Mord nach Drehbuch
einen Mann erstaunlich hoch war, überraschte sie. Honey fragte sich, ob Perdita die Verwandlung in aller Gründlichkeit vorgenommen hatte. Sie war aber zu diskret und höflich, um sich danach zu erkundigen.
»Ich habe die Wahrheit gesagt. Ihre Tante macht sich Sorgen um Sie. Aber ich muss Sie noch etwas anderes fragen. Es hat mit einem Mann namens Brett Coleridge zu tun. Ich habe mir erzählen lassen, dass Sie ihn im Regency Garden Hotel besucht haben. Können Sie mir das bestätigen?«
Perditas stark geschminktes Gesicht wurde starr.
»Diesen Gesichtsausdruck sollten Sie vermeiden«, empfahl Honey. »Dann sieht man Ihren Fünf-Uhr-Schatten.«
Perdita fuhr sich so besorgt übers Kinn, dass Honey schon ein schlechtes Gewissen bekam, weil sie überhaupt etwas gesagt hatte.
»Es tut mir leid. Ich wollte nicht unhöflich sein. Es ist nur so, dass ein Mord geschehen ist …«
Perdita japste entsetzt und klatschte sich mit der flachen Hand vor die Brust. In den kugelrunden Augen spiegelte sich Angst.
»Wer? Wer ist ermordet worden?«
Es klang so, als würde Perdita jeden Augenblick in Ohnmacht fallen.
»Martyna Manderley.«
Da änderte sich die Miene des jungen Mannes. »Die Schlampe.«
»Aha. Sie denken also auch nicht, dass sie ein großer Star war, der sich voller Hingabe seiner Berufung widmete?«
»Die Hingabe war ausschließlich ihr selbst gewidmet. Nun ja, in einer Hinsicht war sie sehr fair. Sie hat alle gleich schlecht behandelt. Einschließlich des Mannes, den sie angeblich heiraten wollte.«
Das mit Bühnenschminke zugekleisterte Gesicht erstarrte, als Perdita zu dem offensichtlichen Schluss gelangte. »Sie glauben doch nicht, dass
er
es getan hat?«
»Sagen Sie mir das. Wieso meinen Sie denn, dass sie ihren Verlobten schlecht behandelt hat? Haben Sie gehört, wie die beiden sich gestritten haben?«
Perdita lächelte. »Sie hat immer ein Handy in der Unterhose mit ans Set genommen. Wenn es klingelte, kam alles zum Halten. Mit jedem anderen hätte man kurzen Prozess gemacht oder ihn vom Set geschmissen. Aber sie, sie war ja der Star. Jedenfalls hat er sie angerufen. Ich stand genau hinter ihr.«
»Um einen Laternenpfahl zu verdecken?«
Honey konnte sich ihre kessen Bemerkungen einfach nicht verkneifen. Sie entschuldigte sich sofort.
Perdita lachte. »Nicht nötig. Dafür werden ja die Statisten eingesetzt. Jedenfalls, wie erwähnt, hat sie seinen Namen genannt. Also wusste ich, dass er am Telefon war. Dann hat sie ihn mit jedem Schimpfnamen unter der Sonne belegt. Irgendwas Schreckliches war geschehen, mit dem sie nicht einverstanden war, aber was das war, habe ich nicht herausfinden können. Sie nannte ihn pervers. Daran kann ich mich genau erinnern.«
»Warum das denn?«
Perdita zuckte die Achseln. »Woher soll ich das wissen?«
Leute Anstarren ist ja wirklich unhöflich, aber es fiel Honey schwer, das nicht zu tun. Ein Mann in Frauenkleidern,das war merkwürdig, aber gleichzeitig auch faszinierend. Es waren weniger die Pailletten auf dem Kleid oder die Strassohrringe, die an den Ohren baumelten, auch nicht das Make-up. Eher waren es die Bewegungen, dieses Spielen einer Frauenrolle, das ihr das Gefühl gab, sich selbst gespiegelt zu sehen, wenn auch ein wenig überzogen, leicht übertrieben.
»Sie haben ihn in diesem Hotel besucht. Woher wussten Sie, dass er dort sein würde?«
Tiefe Röte überzog Perditas Züge.
»Es war wegen eines Jobs. Ich bin hingegangen, um mich nach einem Job zu erkundigen. Ich hatte gehört, dass er große Mädchen suchte. Ich wusste allerdings nicht, wofür das sein sollte, bis ich dort hinkam.«
»Dann waren Sie nicht mehr interessiert?«
»Nein. So etwas ist nicht meine Sache.«
»Sie waren aus dem Film rausgeflogen. Hat Sie das nicht wütend gemacht?«
Perdita schaute grimmig. »Wenn Sie meinen, wütend genug, um Martyna umzubringen? Nein. Nicht in Wirklichkeit. Nur im Traum.«
Eine Frage interessierte Honey noch brennend. »Was für einen Job hat Coleridge Ihnen angeboten?«
Perdita machte einen Schmollmund und zuckte die Achseln.
Honey drängte ein bisschen weiter. »Unbekleidete Auftritte?«
Perdita zuckte noch einmal die Achseln. »So ähnlich.«
Es war klar, dass sie sich in dieser Sache nicht weiter äußern würde. Honey änderte die Taktik.
»Wie lange waren Sie dort?«
»Sollten Sie nicht fragen, wann ich dort angekommen bin?«
»Oh, ja natürlich! Verzeihung. Ich mache das noch nicht sehr lange. Entschuldigung.«
»Das geht schon in
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