Mord mit kleinen Fehlern
einer Beerdigung anbehalten? Obwohl ich gleich nebenan bin?« Jamies hübsches Gesicht war krebsrot, ihr bemalter Mund verzerrt. »Wer ist die da? Ach, vergiss es, es ist mir egal! Du hast es versprochen, Gil! Wir hatten eine Abmachung!« Sie drehte sich auf den Fersen um und ließ die schwere Tür hinter sich zufallen.
Anne rückte verblüfft von Gil ab. Diesen Vorfall musste sie erst verarbeiten. Sie hatte immer angenommen, dass Gil und Jamie eine gute Ehe führten. »Wovon redet sie, Gil? Was für eine Abmachung?«
»Ich habe keine Ahnung, wovon sie redet«, erwiderte Gil mit ruhigen, beherrschten Gesichtszügen. »Jamie glaubt immer, ich würde sie betrügen, was ich ganz offensichtlich nicht tue. Haben wir zwei denn eine Affäre? Nein. Sie ist einfach nur verrückt.«
»Das ist doch Bockmist!« Anne war von zu vielen verheirateten Männern angemacht worden, um ihm jetzt zu glauben. Hatte er sie nur benutzt? Sollte Matt Recht haben? War Gil der Lügner, nicht Beth Dietz? »Sagt Beth die Wahrheit? Hast du sie gezwungen, Sex mit dir zu haben?«
»Also bitte! « Gils blaugrüne Augen wurden schmal. »Ich habe mich noch nie jemandem aufgezwungen. Das habe ich gar nicht nötig.«
»Du hattest also eine Affäre mit ihr, richtig? «
»Na gut, in Ordnung. Du bist meine Anwältin und musst das vertraulich behandeln, stimmt's?«
»Gil, sag mir die Wahrheit!«, brüllte Anne. Gil packte sie wütend am Arm.
»Pst, mach hier keinen Aufstand. Na und? Ich und Beth hatten eine Affäre, wir haben es monatelang miteinander getrieben. Aber ich habe sie nicht gezwungen, mich zu vögeln, um ihren Job zu behalten. Sie wollte es. Sie hasst ihren Ehemann. Er ist ein Trottel, und er schlägt sie. «
Mein Gott. Anne rückte ab. Stimmte es? Beruhte die Affäre wirklich auf beiderseitigem Einvernehmen? Dietz war ein Trottel und Schläger. Annes Gedanken rasten, aber Gil schien sich bestens unter Kontrolle zu haben.
»Diese Anklage hat keine Berechtigung, Anne. Beth hat mich nur verklagt, weil ich die Affäre beendet habe und sie sich rächen wollte. An meiner Verteidigung ändert sich nichts. Nichts hat sich geändert.«
»Alles hat sich geändert! Ich habe dich mehr als einmal gefragt, ob du eine Affäre mit Beth hattest, erinnerst du dich? Du hast mich angelogen!« Anne konnte nicht fassen, wie leichtgläubig sie gewesen war. Sie hatte ihm geglaubt, weil sie ihm glauben wollte. Er war ihr Mandant, ihr Freund. »Du hast mir gesagt, schon die Frage würde dich beleidigen! Du hast mir das Gefühl vermittelt, mich mies zu verhalten!«
»Ich wollte nicht, dass du von der Affäre erfährst. Es war mir peinlich, und ich hatte Angst, du würdest es Jamie erzählen. Oder du könntest nicht in der Lage sein, es vor ihr zu verheimlichen. Ich sage dir: Ich habe Beth nicht zum Sex gezwungen! «
»Von welcher Abmachung hat Jamie gesprochen? Welche Abmachung habt ihr getroffen?«
»Sie bleibt während der Verhandlung und bis zum Börsengang bei mir. Ich will eine absolut weiße Weste. Außerdem bekommt sie zehn Millionen, wenn sie sich erst nach dem Börsengang von mir scheiden lässt. Wenn sie sich jetzt scheiden ließe, bekäme sie gar nichts. Wie würdest du dich da entscheiden? Und sie wird vor Gericht für mich lügen, wenn wir das wollen.«
»Das wollen wir aber nicht!« Anne konnte gar nicht schnell genug denken. Diese Seite von Gil kannte sie nicht. Wie hatte sie nur so dumm sein können? »Ich werde Jamie nicht als Zeugin laden und für dich lügen lassen! Und dich werde ich auch nicht als Zeugen aufrufen! Ich will dich überhaupt nicht mehr verteidigen. Such dir doch einen anderen Dummkopf! «
»Jetzt komm schon, reagiere nicht so emotional.« Gils Tonfall sollte beruhigend wirken, aber Anne verursachte er nur Ekel. Gil wollte sie berühren, um sie zu besänftigen, aber sie wich zurück. Das war ihr alles zu viel. Sie stand vor dem größten Fall ihrer Karriere und stellte mit einem Mal fest, dass sie einen absoluten Widerling verteidigte. Und sie hatte jetzt keine Zeit, sich damit zu befassen. Womöglich war Kevin schon da draußen. Die Trauerfeier konnte jeden Augenblick beginnen.
Anne drehte sich auf den Fersen um, genoss dabei das ziemlich dramatische Wirbeln ihres Rocks, und ließ ihren Mandanten ohne ein weiteres Wort stehen. Sie hatte keine Erklärung für ihr Verhalten, wo sie jetzt doch eine Brünette war. Mentale Notiz: Impulsivitä t ha t möglicherweis e doch nicht s mi t de r Haarfarb e z u tun.
Anne eilte den
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