Mord nach Drehbuch
der gleichen Branche?«
»Nicht ganz«, erwiderte Candy mit Piepsstimmchen. »Ich habe es eine Weile versucht, aber es hat mir nicht gefallen. Ich hatte dabei nicht das Gefühl, geliebt zu werden. Nicht wirklich und innig. Es war alles so geschäftsmäßig, kaum gesellschaftlicher Umgang, wissen Sie. Und mir macht es wirklich Spaß, zur angesagten Szene zu gehören.«
Honey nickte, als verstünde sie das, obwohl sie in Wirklichkeit seit Jahren nicht mehr zu derlei Kreisen gehörte.
Candy pickte sich ein weiteres rosa-weißes Konfekt aus der Schachtel und verschlang es.
»Also habe ich mich entschlossen, auf ein anderes Feld umzusatteln«, hauchte sie, und ihr kleiner Kopf nickte kess auf dem eleganten Schwanenhals.
Honey versuchte zu begreifen, wohin dieses Gespräch führte. Ging die junge Frau nun auf den Strich oder nicht?
Es half alles nichts, sie musste einfach fragen. »Also, was genau? … Auf welches Feld haben Sie umgesattelt?«
Candys hübsches Schmollmündchen verzog sich zu einem breiten Grinsen. »Ich bin ein Mädchen für die Klatschspalte! So nennt man das. Ich lasse mich an all den richtigen Orten und mit den richtigen Leuten sehen. Und alles für Geld. Viel Geld. Irgendwann mal.«
Honey merkte, wie ihr der Mund offen stehen blieb, während Candy ihr genau erklärte, was sie machte. Sie war eines der Mädchen, die man anheuerte, um reiche und berühmte Leute in die Falle zu locken. In eine honigsüße Falle. Sie war eine Schlagzeilenschlampe.
Candy schien ihre Gedanken lesen zu können. »Es ist alles rein geschäftlich, aber es führt zu weiteren Aufträgen. Zum Beispiel habe ich ein paar Hochglanzaufnahmen für wirklich gute Zeitschriften gemacht. Wir sind …« Sie hielt inne und drehte die Augen zur Decke, während sie nachdachte. »Wir sind Playmates, keine Flittchen.«
»Natürlich«, sagte Honey und war sich nicht sicher, wie sie irgendwas anderes als Flittchen sein konnten, gab sich aber angesichts von Candys Nettigkeit geschlagen. »Wird das gut bezahlt?«
»Hervorragend. Wir treffen ›rein zufällig‹ den Typen, auf den man uns angesetzt hat, obwohl natürlich der Zufall gar nichts damit zu tun hat. Es ist alles vorher arrangiert, obwohl der Betreffende keine Ahnung davon hat. Reiche und mächtige Männer sind wirklich sehr arrogant. Sie glauben, dass sie alles haben können, was ihnen unter die Augen kommt, und sie tun alles, was sie können, um es auch zu kriegen.«
Candys Zynismus bereitete Honey einiges Unbehagen. Irgendwie ähnelte sie den rosa-weißen Süßigkeiten, die sie in solchen Unmengen verzehrte. Das Äußere sah hübsch und ganz unschuldig aus, aber die darin enthaltenen Kalorien waren höchst gefährlich.
»Außer dem Geld, was haben Sie denn noch davon?« Honey dachte an Schmuck, Wohnungen, vielleicht ein kleines Sportauto. Das Letztere schien ihr verlockend. Sie hätte gern selbst eins gehabt.
Mit immer noch mahlenden Kiefern wiederholte Candy mehr oder weniger, was sie bereits gesagt hatte. »Es ist gut für die Karriere. Du wirst über Nacht berühmt, und wenn einmal jeder meinen Namen kennt, dann gibt es keine Grenzen mehr. Die Leute brennen nur darauf, einen zu einem viel größeren Star zu machen, als man eigentlich ist.«
Candy bot Honey noch ein Stück Konfekt an. Die lehnte ab.
»Ich mache gerade eine Diät.«
»Ich nicht«, erwiderte Candy mit kindlichem Charme. »Ich mache nie eine Diät. Ich könnte das gar nicht. Ich liebe Süßigkeiten. Deswegen heiße ich ja auch Candy! Verstehen Sie?«
Und wie! Sie machte ihrem Namen alle Ehre. Und sie machte sich etwas vor. Wie lange würde dieser Barbie-Körper so schlank bleiben?, fragte sich Honey. Candy würde sich schon bald eine neue Branche suchen müssen, wenn sie in diesem Tempo weitermachte. Barbie-Puppen hatten etwa so viel Fleisch auf den Rippen wie ein sauber abgenagter Knochen. Und bei ihrem Verzehr an Süßigkeiten lief Candy Gefahr, bald so kugelrund wie ein Pflaumenknödel zu werden.
Rosa, grün und zitronengelb lockte das Konfekt aus der Schachtel. Unwiderstehlich!
»Na, nehmen Sie sich noch eins!«
Candy wedelte Honey mit der Schachtel vor der Nase herum.
Honeys Finger gehorchten ihrem Gehirn nicht und griffen wie automatisch nach den Süßigkeiten.
»Also, wie wird man denn ein Mädchen, das plötzlich überall in den Schlagzeilen der Regenbogenpresse auftaucht?«
Mit einem reichen und berühmten alten Knacker imSchlepptau, fügte sie nicht hinzu; das hätte denn doch ein
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