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Mord und Mandelbaiser

Mord und Mandelbaiser

Titel: Mord und Mandelbaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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lächelnd schaute Zankl seiner toten Frau ins Gesicht. Was er sagte, war aber offensichtlich an Thekla gerichtet.
    »Nachdem Stenglich weg war, habe ich auf der Stelle den edelsten Sarg bestellt, den der Westhöll beschaffen kann. Eine schöne Stange Geld will der Kerl dafür.« Ostentativ rieb er Daumen und Zeigefinger aneinander. »Aber für meine Babett ist mir nichts zu teuer.«
    Der Tod seiner Frau muss ihn stärker getroffen haben, als ihm anzumerken ist, ging es Thekla durch den Kopf. Der fadenscheinige Teppich, die maroden Fensterrahmen, alles zeugt von seinem Geiz. Nur bei Babetts Sarg macht er eine beispiellose Ausnahme. Dabei wird das teure Stück morgen oder übermorgen in der Erde verbuddelt und dort über kurz oder lang verrotten. Beschämt fragte sie sich, ob sie Horst Zankl vorhin vielleicht Unrecht getan hatte. Womöglich lag es wirklich nicht an seinem Geiz, dass er Babett vor den Augen und Händen eines Fremden bewahren wollte.
    Zankl hatte indessen eine Schüssel mit lauwarmem Wasser und zwei abgenutzte, beinahe durchsichtige Waschhandschuhe hereingebracht.
    Vorsichtig begannen Thekla und er, die Tote zu säubern.
    Die Beine noch, dann ist es geschafft, sagte sich Thekla wenig später erleichtert. Ihre Rechte steckte in dem dünnen Waschhandschuh, fuhr scheu die Wade auf und ab, umkreiste die Knie der Toten – und hielt urplötzlich inne.
    Theklas Blick saugte sich an einer auffälligen Verfärbung an der Knie-Innenseite fest, tastete die rötlichen Flecken einige Sekunden lang ab, bevor er sich jäh losriss und zu Babetts anderem Bein hinübersprang. Im nächsten Moment signalisierte er Theklas Gehirn, dass dort das Pendant zu finden war.
    Thekla ließ die Hand sinken. Sie fühlte sich plötzlich, als hätte ihr die Tote einen Hieb versetzt. Waren das an den Beinen von Babett tatsächlich die gleichen Flecken, die Hildes Neffe bereits an mehreren anderen Toten wahrgenommen hatte, die gleichen, die der Computerausdruck zeigte, die gleichen, die Wally fotografiert hatte? Wiesen diese blasenartigen Verfärbungen, die keine Totenflecken waren, keine Kirchhof-Rosen, kein Sonnenbrand und keine Frostbeulen; wiesen diese Male, die Dr. Stenglich aber wieder hatte durchgehen lassen, als wären sie Mitesser, auf eine beabsichtigte Vergiftung hin?
    »Fertig?«, fragte Zankl. »Dann hol mal bitte die Wäsche her. Ich hab sie drüben auf dem Vertiko bereitgelegt.«
    Thekla rührte sich nicht.
    »Thekla?« Er stieß sie mit dem Ellbogen an.
    »Schau«, sagte Thekla und drückte behutsam die Knie der Toten ein wenig nach außen, sodass die Flecken ganz deutlich zu sehen waren.
    Weil Zankl zwar hinschaute, aber keinerlei Reaktion zeigte, fügte sie hinzu: »Sind das nicht ganz eigenartige Flecken, die die Babett da hat?«
    Zankl warf nun einen forschenden Blick darauf und zuckte dann die Schultern. »Wieso?«
    »Wir sollten sie Dr. Friesing zeigen«, sagte Thekla fest.
    Zankl sah sie an, als hätte sie den Verstand verloren. »Babett ist tot, Thekla. Sie braucht keinen Doktor mehr, der Diagnosen stellt und Arzneien verordnet.«
    »Ich weiß«, antwortete Thekla, »aber er sollte trotzdem feststellen, woher diese Flecken kommen.«
    »Ja, wozu denn noch?« Zankl schrie es beinahe.
    »Weil sie uns etwas über die Todesursache verraten könnten«, erwiderte Thekla tapfer.
    Zankls Kinnlade klappte nach unten.
    Nachdem sie sich fast eine Minute lang schweigend gegenübergestanden hatten, entschloss sich Thekla, Horst Zankl mitzuteilen, dass es enorm wichtige Gründe dafür gäbe, die genaue Ursache jener Flecken herauszufinden. Doch noch bevor sie etwas sagen konnte, kam Bewegung in Babetts Mann.
    Er riss Thekla den Waschhandschuh aus der Hand und starrte ihr dann mit bösem Blick ins Gesicht. »Wir beide kommen allein zurecht, die Babett und ich. Wir brauchen dich nicht mehr. Du kannst nach Hause gehen.«
    Und damit hat es sich, dachte Thekla. Niemand kann Zankl dazu zwingen, einen zweiten Arzt hinzuzuziehen, nachdem Stenglich alles für in Ordnung befunden hat.
    Sie ließ den Kopf hängen und ging langsam aus dem Zimmer.
    Die Polizei, blitzte es in ihren Gedanken auf. Was, wenn ich mich an die Polizei wende? Wenn ich bei der Polizei aussage, dass ich an der toten Babett Zankl Flecken entdeckt habe, die sogenannte Holzer-Blasen sein könnten und laut Lehrbuch eine Barbituratintoxikation anzeigen?
    Thekla war im Flur stehen geblieben und überlegte hin und her, ob sie den Stein ins Rollen bringen sollte.
    Ich würde

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