Mord nach Drehbuch
doch mit einigen Leuten zusammen die Straße überquert und war in ein Haus gegangen. Sie hatte nicht sonderlich darauf geachtet, wer das alles war. Zunächst waren sie alle auf die gleiche Stuhlgruppewie sie zugegangen. Aber sie wollten lieber alle zusammensitzen und hatten andere Stühle gewählt.
Sie hatten ihr damals auch gesagt, dass für jeden ein Stuhl reserviert sei. Die Namen standen hinten auf den Rückenlehnen. Honey hatte keine Ahnung, welcher Name auf ihrem Stuhl gestanden hatte. Aber sie konnte leicht erraten, wer neben ihr hätte sitzen sollen. Boris Morris!
Sie hatte sich damals zufällig auf den Stuhl neben dem des Regisseurs gesetzt. Hier wollte jemand einer anderen Person einen Mord in die Schuhe schieben! Der Regisseur hätte das blutbesudelte Drehbuch in die Hand nehmen sollen!
Brett Coleridge schloss die Augen und stieß einen tiefen Seufzer aus. Die Befragung durch einen Kriminalkommissar nach dem anderen hatte ihm zugesetzt. Erst nach beharrlichem Drängen seines Rechtsanwaltes hatte man ihn gehen lassen.
Erst die Polizei, und nun noch der Stress mit Ross Gordon, seinem Partner im Nachtklub, und mit der Versicherung – das Leben war alles andere als rosig.
Ross zog ihn umbarmherzig auf.
»Ja, ja, du Söhnchen reicher Eltern, dem sie immer den Hintern nachgetragen haben! Du hast ja keine Ahnung! Ich, ich komme aus der Gosse! Bin in der Scheiße aufgewachsen, und jetzt verdiene ich mit Scheiße mein Geld.«
Brett konnte sich gut vorstellen, dass Ross der schlagkräftige Tyrann auf dem Schulhof gewesen war, der den anderen Kindern das Taschengeld klaute, hinter der Turnhalle Kippen verkaufte, vielleicht sogar am Schultor mit Drogen dealte. Ross kannte keinerlei Skrupel. Brett bildete sich gern ein, er hätte noch welche.
Und seine Banker – die saßen ihm im Nacken, machten ihm auf andere Weise das Leben zur Hölle, waren aber genauso arrogant. Mit dem Versicherungsgeld würde er einen Haufen Schulden bezahlen können, aber längst nicht alle. Die Banken waren gar nicht zufrieden mit der Unternehmensgruppe, die ihm sein Vater hinterlassen hatte. Sie hatten ihn wissenlassen, er solle besser zugeben, dass ihn die Geschäftsführung überforderte. Entweder er holte sich Hilfe von außen, oder die Coleridge-Gruppe würde nicht mehr lange existieren.
Er schenkte sich einen doppelten Scotch ein, kippte ihn herunter und schloss die Augen. Das half, aber er brauchte mehr. Er musste seine Probleme vergessen. Und das ging am besten, wenn er sich was gönnte. Whisky, Kokain und Sex – nicht unbedingt in dieser Reihenfolge, aber alles in rauen Mengen. Zwei Flaschen Champagner, nicht nur eine – und dazu am besten auch gleich zwei Mädels.
Ja, überlegte er. Ich muss Spannung abbauen – vorzugsweise mit einer Menge Spaß und ein paar willigen Weibern.
Er griff nach dem Telefon und wählte eine vertraute Nummer.
»Heute gönne ich mir mal was«, sagte er laut vor sich hin, ehe jemand am anderen Ende antwortete und er seine Bestellung durchgab.
Acht Stunden später wachte er nackt in einem riesigen Doppelbett im obersten Stockwerk eines Londoner Hotels auf. Der Raum lag im Halbdunkel, nur von einer schwarzgoldenen Tischlampe beleuchtet.
Er versuchte, den Kopf zu heben. Das tat höllisch weh. Er stöhnte. Sein Kopf zerplatzte fast vor Schmerzen.
Die Mädels waren weg. Etwas anderes hatte er auch gar nicht erwartet. Mädels wie die waren ihm zur Gewohnheit geworden. Er versuchte sich daran zu erinnern, wie sie ausgesehen hatten, aber es gelang ihm nicht. Er versuchte sich daran zu erinnern, was am Abend zuvor geschehen war, aber auch das gelang ihm nicht – jedenfalls nicht in irgendwelchen zusammenhängenden Einzelheiten.
Na gut, er hatte dies und das genommen, um sich in Schwung zu bringen. Die Mädels hatten das Zeug mitgebracht – Kokain in Topqualität. Eine passende Ergänzung zu zwei Flaschen Krug – oder waren es drei gewesen?
Wenn er sonst Drogen und Alkohol zusammen konsumierte,streckte ihn das gewöhnlich nicht bewusstlos auf die Bretter, aber einmal war ja immer das erste Mal. Plötzlich kam ihm ein Gedanke. Hatten die ihm vielleicht mehr gegeben, als er bestellt hatte? Ihn bis obenhin zugedröhnt und dann völlig ausgeräumt?
Er hatte das Gefühl, als schlüge ihm jemand von innen mit einem Hammer gegen die Schädeldecke, um gleich darauf eine gusseiserne Glocke zum Dröhnen zu bringen.
Großer Gott, was hatten die ihm bloß eingetrichtert?
Er stützte sich auf die
Weitere Kostenlose Bücher