Mord und Mandelbaiser
entgegnete Thekla, »leben auch wir drei gefährlich.«
Wally stieß einen spitzen Schrei aus.
Als Elisabeth alarmiert herübersah, hob Hilde drei Finger, winkte jedoch im nächsten Moment ab. »Wir zwei müssen ja noch fahren, Thekla.«
Elisabeth war inzwischen an den Tisch getreten. Hilde bestellte einen weiteren Cognac für Wally, für sich und Thekla jedoch Mineralwasser.
Eine Minute später bekamen sie die Getränke serviert.
Thekla griff nach ihrem Glas, schwenkte es versonnen, bis die Flüssigkeit darin einen kleinen Strudel bildete, und trank dann einen Schluck.
»Also noch mal von vorn«, sagte sie daraufhin. »Die Birnensaftspur führt zum Ehepaar Lanz. Einmal zu ihr, einmal zu ihm, und über die beiden zu Meiler. Ein Mörder-Trio, dem Lore irgendwie in die Quere gekommen ist?«
»Das würde ihre Unrast erklären«, sagte Hilde.
»Allerdings stellten Lanz und Meiler keine Gefahr mehr dar«, gab Thekla zu bedenken. »Der eine sitzt, der andere ist tot.«
»Bleibt die Witwe«, konstatierte Hilde.
»Was wissen wir eigentlich über sie?«, fragte Thekla.
Hilde zuckte die Schultern. »Sie gilt als überspannt, als verwöhnt, als anspruchsvoll und soll einen geradezu krankhaften Geltungsdrang haben.«
»Trotzdem war sie mit diesem Ausschuss von Dichter verheiratet«, stellte Thekla fest und versagte sich anzumerken, dass hierin das Motiv für dessen Tod liegen könnte, weil sie nicht noch mehr Verwirrung stiften wollte.
»Darf ich den Damen noch etwas bringen?«, fragte Elisabeth, denn Wallys Cognacschwenker war bereits leer.
Hilde sah sie einen Moment lang unverwandt an, dann sagte sie: »Sagen Sie, kennen Sie eigentlich die Witwe Lanz?«
Falls Elisabeth über die Frage erstaunt war, ließ sie sich nichts anmerken. »Nur von kurzen Begegnungen. Aber mein Mann hat etliche Jahre im Bauunternehmen ihres Vaters gearbeitet. Damals ist viel getratscht worden über Gerlinde Lanz.«
»Nämlich?«, fragte Hilde.
Elisabeth sah sich um, kam dabei offenbar zu dem Ergebnis, dass an den Tischen, die sie zu bedienen hatte, niemand nach ihr verlangte, und beugte sich näher zu den Damen. »Gerlinde wurde nachgesagt, sie sei ein verzogenes, flatterhaftes Ding. Angeblich war sie zuerst mit einem der Statiker ihres Vaters liiert, dann mit einem Polier und wenig später mit einem Buchhalter. Irgendwann wurde sie auf Hermann Lanz aufmerksam, der damals gerade anfing, einen Kreis von Bewunderern um sich zu scharen. Karl meint, dass sie ihn einfach deshalb hatte haben wollte, weil es schier einmalig ist, mit einem Dichter verheiratet zu sein. Zudem machte ihr Lanz gehörig den Hof. Eine bessere Partie hätte er sich ja gar nicht erträumen können. Niemals wieder würde er sich Sorgen um seinen Lebensunterhalt machen müssen. Das Vermögen, das seine Frau mit in die Ehe brachte, warf genug ab, um sie beide gut zu versorgen.«
»Kann es sein, dass dieses Vermögen inzwischen aufgebraucht ist?«, fragte Hilde.
Elisabeth hob die Schultern. »Möglich. Sie haben auf ziemlich großem Fuß gelebt.« Noch während sie das sagte, richtete sie sich auf und wandte sich dem Nebentisch zu, wo ein Gast Handzeichen machte.
»Meint ihr, dass Gerlinde Lanz eine berechnende, abgefeimte Mörderin sein könnte?«, wollte Thekla gerade sagen, als sie von Hilde ein leises Glucksen vernahm.
»Neulich habe ich eine nette Kriminalgeschichte gelesen. Immer wenn der ermittelnde Kommissar in einer Sackgasse steckte, hat er sich selbst den Rat ›Folge dem Geld‹ gegeben. Und damit ist er stets ans Ziel gekommen.«
»Folge dem Geld«, wiederholte Thekla zweifelnd. »Wer außer möglichen Erben hat denn einen finanziellen Vorteil davon, dass Hermann Lanz, Frau Kaltenbach, Babett Zankl und Wallys Mutter unter die Erde kamen?«
»Das Bestattungsinstitut«, sagte Wally laut, dann sank sie wieder ins sich zusammen.
Thekla und Hilde starrten sie an.
Nach kurzem Schweigen entgegnete Hilde: »Es sind verschiedene Bestatter beauftragt worden.«
»Aber eigentlich hätte es immer dein Neffe sein müssen«, wandte Thekla ein. »Bei Lanz und bei Babett ist er zum Zug gekommen. Weil Kaltenbach Bürgermeister von Granzbach ist, hätte man meinen können, er würde für die Beerdigung seiner Mutter auf alle Fälle den ansässigen Bestatter nehmen. Für die Maibiers hätte es ebenfalls naheliegend sein müssen, Westhöll zu beauftragen, nachdem du doch seit Jahrzehnten mit Wally befreundet bist.«
»Du spinnst ja!«, rief Hilde.
Als sich im Café
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