte sie nicht, dass du es erfährst. « Bennie schwieg kurz. »Ich nehme an, sie hat ein Alkoholproblem.«
    »Das bedeutet, sie brachte keine zusammenhängenden Sätze heraus, als du mit ihr gesprochen hast. « Anne wusste genau, wie solche Gespräche abliefen, und ihr Gesicht rötete sich vor Scham. »Sie hat dich nicht um Geld gebeten, oder? «
    Bennie sagte weder Ja noch Nein. »Ich komme auch nicht aus einer Bilderbuchfamilie, aber ich vermisse meine Mutter jeden Tag. Tja. Wir machen alle Fehler.«
    Mit einem Mal spürte Anne einen Knoten in ihrer Brust.  »Hat sie seither Kontakt zu dir aufgenommen?«
    »Nein, aber darf ich dich daran erinnern, dass sie die Blumen geschickt hat, mit denen du den ganzen Tag herumgefahren bist?« Bennie lächelte ansatzweise. »Doch es ist dir ja egal.«
    »Ich musste erst sterben, bevor ich ihre Aufmerksamkeit erlangte. Sie hat den Auftrag telefonisch erteilt. Die Karte wurde vom Floristen getippt.« Anne starrte auf die restlichen Weizenflocken in ihrer Schüssel und schmeckte eine Bitterkeit in ihrem Mund, die nicht vom Magnesium stammte. »Ich weiß nicht einmal, woher sie meine Adresse hatte.«
    »Die habe ich ihr genannt«, sagte Bennie, und Anne sah auf.
    »Du? Wann?«
    »Als ich letztes Jahr mit ihr geredet habe. Als du hergezogen bist. «
    Anne verstummte. Dann verfolgt sie also nicht einmal die Zeitungsberichte über mich.
    »Ich wünschte, ich hätte es nicht getan. Es tut mir Leid.« Bennie seufzte auf. »Wir wünschen uns immer bessere Eltern, als wir haben. Größer, stärker, reicher. Bessere Menschen, zuverlässiger. Aber das sind sie nicht. Sie sind es einfach nicht. Manchmal ist es am besten, wenn man versucht, diese Wahrheit zu akzeptieren.«
    »Ich habe das vor langer Zeit schon akzeptiert«, sagte Anne und hasste es, wie sie dabei klang. Sie empfand Mitgefühl für ihr Selbstmitleid - und das umso mehr, als Bennie Recht hatte.
    Mentale Notiz: Vielleicht werden Brötchengeber aus gutem Grund Brötchengeber.

15

    Vor dem Fenster im ersten Stock explodierten Knallfrösche, und Feiertagslaserstrahlen durchschnitten den Nachthimmel, doch Anne ignorierte all das und konzentrierte sich auf den Computermonitor. Sie saß vor der Workstation in Bennies unordentlichem Gästezimmer, in dem alte Sportgeräte, ein weißes Fahrrad und Schachteln mit alten Akten standen. Ursprünglich waren die Akten auf der mageren Bettcouch an der Wand gelegen, bevor Anne sie heruntergehoben hatte. Anne wäre ja ins Bett gegangen,

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