Mord nach Drehbuch
des Tellers schob. Das Essen interessierte sie heute nicht. Sie waren mit ihren Ermittlungen in eine Sackgasse geraten. Man hatte Verdächtige befragt und wieder gehen lassen müssen. Was nun?
»Puh!«
Smudger sackte erschöpft ihr gegenüber auf seinen Stuhl und gratulierte sich dazu, dass er am Tag zuvor ein Büffet mitverschiedenen Bratensorten eingeführt hatte. Die Idee hatte sich als sehr erfolgreich erwiesen.
»Diese Art von Büffet ist genau das Richtige für Sonntagmittag, nicht? Hab ich’s nicht gleich gesagt!«
Honey nickte. »Stimmt.«
»Die können die Augen gar nicht mehr vom Essen losreißen. Das Auge isst mit. Hab ich’s nicht gleich gesagt?«
»Stimmt. Hast du.«
»Natürlich habe ich das. Ich habe einen der Gäste gefragt, ob er lieber Brust oder Keule hätte. Der wäre vor Schreck beinahe umgefallen. Hat gedacht, ich wollte eine kesse Lippe riskieren. Er war wohl so begeistert von all dem, was da auf seinen Teller gehäuft wurde, dass er völlig vergessen hatte, dass jemand hinter der Theke stand und ihn bediente. Das kommt davon, wenn die Leute völlig ausgehungert sind.«
Honey wollte gerade wieder allgemein Zustimmendes murmeln, als ihr die ungeheure Tragweite von Smudgers Worten aufging.
Ihr Stuhl schleifte über den Boden, als sie aufsprang. Zwei beiläufige Kommentare, und schon fielen alle Puzzlesteine an die richtige Stelle! Erst die holländische Touristin, die angemerkt hatte, wie frisch und adrett die Spitzenkanten an den Kissenbezügen waren. Zu schlichten Kissenbezügen äußerte sich niemand lobend, aber wenn ein bisschen Spitze dran war – dann fiel das auf!
»Na gut«, meinte Smudger, der ein wenig verdutzt schien, dass eine seiner Aussagen bei seiner Chefin eine solche Reaktion hervorgerufen hatte. »Was habe ich denn jetzt wieder gesagt?«
Honey umfing sein Gesicht mit den Händen und küsste ihn auf beide Wangen. Schmatz! Schmatz!
»Du hast nur das gesagt, was klar auf der Hand lag. Wenn die Leute vor Hunger fast umfallen, bekommen sie gar nicht mit, wer ihnen das Essen reicht. Ted Ryker hat nichts gesehen, weil er gar nicht da war. Die letzten Statisten, die zumMittagessen gingen, haben Berge von Essen auf den Teller bekommen. Ted war gewöhnlich sehr darauf bedacht, die Portionen nicht zu groß zu machen. Jemand anders hat also für kurze Zeit seine Aufgabe übernommen. Niemand hat bemerkt, um wen es sich handelte. Denn wer nimmt schließlich einen Koch wahr? Aber wo war dann Ted Ryker während dieser Zeit? Hatte er sich wirklich nur eine Zigarettenpause gegönnt? Oder hatte er sich im Schutze der Dunkelheit selbst in Martynas Wohnwagen geschlichen?«
Jetzt war Honey nicht mehr zu bremsen. Alle Augen waren auf sie gerichtet.
»Und der Luftbefeuchter mit dem Parfüm! Der war umgefallen, aber es sah sonst eigentlich nicht aus, als hätte es einen Kampf gegeben. Ryker hat wahrscheinlich nach Speck und Würstchen und sonstigem Fetten gerochen, das er fürs Frühstück brutzelte. Den Duft sollte der Luftbefeuchter überdecken. Und dass aus dem Heizlüfter kalte Luft kam, war ein weiteres Indiz. Es war ja ein eiskalter Tag. Da hätte der Heizlüfter heiße Luft blasen müssen. Aber kalte Luft nimmt Gerüche nicht so gut an wie warme. Kapierst du immer noch nicht?«
Smudger saß mit fragend gerunzelter Stirn da. Er kapierte das alles überhaupt nicht, aber er mochte seine Chefin, und er wollte von ihr nicht gern für blöd oder uninteressiert gehalten werden. Er stellte eine Frage, die er für relevant hielt: »Was für einen guten Grund hätte er denn gehabt, sie umzubringen?«
»Vielleicht hat sie seine Kochkünste kritisiert?«
»Cool! Das kann ich nachvollziehen.«
Doherty war nicht so leicht zu überzeugen. »Du weißt noch nicht, dass Coleridges Geschäftspartner in diesem Nachtklub früher sein Leben als Killer gefristet hat.«
»Oh!« Honey legte auf. »Quatsch!« Sie tat die Bemerkung mit einer wegwerfenden Handbewegung ab. »Gut, ich brauche einen Mann.«
Smudger hörte auf, das Kalbskotelett zu plattieren und schaute auf seine Armbanduhr. »So früh am Tag?«
»Lindsey und ich können nicht allein da hingehen. Ryker ist ein Kerl wie ein Schrank, und wir müssen ihm ein paar unbequeme Fragen stellen.«
Lindsey war halb hinter einem Karton mit Toilettenpapier verborgen. So war es nun einmal im Hotelgewerbe: Mal war man Empfangschefin, mal Klofrau.
»Wir?«, fragte sie betont.
»Du willst doch deine Mutter nicht allein dahin gehen lassen,
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