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Mord ohne Leiche

Mord ohne Leiche

Titel: Mord ohne Leiche Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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zeigen.«
    Mich wunderte, daß sie gar nicht nach
der neuen Entwicklung fragte. Aber vielleicht hatte sie nicht ganz verstanden,
was ich gesagt hatte. »Was denn?«
    Sie knipste das Licht an und ging in
die Küche. Als sie sich unterwegs in der Spiegelwand der Eßecke sah, zog sie
ein Gesicht. »Da, auf dem Tisch. Scheiße, ich fühle mich schrecklich. Ich muß
mir einen Kaffee machen.«
    Ich sah auf den Tisch. Alles Mögliche
lag darauf herum: schmutziges Geschirr, ein Aschenbecher, Zeitungsseiten,
Bücher, Spielkarten, ein Korb mit angeschimmeltem Obst. »Wo auf dem Tisch?«
    »Oh, Gott, ja!« Sie kam herüber, nahm
eines von den Büchern und schob es mir hin.
    Es war ein rot-schwarzes Taschenbuch
mit dem Titel Wie man sich eine neue Identität schafft. Der Autor wurde
als »weltberühmter Privatdetektiv« gepriesen. Ich hatte noch nie von ihm
gehört. Man sah dem Buch an, daß oft darin geblättert worden war, und viele
Seiten hatten Eselsohren. Ich klappte das Buch an einem von ihnen auf. Das
Kapitel hieß »Die Einrichtung eines toten Briefkastens«. Einige Stellen waren
mit blauer Tinte unterstrichen. Am Rand stand »Los Angeles?« Die Handschrift
sah nach Tracys aus.
    »Wo haben Sie das gefunden?«
    Amy schüttete Kaffee in einen Filter
und sagte dann: »In Tracys Zimmer.«
    »Wann?«
    »Gestern.«
    »Was haben Sie dort gemacht?«
    »Mich nur umgesehen.«
    »Ich dachte, Sie hätten Angst, daß Mrs.
Kostakos Sie erwischt und hinaus wirft.«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Nicht
mehr. Ich habe mit meinem Freund geredet. Ich kann bei ihm wohnen. Ich bin Mrs.
K. und ihre Weissagungen leid.«
    »Hat sie etwas unternommen seit unserem
letzten Gespräch?«
    »Darauf können Sie Ihren Arsch wetten.
Wie üblich ist sie am Freitag hier aufgekreuzt, und so dachte ich, damit wäre
ich sie für die Woche los. Dann schneite sie Silvester herein. Mein Freund und
ich waren zum Dinner ausgewesen und hatten alles, für einen netten, ruhigen
Abend vorbereitet, Sie wissen schon. Dann rochen wir die alten Gardenien.
Schöne Überraschung! Sie war da und blieb auch die ganze Nacht. Wir wollten
nicht quer durch die ganze Stadt zu ihm fahren — wir hatten getrunken, und Sie
wissen ja, die Alkoholkontrollen zu dieser Zeit. Also blieben wir und konnten
nicht... Also, wir konnten nichts machen, weil die Wände so dünn sind.
Jedenfalls wurde ich sauer und sagte, scheiß drauf. Morgen bin ich weg von
hier. Ich habe meinen Mietanteil für diesen Monat noch nicht bezahlt, und ich
habe auch nicht vor, es zu tun. Wenn Mrs. K. will, kann sie ihn ja übernehmen.
Dann kann sie jeden Tag hier sitzen, was kümmert es mich?«
    Ich runzelte die Stirn. Ich fand beides
beunruhigend, Laura Kostakos’ Unternehmung am Silvesterabend und das Buch in
meiner Hand. Diesen dünnen, aber bunten Band konnte ich bei meiner Durchsuchung
von Tracys Zimmer einfach nicht übersehen haben. Ich war sicher, daß es am
Donnerstagabend nicht dort gelegen hatte. »Wo genau haben Sie es gefunden?«
fragte ich.
    »Im Bücherregal, zwischen dem
Comedy-Zeug.«
    Dort hatte es am Donnerstag ganz
bestimmt nicht gestanden. Ich hatte mir die Bücher eingehend angeschaut. Jemand
hatte es dazugestellt — aber wer? Laura Kostakos? Oder log Amy? Und wenn ja,
warum? Als einzige Möglichkeit fiel mir ein, daß es so aussehen sollte, als
habe Tracy ihr Verschwinden sehr genau im voraus geplant. Wenn das der Fall
war, dann war die Identität der Person, die Tracy getötet hatte,
offensichtlich.
    Mein Schweigen machte Amy nervös. Sie
holte Kaffeetassen aus einem der Schränke sowie Milch und Zucker. Sie starrte
den Wasserkessel auf dem Herd an und trommelte mit den Fingern auf die Frühstückstheke.
»Also«, sagte sie schließlich, »nehmen Sie einfach das Buch und gehen Sie, ja?
Ich muß mich für die Arbeit fertigmachen. Alle Welt hat heute Feiertag, und
ich? Natürlich nicht, verdammt noch mal.«
    Sie wollte, daß ich sofort verschwinde,
hatte aber zwei Tassen herausgeholt. »Ist Ihr Freund hier, Amy?«
    »Was? Nein.« Sie sah die zwei Tassen in
ihren Händen. »Also gut — ja. Und jetzt gehen Sie, ja?«
    Für eine emanzipierte junge Frau kam
sie mir sehr ausweichend vor, besonders wenn man bedachte, daß sie gerade ihre
Absicht erklärt hatte, mit dem Mann zusammenzuziehen. Ich zog einen Stuhl unter
dem Tisch hervor und setzte mich.
    »Was machen Sie da? Ich sagte Ihnen
doch — «
    »Wollen Sie denn nichts über die neue Entwicklung
in dem Fall erfahren?«
    »Die neue... Ach,

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