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Mord mit kleinen Fehlern

Titel: Mord mit kleinen Fehlern Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lisa Scott
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der Pfennigabsatz einer Sandalette hätte beinahe ihr Ohr aufgespießt. Vor ihr rollte eine leere Glasvase. Hinter der Vase lag ein Stück weißes Papier, das sich von dem blutroten Teppich abhob. Daneben eine kleine Karte, die Art, die man an Blumensträußen befestigte. Kevins Karte.
    Anne krabbelte auf allen vieren voran, riskierte Leib und Leben. Sie hielt den Blick fest auf die Karte gerichtet, die mit einer Nadel an einer kopflosen Rose befestigt war. Wenn Anne wartete, bis alle weg. waren, wäre die Karte ebenso zerfleddert wie der Strauß. Anne war nur noch einen Meter von der Karte entfernt, dann einen halben. Sie streckte die Hand aus, aber ein klobiger Absatz ging auf ihren Zeigefinger nieder.
    »Aua!«, Anne schrie auf, dann hechtete sie ein letztes Mal nach vorn.

1 9

    Der Verhörraum im Roundhouse, dem Polizeihauptquartier Philadelphias, war so voll wie ein Zugabteil in einem Marx Brothers Film, aber es ging weitaus weniger lustig zu. Detective Rafferty lehnte an der Wand, ohne Jackett, die gestreifte Krawatte durch das Tohuwabohu im Chestnut Club gelockert. Sein Partner saß neben ihm, war im Zweifingersystem auf Buchstabensuche und haute auf die Tasten der uralten Schreibmaschine. Smith-Corona stand als Schriftzug auf ihr, und sie befand sich auf einem Pressholztisch vor der Wand. Abgesehen von ein paar Stühlen, einschließlich eines schlichten Stahlstuhls, der am Fußboden befestigt war, gab es keine weitere Möblierung in der engen, luftlosen Schuhschachtel von einem Raum. Er war schmutzig-grün gestrichen, unglaublich abgenutzt und roch nach abgestandenem Zigarrenrauch. Judy und Mary standen an der Wand neben einem verschmierten Doppelspiegel, während Bennie an Annes Ellbogen Stellung bezogen hatte und als ihre Anwältin fungierte.
    Anne saß auf dem stählernen Windsorstuhl. »Nein, ich bin nicht tot«, erklärte sie, was eigentlich irgendwie auf der Hand lag. Oder vielleicht auch nicht. Ihre Stirn zierte die Mädchenversion von Matts gänseeigroßer Beule, und ihre Rippen schmerzten. Zwei Knöpfe waren von ihrem kunstvollen Kleid abgerissen worden, und ihr hochgetackerter Saum hatte sich gelöst. Positiv war zu bemerken, dass sie immer noch die Perlenohrringe trug - und noch etwas anderes, das sie in ihrem Büstenhalter untergebracht hatte.
    »Dann ist die Leiche im Leichenschauhaus also die von Willa Hansen?«, sagte der Detective.
    »Genau.«
    »Die keine Angehörigen hat.«
    »Keine engen Angehörigen.«
    »Was ist mit Ihrer Familie? Wollen die nicht wissen, dass  Sie noch am Leben sind?«
    »Ich habe meine Mutter seit zehn Jahren nicht mehr  gesehen. Meinem Vater bin ich nie begegnet.«
    »So, so.« Detective Rafferty rieb sich das Kinn, auf dem die Bartstoppeln mittlerweile nur so sprossen, obwohl es erst drei Uhr nachmittags war. »Bis Mittwoch hätten wir das selbst herausgefunden, dann kommen nämlich die Testergebnisse zurück. Falsche Identifikationen kommen gelegentlich vor, aber wir haben Mittel und Wege, das zu überprüfen. Allerdings hat das Feiertagswochenende uns da einen Strich durch die Rechnung gemacht.« Rafferty sah Anne an. »Sie haben also so getan, als wären Sie tot?«
    Anne wollte darauf antworten, aber Bennie presste ihr die Hand auf die Schulter. »Ich rate meiner Mandantin, diese Frage nicht zu beantworten, Detective.«
    »Großer Gott! Warum das, Rosato? «
    »Weil ich einen guten Job als Anwältin mache«, erwiderte Bennie. »Ms. Murphy hat sich nur deshalb freiwillig bereit erklärt, mit Ihnen zu reden, weil Sie Judy Carrier in Zusammenhang mit dem Mord an ihr verhören wollten. Wir wissen jetzt alle, dass Ms. Murphy nicht tot ist und dass Kevin Satorno Willa Hansen in dem Glauben erschossen hat, es handele sich bei ihr um Ms. Murphy. Kevin Satorno ist also immer noch Ihr Mörder, Detective. Suchen Sie ihn.«
    »Ich habe noch ein paar Fragen an Ms. Murphy, die uns offenbar absichtlich über ihren Verbleib getäuscht hat, was eine vorsätzliche Behinderung der Polizeiarbeit darstellt. Wie übrigens auch Ihr Verhalten und das der anderen Damen hier.«
    Bennie zuckte nicht mit der Wimper. »Das entspricht nicht ganz dem Gesetzestext, aber ich habe jetzt keine Zeit, es Ihnen beizubringen. Meine Mandantin wird gern all Ihre Fragen beantworten, wenn ich es ihr erlaube. Fragen Sie nur.«
    Der Detective wandte sich an Anne. »Gehen wir es noch einmal durch, Ms. Murphy. Sie haben den Mustang Freitagabend, am ersten Juli, gemietet. Freitagnacht wurden Sie

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