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Mord nach Drehbuch

Mord nach Drehbuch

Titel: Mord nach Drehbuch Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Aufbau
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Aussicht war das Wohnzimmer im Obergeschoss, das Schlafzimmer unten.
    Honey betrachtete ihre Mutter mit einer Spur Neid und reichlich Misstrauen. Gloria Cross sah stets aus wie aus dem Ei gepellt, nie lag auch nur ein Haar am falschen Platz, immer war sie makellos geschminkt und in teure Klamotten gekleidet. Außerdem war sie noch immer ziemlich scharf auf das starke Geschlecht. Mit dem Korsett hatte sie einen potenziellen Verehrer aus dem Conservative Club begeistern wollen.
    »Und? Ist er deinen Reizen erlegen, Mutter?«
    »In gewisser Weise kann man das sagen. Das alles hat seinen Puls etwas zu sehr beschleunigt. Mein Anblick in dieser Spitzenkreation, plus eine Pille, die er zuvor genommen hatte, und das war’s dann.«
    Honey vermutete, dass es sich bei der Pille um Viagra gehandelt hatte, das er über das Internet erworben hatte.
    »Und? Wie hat er sich geschlagen?«
    Ihre Mutter verzog das Gesicht. Sie kaute verlegen auf ihrer aprikosenfarben geschminkten Unterlippe herum.
    »Gar nicht hat er sich geschlagen. Er ist tot umgefallen. Sein Herz hat nicht mehr mitgemacht. Nächsten Donnerstag wird er beerdigt. Das passt mir gar nicht. Da habe ich meine Literaturgruppe. Ich habe dir doch schon erzählt, dass ich ein Stück geschrieben habe?«
    »Ja, hast du.« Honey war sich nicht sicher, ob das stimmte, aber das wollte sie auf gar keinen Fall zugeben.
    »Ich möchte, dass meine Familie mich unterstützt, wenn mein Werk vorgelesen wird. Ich bin sicher, dass es euch gefallen wird«, zwitscherte ihre Mutter fröhlich. »Ich habe Lindsey schon davon erzählt.« Sie hielt inne, um nachzugrübeln, einen rotlackierten Fingernagel dekorativ ans Kinn gelegt. »Ich schaffe es vielleicht gerade noch, zur Beerdigung zu gehen, zum anschließenden Leichenschmaus wohl eher nicht. Dann hätte ich Zeit, mich auf die Lesung vorzubereiten. Ich muss zuvor noch einiges umschreiben und überprüfen, ob alles in Ordnung ist.«
    »Nachdem du auf der Beerdigung so viele traurige Kirchenlieder gesungen hast, bist du vielleicht gar nicht mehr bei Stimme«, meinte Honey.
    Gloria schaute ihre Tochter von oben herab an.
    »Ich lese doch mein Stück nicht selbst vor! Ich bin die Autorin. Ein Schauspieler liest. Jemand, der weiß, wie man das Meiste aus einem Werk herausholt.«
    »Oh, wie konnte ich nur so dumm sein!«
    Ihre Mutter war bereits beim nächsten Thema.
    »Morgen muss ich wieder beim Dreh des Jane-Austen-Films erscheinen. Ich habe eine wichtige Rolle in einer Massenszene.«
    »Mülleimer oder Parkuhr?«
    »Wie bitte?«
    »Ach, nichts«, antwortete Honey. »Ich habe nur überlegt, ob ich morgen früh den Müll rausstellen soll und ob vielleicht ein paar unserer Gäste den Wagen im Parkverbot abgestellt haben.«
    Nun begann ihre Mutter, haarklein zu berichten, wo ihrer Meinung nach den Filmemachern grobe Schnitzer unterliefen, dass der Hauptdarsteller ein Furunkel hinter dem rechten Ohr hatte, dass sich aber die Mädels von der Maske bestens darum gekümmert hätten. Sie plapperte immer noch munter weiter, als Honey zu gähnen begann.
    »Honey, du solltest wirklich regelmäßig ein Mittagsschläfchen machen.«
    Honey riss die Augen auf. »Ich sollte
was
machen?«
    »Ich bin dann mal weg«, sagte ihre Mutter und sprang blitzschnell auf. Vielmehr: blitzschnell für eine Frau Anfang siebzig! »Ich jedenfalls habe darauf geachtet, heute Nachmittag mein Nickerchen zu machen.«
    »Das solltest du in deinem Alter auch«, erwiderte Honey, die ihrerseits aufgestanden war.
    Sie überlegte gerade, dass sie vielleicht einmal früher ins Bett käme, falls sie es schaffte, ihre Mutter loszuwerden, die Bar zu schließen und alle anderen dorthin zu schicken, wo sie hingehörten.
    Ihre Mutter blieb an der Doppeltür stehen, die den Hotelempfang von der großen, weiten Welt draußen trennte.
    »Audrey Hepburn hat jeden Tag ein Mittagsschläfchen gemacht. Sie meinte, deswegen wären ihre Augen so strahlend geblieben. Genau wie meine.«
    Honey gönnte sich noch ein paar Drinks mit der Filmcrew, ehe sie zu Bett ging. Weil es draußen so kalt war, tranken sie alle ein bisschen mehr. Das war jedenfalls ihre Entschuldigung.
    Sie war zwar ein wenig beschwipst, aber doch noch nüchtern genug, um sich zu erkundigen, wie alles lief.
    Graham legte den Arm um sie – mehr, um sich aufrecht zu halten, als aus Zuneigung.
    »Ich glaube, der gute Boris beglückt gerade Penelope Petrie.«
    »Das überrascht mich aber wirklich.«
    Graham tippte sich an die Nase. »Boris

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