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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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einem anderen Zeitpunkt vorbeigekommen sei, sie dann
getötet und anschließend den Wagen weiter südlich in die Schlucht gefahren
habe, um die Ermittler in die Irre zu führen.
    Doch was immer passiert war, eines
stand fest: Sie war seit zwei Jahren tot. Wahrscheinlich seit den frühen
Morgenstunden jenes Februartages. Und diese ganze Zeit über hatten Menschen sie
geliebt, auf sie gewartet, gehofft und gelitten...
    Und dann fiel mir George ein.
    Was hatte er zu mir gesagt?
    Bitte, Sharon, finden Sie Tracy nicht
lebend. Und wenn doch, bringen Sie sie mir nicht zurück.
    Das konnte ich nun auch nicht. Doch ich
bezweifelte, daß das seinen Schmerz lindern würde. Was er vor zwei Tagen noch
für unerträglich gehalten hatte, das würde ihm nun wohl unendlich viel
erträglicher erscheinen als die Tatsache, daß seine Tochter fast zwei Jahre
lang in diesem Behelfsgrab gelegen hatte. Und was er für erträglich gehalten
hatte, würde ihm nun unerträglich scheinen.
    Sosehr es mich auch schreckte, war mir
doch klar, daß ich es sein mußte, die ihm die Nachricht überbrachte.
     
     
     

11
     
    Als ich kurz nach acht Uhr abends vor
Georges Luxusschuppen ankam, waren alle Fenster dunkel. Nur in dem maurischen
Torbogen des Eingangs brannte ein Licht. An der Tür klebte ein Zettel und
flatterte im kalten Wind. Ich lief hin, um ihn zu lesen.
    Ich war müde und gereizt nach einem
zweistündigen Aufenthalt im Büro des Sheriffs von Napa County. Wegen des
Feiertags war es unterbesetzt, und entsprechend lange hatte es gedauert, bis
die Polizei auf meinen Anruf von einem Nachbar-Cottage aus am Ort des
Geschehens erschien. Der Polizeiarzt und seine Leute ließen noch länger auf
sich warten, außerdem behinderte der Regen ihre Arbeit. Die Ermittlungen
leitete ein Mann namens Stan Gurski, der aussah wie ein ehemaliger
Hinterfeldspieler und so sanft sprach wie ein Priester. Er befragte mich
eingehend über meinen Fall. Er sagte, er würde sich anschließend mit Tracys
Eltern in Verbindung setzen und ihnen die Nachricht überbringen. Auch wollte er
sie nach Tracys Zahnarzt fragen, um sie an Hand des Gebißstatus identifizieren
zu können. Ich erklärte ihm, ihre Mutter sei in einem schlechten Gemütszustand
und sollte nicht von einem Fremden unterrichtet werden. Ich fügte hinzu, ich
würde gern ihrem Vater die Nachricht überbringen, da ich ihn kenne und ihm
wenigstens das schuldig war.
    Gurski war einverstanden, also rief ich
George an und erzählte ihm, wie ich sie gefunden hatte. Er war sehr
erschüttert, hatte sich aber unter Kontrolle. Als ich ihn nach zahnärztlichen
Unterlagen fragte, sagte er, er wisse nicht, zu wem Tracy in den letzten Jahren
gegangen sei. Der Familienzahnarzt sei kurz nach ihrem Umzug nach San Francisco
gestorben. Dann erinnerte ich mich, daß Jay Larkey seinen Angestellten in der
Potrero Clinic volle medizinische und zahnmedizinische Versorgung anbot. Auch
George erinnerte sich daran und bat mich, dem Sheriff zu sagen, er solle sich
mit der Klinik in Verbindung setzen.
    Er schwieg lange, bevor er hinzufügte:
»Würden Sie wohl bitte bei mir vorbeikommen, wenn Sie da drüben in Napa fertig
sind?«
    Ich brauchte nicht zu fragen, warum.
Ich sagte einfach ja.
    Ich hängte ein, nannte Gurski die
Klinik und bot ihm an, Jay Larkey anzurufen, um die Herausgabe der Unterlagen
zu beschleunigen. Den Clubbesitzer zu erreichen, erwies sich jedoch als gar
nicht so einfach. Das Café Comédie war geschlossen, und bei Larkey zu Hause
ging niemand ans Telefon. Schließlich fielen mir die Sorianos ein. Vielleicht
wußten sie, wo er steckte. Gurski bekam ihre Geheimnummer im wohlhabenden
Vorort Tiburon im angrenzenden Marin County und ließ wieder mich das Gespräch
führen. Ich sprach mit Kathy und erklärte ihr kurz, daß Tracys Leiche gefunden
worden war. Sie zeigte keine Regung und sagte nur, sie und Rob hätten keine
Ahnung, wo Jay sein könnte, sie würden ihm aber sagen, er solle sich bei der
Polizei von Napa melden, wenn er auftauchte.
    »Das wird ihn sehr mitnehmen«, fügte
sie vorwurfsvoll hinzu, als wollte ich ihm absichtlich die Feiertage verderben.
Ich knallte den Hörer härter auf als notwendig.
    Gurski sah mich mitfühlend an und
sagte: »Danke für Ihre Hilfe. Wenn wir die Unterlagen noch heute bekommen,
können wir morgen die Identifizierung vornehmen. Spätestens Dienstag.«
    »Das ist schnell, wenn man bedenkt, daß
morgen Feiertag ist.«
    Er lächelte dünn. »Das ist ein
wichtiger Fall. Ein Mordfall,

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