Mord Nach Maß
deshalb so billig bekamen.«
»Tja, ich bin auch nicht abergläubisch«, meinte Lippincott, »und die Aussicht von dort ist ganz wundervoll.« Er zögerte. »Ich hoffe nur, Ellie wird nicht zu viel von dem scheußlichen Gerede zu hören bekommen, wenn ihr erst einmal dort lebt.«
»Ich werde es, so gut ich kann, fern von ihr halten«, versprach ich. »Wahrscheinlich wird ihr gegenüber ohnehin niemand etwas erwähnen.«
»Das Landvolk erzählt solche Geschichten nur zu gern weiter«, sagte Lippincott. »Und – denken Sie daran – Ellie ist nicht so abgebrüht wie Sie, Michael. Sie ist leicht zu beeinflussen, zumindest in manchen Dingen. Das bringt mich auf…« Er hielt inne und trommelte mit den Fingern auf den Tisch. »Ich möchte nun noch ein ziemlich heikles Thema anschneiden. Sie sagten eben, Sie hätten diese Greta Andersen noch nicht kennengelernt?«
»Nein.«
»Eigenartig. Sehr eigenartig.«
»Wieso?«
»Ich hätte eher das Gegenteil als sicher vorausgesetzt«, meinte er langsam. »Was wissen Sie von ihr?«
»Nur, dass sie schon einige Zeit bei Ellie ist.«
»Ja, und zwar seit Ellies siebzehntem Jahr. Sie hat eine ausgesprochene Vertrauensstellung inne, obwohl sie zunächst als Sekretärin und Gesellschafterin engagiert worden war, als Ellies Betreuerin für die Zeit, in der Mrs van Stuyvesant, ihre Stiefmutter, nicht zu Hause weilte, was ziemlich oft der Fall war, wenn ich so sagen darf.« Letzteres kam in besonders trockenem Ton heraus. »Wie ich höre, stammt Greta aus guter Familie und hatte ausgezeichnete Referenzen; ein Kind deutsch-schwedischer Eltern. Und Ellie entwickelte natürlich eine sehr starke Bindung an sie.«
»Scheint mir auch so.«
»In mancher Beziehung sogar eine zu starke Bindung – wenn Sie mir meinen Freimut nicht verübeln.«
»Nein, warum sollte ich? Offen gesagt, habe ich… na ja, mir ist selber schon dieser Gedanke gekommen. Bei ihr heißt es immer nur Greta, Greta dies und Greta das. Ich weiß, es geht mich nichts an, aber manchmal fiel mir das auf die Nerven.«
»Und dennoch hat sie Ihnen nicht nahe gelegt, Greta kennenzulernen?«
»Na ja, das lässt sich nicht so leicht erklären. Ja, sie hat es gelegentlich angedeutet, aber wir hatten mit uns selbst mehr als genug zu tun. Außerdem, na ja, ich war nicht gerade scharf darauf, diese Greta kennenzulernen. Ich wollte eben Ellie mit niemandem teilen.«
»Verstehe. Ja, ich verstehe. Und Ellie hat nicht vorgeschlagen, dass Greta bei der Hochzeit zugegen sein sollte?«
»Doch, das hat sie.«
»Aber Sie waren dagegen? Warum?«
»Ach, ich weiß nicht. Ich hatte nur so das Gefühl, dass diese Frau – oder dieses Mädchen, jedenfalls eine mir völlig Unbekannte – sich immer in alles einmischte. Dass sie Ellies ganzes Leben managte, verstehen Sie? Sie schickte Postkarten und Briefe ab und deckte Ellie immerzu, arbeitete einen ganzen fiktiven Reiseweg für die Familie aus. Mir schien, dass Ellie zu sehr abhing von Greta, sich von ihr dirigieren ließ, brav alles tat, was Greta wollte. Ich… oh, es tut mir leid, Mr Lippincott, wahrscheinlich sollte ich das für mich behalten. Sagen wir, ich war einfach eifersüchtig. Auf jeden Fall ging es mit mir durch, und ich bestand darauf, dass wir unsere Hochzeit für uns allein hatten, ohne Greta. Und so fuhren wir einfach aufs Standesamt und ließen uns trauen, mit einem Beamten und einer Sekretärin als Zeugen. Vermutlich war es gemein von mir, dass ich Greta nicht dabeihaben wollte, aber ich wollte Ellie eben für mich allein.«
»Verstehe, ja, ich verstehe«, wiederholte er. »Und wenn ich das noch hinzufügen darf, ich halte das für sehr klug.«
»Sie mögen Greta auch nicht«, stellte ich fest.
»Von ›auch‹ können Sie eigentlich nicht sprechen, da Sie sie ja noch nicht kennengelernt haben.«
»Nein, ich weiß, aber wenn man so viel über einen Menschen hört, bildet man sich ja doch ein Urteil – na ja, nennen wir’s bei mir blanke Eifersucht. Aber was haben Sie gegen Greta?«
»Ich möchte Sie nicht voreingenommen machen, Michael, aber Sie sind Ellies Mann, und Ellies Glück liegt mir sehr am Herzen. Also, ich glaube nicht, dass Gretas Einfluss auf Ellie begrüßenswert ist.«
»Glauben Sie, dass sie versuchen wird, uns gegeneinander aufzubringen?«
»Zu Äußerungen dieser Art habe ich keinerlei Recht.« Blinzelnd wie eine alte runzlige Schildkröte saß er da und musterte mich abwartend.
Ich wusste nicht recht, was ich nun als Nächstes sagen sollte;
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