Mord nach Drehbuch
Sheherezade wollte sich an Coleridge rächen, weil er ihr Martyna ausgespannt hatte. Sie hasste ihn und wusste, was für ein Fiesling er war. Sie hatte versucht, Martyna von der Verlobung mit ihm abzubringen, aber die wollte nichts davon wissen.«
»Sie haben Sheherezade erzählt, dass Sie das Drehbuch verfasst hatten, und sie wusste, dass Sie …«
Honey hielt inne. Sie kannte Perditas Geheimnis, brachte es aber einfach nicht über sich, es laut auszusprechen.
Perdita übernahm das. »Martyna hat das nie durchblicken lassen. Das war auch gar nicht nötig. Sheherezade war eine erfahrene Maskenbildnerin. Wir hatten schon vorher miteinander zu tun. Ich hatte früher bereits ein paar Komparsenrollen und kleinere Sprechrollen übernommen. Und eine gute Maskenbildnerin kennt den Unterschied.«
»Das hätte Brett Coleridge ja ziemlich wütend gemacht – die Geschichte mit Ihnen und Boris.«
Perdita lachte. »Nicht annähernd so wütend wie später, alsihm Sheherezade die Fotos von ihm und mir zeigte und ihm drohte, was sie mit den Bildern machen würde.«
Ihr Gesichtsausdruck wurde traurig. Kurz nach dem Anruf bei Brett Coleridge und der Erwähnung der Fotos war Sheherezade tot gewesen.
»Warum haben Sie uns nicht schon früher von dem Drehbuch erzählt?«
»Ich dachte nicht, dass es etwas mit dem Mord zu tun hatte. Und dann kam ich mir so dämlich vor. Boris hatte mich ja dafür bezahlt. Ich hatte keine rechtliche Handhabe. Ich musste die Sache einfach akzeptieren.«
»Und was war mit dem Auszug, der neulich bei der Lesung vorgetragen wurde?«
»Das hätte nicht passieren dürfen. Tante Jane hat das Stück bei diesem Wettbewerb eingereicht, und ich hatte es völlig vergessen. Die Rechte gehören jetzt Boris Morris.«
Steve Doherty telefonierte bereits mit den Kollegen in London. »Ihr könnt Brett Coleridge wieder abholen und auf die Wache bringen. Es ist neues Beweismaterial aufgetaucht. Ich bin schon unterwegs.«
Er wandte sich an Honey. »Bleib bei ihr. Versuche noch irgendwas anderes herauszufinden, was wir gegen Coleridge verwenden können. Er ist unser Hauptverdächtiger. Ich will nicht, dass der wieder auf freien Fuß kommt.«
Sie nickte. Ihre Augen glänzten, als er ihr einen Kuss auf die Wange gab. Sie bezweifelte allerdings, dass er das bemerkt hatte, denn er war so beflügelt von der Hoffnung, die Sache nun schnell zu Ende zu bringen. Gestern Abend, das war etwas anderes gewesen. Heute ging es um Mord.
Honey ließ sich wieder Perdita gegenüber nieder. Langsam kam Ordnung in die Fakten dieses Falls. Brett Coleridge würde schon bald ins Wanken geraten. Sie hatte keinen Zweifel, dass das bereits sehr viel früher geschehen wäre, hätte Perdita bloß das Drehbuch erwähnt. Es konnte nur einen Grund für ihr Schweigen geben.
»Also, Sie haben wohl vermutet, dass Ihre Tante – Miss Cleveley – Martyna umgebracht hat?«
Perdita schaute auf. Ihr Gesicht spiegelte Verwunderung. »Der Mann hat gemeint, er hätte gesehen, wie sie in den Wohnwagen ging.«
Honey runzelte die Stirn. »Wer?«
»Der Mann vom Verpflegungswagen. Er hat gesagt, dass er sie ganz bestimmt gesehen hat.«
Ryker! Es musste Ryker sein! Aber der Polizei hatte er doch nur gesagt, dass eine Frau mit einem Schultertuch und einer Haube in Martynas Wohnwagen gegangen sei. Perdita gegenüber hatte er also behauptet, es wäre
ganz bestimmt
Miss Cleveley gewesen.
Honeys Miene verfinsterte sich. Warum sollte Ryker so etwas tun? Bei dem Kerl war natürlich alles möglich. Er war eine Mischung aus Chamäleon und notorischem Lügner. Er hatte vorgegeben, Richard Richards zu sein, und dann Stein und Bein geschworen, er hätte das niemals getan. Die Worte des echten Richard Richards klangen ihr noch im Ohr: ›Ich versuche, nach Möglichkeit Ted Ryker nicht einzusetzen, weil er ein notorischer Lügner ist und außerdem keine Kritik an seinen Kochkünsten vertragen kann.‹
Perditas weitere Schilderung der Ereignisse unterbrach ihre Gedankengänge.
»Er konnte gut zuhören – und er war ein guter Koch«, fügte Perdita mit einem Lächeln hinzu. »Ich habe ihm davon erzählt, dass mir Boris das Drehbuch für einen Apfel und ein Ei abgekauft hat. Er hat sein Mitleid zum Ausdruck gebracht und gemeint, dass er solche Leute hasse und dass sie für so was eine gehörige Strafe verdienten.«
Bei diesen Worten lief Honey ein kalter Schauer über den Rücken. Sie dachte an den Tag zurück, an dem Martyna ermordet worden war. Damals hatte sie
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