Mord mit Schnucke: Heidekrimi (German Edition)
Kind, sagte er, damit seine Mutter in Ruhe ihren Liebhaber empfangen könne. So etwas in der Art. Und seine Familie solle sich nicht wundern, wenn er da mal durchgreifen würde. Er sei nämlich der einzige wirkliche Mann im Haus.«
Fallersleben machte eine kurze Pause, um einen weiteren Schluck Cognac zu trinken.
»Offenbar kannte er die Liste meiner Jagdgäste«, fuhr er dann fort. »Aber er wusste nicht, dass Iris zu dieser Vernissage nach Hamburg fahren wollte.«
Hanna ließ all diese Informationen sacken. Sie verstand jetzt, warum ein Vater auf einen derart ungeheuerlichen Gedanken kommen konnte.
»Und gestern am Tatort haben Sie nach ihm gesucht.«
»Ja.«
»Waren Sie auch schon vorher dort? Als ich den Toten gefunden habe? Sind Sie da auf mich zugekommen, Herr von Fallersleben?«
»Möchte ich auch wissen«, mischte sich Westermann ein.
Warum konnte der nicht mal länger als ein paar Minuten den Mund halten?
»Ich schätze meine Kollegin nämlich außerordentlich und würde es Ihnen persönlich übel nehmen, wenn herauskäme, dass Sie gestern versucht haben, sie zu killen. Von der Nummer mit der Erdspalte vorhin mal ganz zu schweigen. Die war auch nicht ganz astrein, finde ich.«
Verdammt!, dachte Hanna. Diese Spritze von Johannsen hatte es wirklich in sich.
Der Graf schaute Westermann mit hochgezogenen Brauen an. Jetzt schien er wieder amüsiert zu sein. »Mein lieber Fritz, kann es sein, dass Sie sich auch am Kopf ver letzt haben? Wie kommen Sie auf den Gedanken, ich könnte einer Kommissarin etwas antun wollen?«
»Na, um Ihren Sohn zu schützen, zum Beispiel. Um eine Zeugin zu beseitigen. Sie hätten ja auch denken können, Hanna hat Florian bei der Tat beobachtet.«
»Das ist doch alles Unsinn!«
Höchste Zeit, wieder einzugreifen. Mit einer Geste wies Hanna Westermann an zu schweigen.
»Beantworten Sie meine Frage«, forderte sie dann den Grafen auf. »Sind Sie am Tatort auf mich zugekommen, bevor die übrige Jagdgesellschaft eingetroffen ist?«
»Nein«, erwiderte er fest. »Definitiv nein. Zu dem Zeitpunkt wusste ich noch gar nicht, dass Heiner Hansen tot war. Als er nicht zum Halali erschienen ist, haben sich alle Männer auf die Suche nach ihm gemacht. Ich musste zunächst noch die Hunde in den Zwinger bringen, deshalb bin ich ja auch erst später hinzugestoßen. Einer der Jäger hat mich per Handy informiert, dass Hansen tot war. Er hat mir auch den genauen Fundort durchgegeben. So konnte ich die Lichtung schnell finden. Auf dem Weg dorthin ist mir auf einmal der schreckliche Gedanke gekommen, Florian könnte etwas mit Hansens Tod zu tun haben. Nach alldem, was ich am Samstagabend mit angehört hatte, habe ich schrecklich Angst bekommen. Aber ich schwöre, ich bin als Letzter auf der Lichtung eingetroffen.«
»In Ordnung«, sagte Hanna.
Westermann wollte auffahren, erinnerte sich rechtzeitig an sein geprelltes Steißbein und blieb hocken. »Was? Du glaubst das einfach?«
»Ja«, gab sie ruhig zurück.
Fallersleben schaute sie überrascht an. Auch er hatte offenbar nicht damit gerechnet.
»Danke«, murmelte er schlicht.
Sie nickte. Und sagte dann, was endlich zu sagen war: »Florian von Fallersleben ist nicht der Mörder von Heiner Hansen.«
Der Graf sprang auf und stieß einen Schrei aus.
Westermanns Kinnlade klappte herunter.
24
Im Salon des Grafen herrschte eine ebenso plötzliche wie fassungslose Stille. Wie nach einem Bombenanschlag. Hanna war versucht, sich nach einer Rauchsäule umzusehen, aber sie hielt den Blick fest auf Fallersleben gerichtet.
Der rieb sich über die Stirn, zupfte an seinen grauen Haaren, schüttelte mehrmals den Kopf. Erst als Hannas Worte in ihrer ganzen Bedeutung zu ihm durchdrangen, hellte sich seine Miene auf.
»Frau Petersen, ist das wirklich wahr? Es ist kein Trick von Ihnen?«
Hannas Mund war trocken, und sie sehnte sich nach einem Glas Wasser. Später. Zunächst galt es, dieses Gespräch zu Ende zu bringen.
»Kein Trick. Wir können inzwischen davon ausgehen, dass Ihr Sohn unschuldig ist.«
»Wir?«, krächzte eine Stimme aus Richtung Sofa, die sie kaum wiedererkannte.
Westermann stand unter Schock.
Verständlich.
Aber was konnte sie dafür, wenn sie nicht dazu gekommen war, ihn einzuweihen? Zumindest in den realen Teil der Ermittlungen, der auch für ihn begreifbar war?
Den anderen Teil ließ sie lieber weg. Dass sie kurz nach dem Unfall Florian angefasst hatte, musste er nicht wissen. Ganz ähnlich wie eben bei seinem Vater hatte
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