Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mord und Mandelbaiser

Mord und Mandelbaiser

Titel: Mord und Mandelbaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
Vom Netzwerk:
hinzu: »Und sag jetzt bloß nicht, ›Weil der Birnensaft womöglich von Alf Meiler stammte, der bekanntlich ein Mörder ist‹.«
    »Das wollte ich überhaupt nicht sagen«, verteidigte sich Hilde. »Hermann Lanz hatte ja den Birnensaft mitgebracht. Aber … ich …« Sie kam ins Stottern, wusste nicht mehr weiter. Unwillig rieb sie ihre Schläfen, rang sichtlich um Konzentration. Schließlich fand sie zu ihrer Argumentation zurück. »Wenn an Anna Kaltenbachs Leiche Holzer-Blasen zu sehen gewesen wären, dann wäre es in meinen Augen schon berechtigt, die drei Vorkommnisse miteinander in Beziehung zu setzen: Meilers Birnensaft getrunken – verstorben – Holzer-Blasen gebildet. Und bei Wallys Mutter war es ja auch so. Sie hat süßen Saft – zugegeben, wir wissen nicht, ob es Birnensaft war – aus einer Limonadenflasche getrunken, ist verstorben, und sie hatte definitiv Holzer-Blasen.« Hilde deutete anklagend auf Wallys Kamera die noch immer auf dem Tisch lag.
    »Hilde«, sagte Thekla darauf in lehrerhaftem Ton, »selbst wenn man da eine gewisse Kausalität hineininterpretieren wollte: Frau Kaltenbach ist vergangenen Samstag beerdigt worden, Wallys Mutter am Montag.«
    »Als ob ich das nicht wüsste«, erwiderte Hilde grimmig. »Und es macht mich schier rasend, dass nicht Rudolf derjenige war, der ihre Leichen versorgt hat.«
    Darauf, fand Thekla, gab es nichts zu sagen. Denn, falls Rudolf wieder gekniffen hätte, wäre die Situation dieselbe.
    In die entstandene Stille hinein fragte Wally an Hilde gewandt: »Wie genau hat denn das Fläschchen ausgeschaut, aus dem du der Frau Kaltenbach den Saft eingeschenkt hast?«
    Als sowohl Thekla wie auch Hilde sie ansahen, als hätte sie gemuht oder miaut, fügte Wally hinzu: »Ist das so eine Limoflasche gewesen wie die, in denen früher immer Sinalco und Pepsi und so was abgefüllt war, und hatte der Saft darin eine fast honiggelbe Farbe?«
    Thekla bemerkte, wie ein Ausdruck von Befriedigung in Hildes Augen trat. Gleich darauf begann der Pagenkopf heftig zu nicken.
    Sie musste sich eingestehen, dass sich Hildes Verdachtsgründe zu verdichten begannen.
    Hilde verkündete bereits mit triumphierender Stimme: »Identische Siebziger-Jahre-Limoflaschen, identischer Inhalt, identische Wirkung: Noch in derselben Nacht tritt der Tod ein, und bei Wallys Mutter erscheinen Holzer-Blasen. Was willst du denn noch, Thekla?«
    Zögerlich meldete sich Wally zu Wort: »Ich kann aber nicht sagen, ob Birnensaft in dem Fläschchen gewesen ist, aus dem ich meiner Mama am Freitagabend eingeschenkt habe.«
    »Aber das Zeug in der Flasche war gelblich, fast ein wenig dickflüssig, und hat nicht gesprudelt?«, vergewisserte sich Hilde.
    Wally bejahte. »Mama hat gesagt, es schmecke so herrlich süß. Sie konnte gar nicht genug davon kriegen.«
    »Zuckrige Süße, ein vorzüglicher Geschmacksübertüncher für die Zwecke eines Giftmischers«, verkündete Hilde.
    »Wo kam denn das Fläschchen her?«, fragte Thekla. »Wer hat es zu deiner Mutter ins Krankenzimmer gebracht?«
    »Der Sepp«, antwortete Wally so verständnislos, als hätte Thekla sie gefragt, wer der Vater ihrer Söhne sei. Als Thekla daraufhin eine Augenbraue hochzog, fügte sie hinzu: »Der Sepp hat mir das Fläschchen in die Hand gedrückt und gesagt: ›Gib ihr das zu trinken, es schmeckt ihr bestimmt besser als das abgestandene Wasser.‹«
    Wiederum war es einige Zeit still am Tisch. In Wallys Augen waren Tränen aufgestiegen. Über Hildes Nasenwurzel hatten sich zwei steile Falten gebildet, die verrieten, wie intensiv sie nachdachte. Auch Thekla bemühte sich, ihre Gedanken zu ordnen und die neuen Erkenntnisse einzubeziehen. Doch sie kam zu keinem anderen Ergebnis als zuvor.
    Was bleibt übrig, wenn man sämtliche Spekulationen weglässt?, fragte sie sich erneut. Zum einen: Die alte Anna Kaltenbach bekommt von Lanz ein Fläschchen Birnensaft geschenkt – und zwar nicht das erste Mal, wie sie Hilde wissen lässt. Sie spart es sich eine Zeit lang auf, dann, kurz vor ihrem ohnehin zu erwartenden Tod, trinkt sie es aus. Zum andern: Sepp Maibier bringt seiner Schwiegermutter ein Fläschchen, das dem von Lanz ähnelt, wobei es wohl Tausende solcher Flaschen gibt. Ob sich Birnensaft darin befindet, ist nicht sicher. Auch Wallys Mutter stirbt nach langer Krankheit. Ihre Leiche weist allerdings ominöse Flecken auf. Ob es sich um Holzer-Blasen handelt, deren Ursache eine Barbituratintoxikation wäre, kann mit völliger Gewissheit nur

Weitere Kostenlose Bücher