Mord mit kleinen Fehlern
Digitalkamera aus seiner Jackentasche. »City Beat will die Wahrheit wissen!«
City Beat? Das war doch die Zeitung, die Anne auf dem Weg ins Büro gelesen hatte. Die Zeitung des
Möchtegern-Journalisten Angus Connolly, mit dem Outback-Lederhut. Aber dieser Kerl war nicht Angus Connolly, und was um alles in der Welt wollte er von Judy?
Anne erhob sich, sah geschockt zu, wie er Fotos machte. Sie eilte nach vorn. Detective Rafferty sprang von seinem Stuhl auf und stürzte auf den Reporter zu, ebenso sein vierschrötiger Partner.
Plötzlich schrie ein zweiter Mann vom anderen Ende der Reihe: »Judy Carrier! Carrier! Antworten Sie auf unsere Anschuldigungen! Was haben Sie in Anne Murphys Auto gemacht? Sie haben Anne Murphy umgebracht! City Beat weiß alles! «
Wie bitte? Anne war perplex. Judys Augen wurden groß, ihre Arme ruderten wie Windräder im Kreis, und sie stolperte nach hinten in die Blumen. Anne rannte zu ihr. Sie sah, wie Gil zum Ausgang eilte, das Ehepaar Dietz direkt hinter ihm. Matt und Bennie versuchten, den zweiten Reporter aufzuhalten, der auf Judy zurannte und irgendetwas bedrohlich in der Hand schwang.
»Judy Carrier!«, rief er. »Sie haben Anne Murphy getötet! Wir haben den Beweis! City Beat hat den Beweis! Eine exklusive Undercover-Ermittlung! « Er brüllte, als Bennie ihn packte. Matt und zwei andere Gäste warfen sich auf ihn, aber der junge Mann hörte einfach nicht auf zu brüllen.
»Gestehen Sie! Sie hatten ihren Wagen! Wir haben den Beweis! Sie sind am Tag, nachdem Sie sie erschossen haben, damit herumgefahren!«
Mein Gott! Anne erstarrte im Gehen, ihre Gedanken rasten. Diese Amateure glaubten, Judy sei ihre Mörderin!
»Sie haben es getan!«, ereiferte sich der erste Reporter, als Detective Rafferty und sein Partner ihn zu Boden zwangen. »Das dürfen Sie nicht tun! Wir sind die Presse! Wir sind die Presse! Wir haben Rechte! Verfassungsmäßige Rechte!«
Plötzlich war in dem Saal die Hölle los. Menschen sprangen von ihren Sitzen, stolperten über Stühle. Anne wurde zur Seite geschoben, als ihr etwas leuchtend Rotes an der Tür ins Auge Stach. Ein Dutzend rote Rosen, in der Hand eines Lieferboten, sein Gesicht über den Rosen gerade noch sichtbar. Seine Haare waren mattschwarz gefärbt, aber seine Augen, seine Nase und sein Mund waren erkennbar.
Es war Kevin.
»Haltet ihn!«, schrie Anne über den Tumult hinweg, aber Kevin war schon im nächsten Augenblick verschwunden. »Haltet ihn! Haltet diesen Mann auf!«, gellte sie, doch ihre Stimme verlor sich in dem Tumult.
»Nein!«, schrie sie erneut, dann drehte sie sich um und lief hinter Kevin her. Dieses Mal würde sie ihn nicht verlieren. Nicht noch einmal, nie wieder. Sie warf sich in die Menge, die auf den Eingang zueilte. Cops rannten in den Saal, blockierten ihr den Weg. Sie packte den kurzen Ärmel eines Polizisten, versuchte vergeblich, seine Hilfe zu erhalten.
»Officer, ich brauche Sie. Kommen Sie mit!« Aber der Cop war bereits an ihr vorbei und übernahm einen der Reporter in Handschellen, die von den Detectives abgeführt wurden. Sie musste es allein durchziehen.
»Weiter! WEITER ! «, rief Anne den Leuten zu, die aus dem Saal drängten. Sie fand für den Bruchteil einer Sekunde eine Lücke in der Menge und hastete in den Flur, versuchte, Kevin über die fliehenden Gäste hinweg auszumachen. Plötzlich wurde jemand vor ihr nach hinten gedrängt, und Anne wäre beinahe zu Boden gestürzt. Ein anderer trat auf ihren Saum. Hut und Sonnenbrille wurden ihr vom Kopf gerissen. Kevin war nirgends zu sehen. Sie hatte ihn aus den Augen verloren. Nicht schon wieder! Ihr war nach Weinen zumute, nach Schreien. Tränen der Frustration wallten in ihr auf.
»He!«, kreischte sie, während sie auf die Seite geschoben wurde, dann spürte sie, wie sie das Gleichgewicht verlor. Sie kippte nach hinten, hielt sich an einer Handtasche fest, aber die dazugehörige Frau entriss ihr die Tasche. Rücklings landete sie auf dem Teppich, lief Gefahr, niedergetrampelt zu werden. Anne bedeckte den Kopf mit den Händen und rollte sich zur Seite, dann spürte sie, wie Blütenblätter an ihren Händen und ihrem Gesicht klebten.
Rote Rosenblätter.
Anne öffnete die Augen und sah durch das Gewirr an Beinen. Rote Blütenblätter lagen überall verstreut auf dem Teppich. Sie mussten von den roten Rosen stammen, die Kevin bei sich getragen hatte. Er musste sie von sich geworfen haben, als er weglief. Schwarze Pumps blockierten ihre Sicht, und
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