Mord mit kleinen Fehlern
aber sie musste einfach erst ihre Internetsuche über den Hintergrund von Bill Dietz abschließen. Am oberen Rand des Bildschirms stand:
IHRE SUCHE ERGAB 427 VORBESTRAFTE PERSONEN MIT DEM NAMEN WILLIAM DIETZ.
Sie hatte bei 82 angefangen und war jetzt schon bei 112. Anne wusste immer noch nicht, warum sie das machte. Sie wusste nicht, ob sie etwas finden würde, und sie wusste nicht, ob es darauf ankam. Sie wusste nur, dass sie in die Augen von Bill Dietz geschaut hatte und sich an die Bösartigkeit dahinter erinnerte. Das Böse, verkleidet als Besorgnis um die Ehefrau; Missbrauch im Gewand des Schutzes, sogar der Liebe. Sie suchte weiter.
Bei 226 war Anne so weit, zügig einen Bill Dietz nach dem anderen zu eliminieren, in dem koffeingestützten Vergnügen, sich völlig einer einzigen Aufgabe zu widmen: einen Eintrag anklicken, ihn lesen, den nächsten anklicken. Das war einfacher, als ihre Eröffnungsargumentation neu zu entwerfen oder zu raten, welche Verkleidung Kevin in seiner nächsten Inkarnation überstreifen würde. Bei 301 hatte sie immer noch kein Glück gehabt.
»Murphy, es ist schon ziemlich spät«, sagte Bennie plötzlich von der Türschwelle. »Du musst jetzt schlafen. « Sie trat ein, mit Bear im Gefolge, dessen Nägel auf dem Kiefernholzparkett klickten. Bennie trug einen weißen Frotteebademantel, und ihre Haare waren zu einem widerspenstigen Knoten hochgesteckt. Als sie näherkam, sah Anne, dass ihre Augen rot unterlaufen und leicht geschwollen waren.
»Was ist los? Brütest du eine Erkältung aus?«
»Vermutlich bin ich allergisch gegen Katzen. Mein Gesicht juckt, und ich muss dauernd niesen.«
»O nein.« Anne hatte ein furchtbar schlechtes Gewissen. »Wann hat es angefangen?«
»Nach dem Abendessen. Ich habe geduscht, aber das hat nicht geholfen. «
»Soll ich mit Mel lieber gehen?«
»Nein, du kannst nirgends hin. Sperre ihn nur in dieses Zimmer ein. Es gibt aber auch Gutes zu vermelden: Unsere Augenzeugin Mrs. Brown kommt in allen Nachrichten. Im Fernsehen, im Radio. Die Cops haben bekannt gegeben, dass sie in Zusammenhang mit dem Mord an dir offiziell nach dem flüchtigen Kevin Satorno suchen. Er ist jetzt heiß begehrt. «
»Das wünscht sich jeder Erotomane.«
»Das bringt mich zu meinem nächsten Punkt. Obwohl Satorno noch auf freiem Fuß ist, will ich, dass du wenigstens etwas Seelenfrieden findest. Ich kann uns beschützen, wenn es sein muss. Brich bitte nicht in Panik aus, wenn du das hier siehst. « Bennie schob die Hand in die Bademanteltasche und zog etwas heraus. Es war silbern, und das Licht der Lampe spiegelte sich darin.
»Eine Kaliber .38?« Anne griff nach der Waffe und drehte sie fachmännisch auf ihrer Handfläche. Das Edelstahlgehäuse fühlte sich kalt an, und die Schraffur auf dem Holzgriff war schon etwas abgegriffen, ebenso wie das goldene Rossi-Logo. Anne fuhr mit dem Daumen über das Zylinderschloss, woraufhin der Zylinder in ihre Hand glitt. Der Revolver war mit fünf Federal-Kugeln geladen. Sie schloss den Zylinder mit einem zufriedenen Klicken. »Ist ungefähr zehn Jahre alt. Du hast ihn sicher gebraucht gekauft. «
Bennie hob eine Augenbraue. »Ja. Woher weißt du das?«
»Diese Revolver zirkulieren kaum noch. Rossi hat sie in Brasilien hergestellt. Die Firma wurde von ein paar Leuten gegründet, die früher für Smith & Wesson gearbeitet haben, darum die große Ähnlichkeit.« Der sperrige Revolver war nur ein billiges Imitat, aber das sagte Anne nicht. Sie mochte den Leuten grundsätzlich nichts Schlechtes über ihre Waffen erzählen. Anne drehte den Revolver noch einmal in der Hand, bewunderte sein Gewicht, wenn auch nicht seine Machart. »Es ist eine ordentliche Waffe. Praktisch. Gut gegen Angreifer. Gut für dich.« Sie reichte die Waffe zurück.
»Dann brichst du jetzt nicht in Panik aus?«
»Wegen einer Waffe? Nur wenn sie auf mich gerichtet ist. Ich bin keine Waffennärrin, aber ich habe eine Pistole gekauft, nachdem Kevin mich angegriffen hat. Ich besitze eine Beretta .32 Semi-Automatik. Passt genau in meine Hand. Sehr süß. Wenn ich den Schlitten zurückziehe, um sie durchzuladen, gleitet er federleicht auf, dass ich mir nicht einmal einen Nagel dabei abbreche. Eine großartige Waffe für eine Frau.« Anne merkte, dass ihre Brötchengeberin ihr merkwürdige Blicke zuwarf. »Ich habe es mit einer Therapie versucht, Bennie«, erklärte sie, »aber die war beschissen, und ich bin auch nicht der Typ für eine Selbsthilfegruppe. Also
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