Mord Nach Maß
Nachforschungen über mich anstellen lassen, nehme ich an, und dabei sehr leicht alles erfahren, was Sie wollen.«
»Ganz recht«, nickte Lippincott, »das wäre der eine Weg. Und eine durchaus vernünftige Vorsichtsmaßnahme. Aber eigentlich, Michael, möchte ich das alles lieber aus Ihrem eigenen Mund erfahren. Ich möchte Ihre Version hören, wie Ihr Leben bis heute ausgesehen hat.«
Das behagte mir natürlich nicht, und ich nehme an, er wusste es auch sehr genau. Niemandem in meiner Lage wäre dabei behaglich gewesen. Es wird einem zur zweiten Natur, immer das Beste an sich herauszustreichen; das hatte ich mir schon in der Schule zum Grundsatz gemacht und ihn auch später beibehalten: Man lobt sich ein bisschen, erwähnt ein paar bestimmte Dinge, biegt die Wahrheit ein wenig zurecht. Ich schäme mich dessen nicht, halte es nur für natürlich. Aber jetzt, bei Andrew Lippincott, wollte mir diese Methode nicht zusagen. Er hatte die Möglichkeit diskreter Nachforschungen über mich zwar von sich gewiesen, aber ich war gar nicht so sicher, ob er sie nicht trotzdem anstellen würde. So sagte ich ihm die ungeschminkte Wahrheit.
Ich erzählte von meiner verwahrlosten Kindheit, erwähnte die Tatsache, dass mein Vater ein Trinker, meine Mutter aber eine anständige Frau gewesen war, die sich ziemlich abgerackert hatte, um mir eine halbwegs gute Schulbildung mitzugeben. Ich verheimlichte ihm auch nicht, dass ich ein Hans-Dampf gewesen war und häufig die Jobs gewechselt hatte. Er war ein guter Zuhörer, direkt ermutigend. Dennoch, hin und wieder schimmerte durch, wie gerissen er war: an ein paar kleinen Fragen, die er einstreute, an dem einen oder anderen Kommentar. Ja, ich hatte so ein Gefühl, dass ich hier auf der Hut sein musste. Und nach zehn Minuten, als er sich zurücklehnte und das Verhör, wenn man es überhaupt so nennen konnte, vorbei zu sein schien, atmete ich direkt auf.
»Ihre Einstellung zum Leben ist von Abenteuerlust geprägt, Mr Rogers – Michael. Keine schlechte Sache. Und nun erzählen Sie mir mehr von diesem Haus, das ihr beide da baut.«
»Nun«, begann ich, »es liegt in der Nähe der Stadt Market Chadwell…«
»Ja«, sagte er, »das ist mir ein Begriff. Offen gestanden war ich gestern schon dort, um es mir anzusehen.«
Das verwirrte mich etwas. Es bewies wieder einmal, dass er zu der verschlagenen Sorte gehörte, die man nicht unterschätzen durfte.
»Die Lage ist bildschön«, sagte ich lahm, »und das Haus, wie wir es uns wünschen, wird wunderbar. Der Architekt heißt Santonix, Rudolf Santonix. Wahrscheinlich haben Sie noch nie von ihm gehört, aber…«
»O doch«, unterbrach Lippincott, »er ist ziemlich bekannt in der Branche.«
»Er hat auch in den Staaten gebaut, glaube ich.«
»Ja, ein viel versprechendes Talent. Leider soll sein Gesundheitszustand nicht der beste sein.«
»Er hält sich für einen sterbenden Mann«, sagte ich, »aber ich kann das nicht glauben. Ich denke, er wird sich wieder erholen. Den Ärzten darf man nicht alles abnehmen.«
»Hoffentlich ist Ihr Optimismus gerechtfertigt. Denn Sie sind ein Optimist.«
»Jedenfalls, was Santonix angeht.«
»Ich wünsche Ihnen, dass sich alle Ihre Hoffnungen erfüllen. Ich möchte sagen, dass Sie und Ellie meiner Ansicht nach ein äußerst gutes Geschäft mit diesem Grundstück gemacht haben.«
Ich fand es nett von dem alten Knaben, mich mit einzuschließen und mir nicht unter die Nase zu reiben, dass Ellie den Kauf ganz allein getätigt hatte.
»Na ja«, meinte ich, »es ist ja auch verflucht.«
»Pardon, Michael, was sagten Sie?«
»Ein Fluch liegt darauf, Sir«, erklärte ich. »Fluch der Zigeuner und so weiter. Am Ort nennt man es nur Zigeuneranger.«
»Ah. Ein Aberglaube?«
»Ja, und zwar ziemlich konfus. Ich weiß nicht, was davon Wahrheit und was Erfindung ist. Vor langer Zeit geschah dort ein Mord oder so ähnlich, irgendetwas zwischen Mann und Frau und einem Liebhaber. Es heißt, der Mann hat die beiden erschossen und sich dann selbst umgebracht. Aber niemand weiß es mehr genau, es ist zu lange her. Seitdem hat das Grundstück vier- oder fünfmal den Besitzer gewechselt, aber keiner hat es lange da ausgehalten.«
»Aha«, machte Lippincott anerkennend, »ein beachtliches Beispiel für altenglische Folklore.« Er warf mir einen neugierigen Blick zu. »Und ihr beide habt keine Angst vor dem Fluch?«
»Natürlich nicht. Wir glauben nicht an solchen Unfug. Es war sogar ein glücklicher Zufall, dass wir’s
Weitere Kostenlose Bücher