Mord nach Drehbuch
jeden Monat gründlich beim Arzt durchchecken. Das Geschäftsleben konnte einen umbringen. Das hatte ihn der Tod seines Vaters gelehrt. Nun, ihn würde es nicht umbringen. Er lebte nicht, um zu arbeiten; er arbeitete, um zu leben.
Ein letztes Mal überprüfte er sein Spiegelbild, atmete mehrmals tief durch und strich sich ein, zwei widerspenstige Haare zurecht. Nun strahlte ihn ein Gesicht an, das wieder vor Selbstbewusstsein strotzte. Zum Teufel, er hätte Filmstar werden können. Das tolle Aussehen dafür hatte er.
Der Besuch von Doherty und dieser Frau hatte ihn ein wenig aus dem Gleichgewicht gebracht. Natürlich hatte man ihn vorgewarnt. Dafür hatte dieser blödsinnige Regisseur Boris Morris gesorgt. Bei diesem Besuch würde ihm die Polizei Fragen zur weiteren Finanzierung des Films und zu seiner Haftpflichtversicherung stellen, hatte er vermutet. Wer zog Vorteile aus Martynas Tod? Die Antwort war einfach. Sehr viele Leute.
Ihr Tod hatte ihn selbstverständlich keineswegs kalt gelassen.Natürlich war er bestürzt. Sie beide waren wie geschaffen für einander gewesen. Genau wie er war auch Martyna der einsame Mittelpunkt ihres eigenen Universums gewesen und hatte erwartet, dass alle und alles um sie und ihre Bedürfnisse kreiste. Niemals, niemals ging sie Kompromisse ein, um jemandem entgegenzukommen. Er war genauso und betrachtete dies als ein Zeichen von Stärke, nicht als Egoismus.
Was hatte es da zu bedeuten, dass er mit ein paar Nutten aus der Venusfalle herumgemacht hatte? Deswegen war er noch lange kein Mörder. Und es ließ auch keine Rückschlüsse auf Unregelmäßigkeiten in der Buchhaltung der Filmproduktion zu.
Die Frage nach Perdita Moody hatte ihn aus dem Gleichgewicht gebracht. Sie war nur eine von unzähligen jungen Frauen, die es in der Welt des Show Business zu etwas bringen wollten. Schade, dass sie so verdammt prüde gewesen war. Er hatte ihr im Klartext gesagt, was hier erwartet wurde. Teufel noch mal, hier ging es um Striptease! Die Mädels in den Klubs hatten höchstens ein paar Pailletten am Körper, keine Klamotten!
Nicht dass es ihm etwas ausmachte, dass einmal eine junge Frau sein Angebot abgelehnt hatte. Diese Sorte Frauen waren wie Taxis. Wenn eine weg war, würden schon bald unzählige andere auftauchen. Und doch hatte sie etwas an sich gehabt, das die tiefsten Geheimnisse seiner Seele angesprochen hatte.
Nachdem er sicher war, dass sein Äußeres wieder perfekt war, kehrte er in den Konferenzraum zurück.
»Probleme?«
Das fragte Hans Hoffner, Coleridges einziger Gast an diesem Abend. Und er war
nicht
zum Essen gekommen.
Coleridge ließ seine Jacketkronen blitzen, als er ihm ein strahlendes Lächeln zuwarf, das sich blendend von seiner Ganzjahresbräune abhob.
»Nichts, mit dem ich nicht klarkomme – und nichts, was mit der vorliegenden Angelegenheit zu tun hat«, fügte er mit einem angedeuteten kleinen Lachen hinzu.
Hoffners Miene änderte sich kein Jota. Seine Augen waren von einem kalten Blau, erinnerten an Eiswasser, in dem sich der Himmel spiegelt. Im Augenblick waren sie starr auf den Mann gerichtet, der ihn dazu ermutigt hatte, in diesen Film zu investieren.
Coleridge verbarg sein Unbehagen, indem er auf den Schrank mit den Getränken zusteuerte.
Er schenkte Hoffner einen Scotch ein. Ausländer tranken mehr Scotch als das gesamte Vereinigte Königreich zusammen. Sich selbst füllte Coleridge einen kleinen Gin ins Glas, zögerte kurz und fügte noch einen guten Schuss mehr hinzu. Er würde ihn brauchen.
Hoffners Augen waren durchdringend wie Laser, hell, aber ohne einen Funken Wärme.
»Ich weiß, dass Sie einen Single Malt zu schätzen wissen«, sagte Coleridge mit gezwungener Jovialität.
»Sie kennen mich gut«, erwiderte Hoffner. »Ich mag schottischen Whisky. Ich trinke nichts Anderes. Sogar zum Abendessen. Meine Frau schimpft mich deswegen immer aus. Sie meint, dass es gegen die Etikette verstößt.«
Die beiden Männer lachten verständnisinnig, prosteten einander zu und tranken.
Dann wurde Hoffners Miene wieder ernst. Er hatte weißes Haar, weiße Augenbrauen und einen buschigen Schnurrbart.
Er erinnerte Coleridge an den deutschen Kaiser, wie er auf einem alten Plakat aus dem ersten Weltkrieg abgebildet war – nur wegen des Schnurrbarts natürlich.
Der Gin tat gut. Schluck für Schluck.
Hans Hoffner zog eine seiner schneeweißen Augenbrauen in die Höhe. Das weiße Haar ließ ihn würdevoll aussehen, nicht etwa alt.
Coleridge fühlte sich
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