Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)
er nach einem kurzen Schweigen.
Sie war ihm dankbar für seinen sachlichen Tonfall.
»Mittagspause. Ich bin am Verhungern. Du nicht?«
Westermann nickte eifrig.
»Lass uns nachschauen, ob Luise etwas Feines gekocht hat.«
Eine Stunde später saßen sie vor dampfenden Tellern mit goldenen Heidekartoffeln, Rührei mit Pilzen und buntem Gemüse, alles garantiert ohne Wacholderschnaps, wie Luise bei ihrem Leben geschworen hatte. Die Pilze hatte ihr Heinz-Otto gebracht, erzählte sie.
Dann war die alte Dame wieder in ihrem Keller verschwunden.
»Ich brauche noch mehr Nachschub«, hatte sie erklärt. »Heinz-Otto hat vorhin ein paar englische Ladys vorbeigebracht. Die haben meinen Schnaps probiert und fanden, das sei ein ›very lovely Gin‹. Tja, und dann haben sie fünf Literflaschen bestellt. Ich muss mich ranhalten.«
»Irgendwann fliegt ihre Hexenküche in die Luft«, murmelte Westermann und machte sich über sein Essen her.
Hanna folgte seinem Beispiel.
Zum Nachtisch gab es Buchweizenpfannkuchen mit selbst gemachtem Apfelmus. Anschließend wäre Hanna am liebsten ins Bett gegangen, so satt und müde war sie.
Stattdessen stand sie auf. »Ich mache mich auf den Weg zur Wache, Westermann, und ich möchte ein paar Stunden allein sein.«
»Was? Wieso das denn?«
Sie erklärte ihm, dass sie manchmal Zeit für sich an ihrem Schreibtisch brauchte, um gründlich nachzudenken.
»Aha!«, sagte Westermann. »Deswegen bist du gestern vom Tatort erst mal dahin gefahren, anstatt gleich zu Fallersleben zu kommen. Hast mich im Feindesland meinem traurigen Schicksal überlassen, damit deine grauen Zellen arbeiten konnten.«
»So ungefähr.«
Er wischte sich mit einer Papierserviette den Mund ab. »Aber danke, dass du mich aufgeklärt hast. Wenn das so weitergeht, weiß ich bald alles über dich.«
Niemals, erklärte Hanna im Stillen. Ihre innere Stimme war da ganz ihrer Meinung. Männer können alles essen, aber sie müssen nicht alles wissen. Sie grinste.
»Ist was?«, fragte Westermann.
»Nö, alles okay. Wir sehen uns später. So in zwei, drei Stunden, in Ordnung?«
»Von mir aus. Dann gehe ich jetzt nach Hause und sehe mal nach, ob mein alter Herr dein hässliches Pferd gut untergebracht hat.«
Alfred. Ihr neuer dicker großer Freund. Der einzige, der ihre Liebe verdiente.
Hanna wollte auf der Stelle ihre Pläne ändern und mit zu Westermanns Hof laufen. Nein.
Die Pflicht ging vor. Sie musste noch einmal den Besuch bei Fallersleben rekapitulieren, und sie musste vor allem über den Anrufer nachdenken.
Was, um Himmels willen, hatte sie in diesen Tagen gerochen, das sie auf die richtige Spur bringen sollte? Unmöglich. In dem Punkt musste sie sich geirrt haben. Sie lauschte in sich hinein. Da war nur beleidigtes Schweigen.
Westermann stand auf. »Dann bis später, Chefin. Ich will mir ein paar Gedanken über unseren anonymen Anrufer machen.«
»Das habe ich mir auch gerade vorgenommen«, erklärte Hanna lächelnd.
»Astrein. Jetzt sind wir schon telepathisch verbunden. Zu dumm, dass nicht mehr draus werden kann.«
Wieso war er sich da plötzlich so sicher?
»Lass gut sein, Westermann.«
»Ist gebongt. Ich gehe jetzt grübeln. Die eine oder andere Idee hätte ich vielleicht dazu.«
Hanna hob fragend die Augenbrauen.
»Später. Muss mich erst sortieren.«
Fort war er und ließ sie nachdenklich zurück.
Schließlich machte sich Hanna zu Fuß auf den Weg zur Wache, und als sie an ihrem Schreibtisch saß, lehnte sie sich zurück, schloss die Augen und dachte intensiv an das Telefonat vom gestrigen Nachmittag.
Und dann stand er plötzlich vor ihr, der Anrufer, schüt telte den Kopf und sagte: »Darauf hätte Sie aber wirklich schon früher kommen können, Frau Kommissarin. So schwer war das doch nicht. Ich dachte, ihr Stadtleute seid so oberschlau.«
Sie sah ihn ganz genau vor sich, und auf einmal war alles ganz einfach.
»Sie haben beobachtet, wie Heiner Hansen erschossen worden ist?«
»Selbstverständlich, sonst hätte ich Sie nicht angerufen.«
»Und Sie wissen, wer es war?«
»Jawohl.«
»Aber warum haben Sie sich nicht gleich zu erkennen gegeben?«
»Ich hatte meine Gründe, Frau Kommissarin. Sehr gute Gründe. Und Sie sind nicht der Karl. Hübscher sind Sie ja, aber eben nicht der Karl.«
»Vielen herzlichen Dank. Und verraten Sie mir auch, wer der Mörder ist?«
»Aber gern. Es ist …«
Hanna wachte auf. Aber da war etwas, greifbar nahe. Sie musste sich nur ganz fest darauf
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