Mord Nach Maß
also ergriff er wieder das Wort, wobei er sich sehr sorgfältig ausdrückte.
»Dann ist also noch nicht der Vorschlag gemacht worden, dass Greta Andersen bei Ihnen wohnen sollte?«
»Nicht, wenn ich es verhindern kann.«
»Ah – ist das also Ihr Standpunkt? Demnach wurde die Frage bereits aufgeworfen.«
»Ja, Ellie hat so was erwähnt. Aber wir sind jung verheiratet, Mr Lippincott, wir möchten im Haus – in unserem neuen Heim – für uns sein. Natürlich wird sie uns manchmal besuchen kommen, nehme ich an. Das wäre nur natürlich.«
»Ganz wie Sie sagen: nur natürlich. Aber vielleicht sind Sie sich auch darüber klar, dass Greta in einer heiklen Lage ist, was eine neue Stellung angeht. Will sagen, es kommt ja nicht nur darauf an, was Ellie selbst von ihr hält, sondern vor allem auf das, was die Menschen, die sie vertrauensvoll engagierten, jetzt von ihr halten.«
»Sie meinen, dass Sie oder Mrs van Soundso Greta für einen anderen Posten dieser Art nicht weiterempfehlen werden?«
»Kaum. Bis auf das rein rechtlich Unumgängliche natürlich.«
»Und Sie glauben nun, dass sie sich demnach in England niederlassen und von Ellie leben will.«
»Ich will Sie nicht zu sehr gegen sie einnehmen, schließlich sind das im Wesentlichen nur Hypothesen von mir. Ich missbillige eben einiges, was sie getan hat, und wie sie es getan hat. Doch Ellie mit ihrer Großmut wird sich wohl von dem Bewusstsein bedrücken lassen, dass sie, sozusagen, Gretas Zukunftsaussichten stark vermindert hat. Vielleicht besteht sie darauf, dass sie bei Ihnen wohnt.«
»Dass sie darauf besteht, glaube ich nicht«, meinte ich langsam. Dennoch klang es wohl ziemlich skeptisch, und Lippincott entging das nicht. »Aber könnten wir nicht – könnte nicht Ellie – Greta irgendwie abfinden? Sozusagen pensionieren?«
»So würde ich es nicht unbedingt formulieren«, meinte er. »Mit dem Wort Pension verbindet sich unwillkürlich ein Altersbegriff, und Greta ist eine junge Frau, eine sehr ansehnliche junge Frau, wenn ich das sagen darf. Direkt schön«, fügte er missbilligend hinzu. »Und auf Männer wirkt sie außerdem ausgesprochen anziehend.«
»Na ja, dann wird sie ja vielleicht heiraten«, sagte ich. »Überhaupt, wenn sie solche Vorzüge hat, warum ist sie dann nicht schon längst verheiratet?«
»Es hat Bewerber gegeben, höre ich, aber sie hat keinen in Erwägung gezogen. Dennoch halte ich Ihren Vorschlag für sehr vernünftig. Wahrscheinlich lässt er sich auch in eine Form kleiden, die niemanden verletzt. Es könnte sogar ganz natürlich scheinen, jetzt nach Ellies Volljährigkeit und ihrer Heirat, die weitgehend durch Gretas Dienste zustande kam – man wirft in einem Anfall von Dankbarkeit einfach eine bestimmte Summe für sie aus.« Beim letzten Satz wurde Lippincotts Ton essigsauer.
»Na, dann wäre das ja geregelt«, meinte ich vergnügt.
»Abermals wird mir Ihr ganzer Optimismus bewusst. Wir wollen nur hoffen, dass Greta dieses Angebot auch akzeptiert.«
»Warum sollte sie denn nicht? Sie wäre ja blöd.«
»Da bin ich nicht so sicher. Gewiss, es wäre ganz außergewöhnlich, wenn sie nicht akzeptierte… Sie werden natürlich immer die besten Freundinnen bleiben.«
»Sie glauben – was glauben Sie denn?«
»Ich sähe es gern, dass Gretas Einfluss auf Ellie unterbunden wird«, sagte Lippincott und erhob sich. »Sie werden hoffentlich alles tun, mich dabei zu unterstützen?«
»Worauf Sie sich verlassen können. Nichts wäre mir lästiger, als Greta die ganze Zeit auf unserer Tasche liegen zu haben.«
»Möglicherweise überlegen Sie es sich anders, wenn Sie sie erst gesehen haben«, sagte Mr Lippincott.
»Bestimmt nicht. Ich kann herrschsüchtige Weibsbilder nicht ausstehen, ganz gleich, wie tüchtig oder hübsch sie sind.«
»Besten Dank, Michael, dass Sie mir so geduldig zugehört haben. Ich hoffe, Sie machen mir das Vergnügen, Sie beide, einmal mit mir zu Abend zu essen? Vielleicht nächsten Dienstag? Bis dahin werden Cora van Stuyvesant und Frank Barton wahrscheinlich in London eingetroffen sein.«
»Und ich muss ihnen vorgestellt werden, nehme ich an?«
»O ja, das lässt sich nicht vermeiden.« Er lächelte mich an, und diesmal schien mir sein Lächeln wärmer zu sein. »Machen Sie sich nicht zu viel daraus«, tröstete er mich. »Cora wird wahrscheinlich sehr unhöflich zu Ihnen sein, Frank schlicht und einfach taktlos. Reuben wird noch nicht so bald herüberkommen.«
Wer dieser Reuben war, ahnte ich
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