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Mord und Mandelbaiser

Mord und Mandelbaiser

Titel: Mord und Mandelbaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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die permanente Feuchtigkeit der Grund dafür ist, warum auf unserem Friedhof die Toten nicht austrocknen, sondern vor sich hinfaulen – wobei sie stinkende Gaswolken produzieren, dick wie Watte.«
    Hilde nickte unwirsch. Warum zum Teufel hielt ihr Rudolf einen Vortrag, als spräche er vor dem Gemeinderat? Hatte er einen Koffeinrausch?
    Indessen fuhr ihr Neffe fort: »Pfeffer hat vorhin das Bräu-Grab für die morgige Beerdigung geöffnet. Ihm ist aufgefallen, wie nass das Erdreich wieder einmal war, und er hat vorsichtshalber eine Saumbohlensicherung eingesetzt und Gleitbohlen bereitgelegt, bevor er sich zum Sarg der Bräuin hinunterarbeitete, die ja schon ein paar Jährchen in dem Grab liegt.«
    Hilde fragte sich, wann Rudolf endlich auf den Punkt kommen würde.
    »Der Sarg der Bräuin war total verrottet«, sagte Rudolf, »zerfiel wie ein alter Schwamm, die nasse Erde darum herum schob und rutschte. Pfeffer kniete in der Grube, um die Gleitbohle anzubringen. Dabei hat ihn die Bräuin quasi überrollt.«
    Hilde schnaubte. »Das war ja wohl nicht Pfeffers erster Zusammenstoß mit einem Skelett.«
    »Mit einem Skelett nicht«, antwortete Rudolf. »Von der Bräuin sind aber nicht nur ein paar bleiche Knochen übrig gewesen, sondern auch massenhaft aufgeschwemmtes Gewebe.«
    Hilde winkte ab.
    »Pfeffer sagt«, berichtete Rudolf weiter, »es hat sich angefühlt, als würde er von einer halb vermoderten Qualle verschlungen.«
    »Der soll sich nicht so haben, der Pfeffer«, entgegnete Hilde und wandte sich ab, damit Rudolf ihr hämisches Grinsen nicht zu sehen bekam. Sie gönnte Rudolfs Gehilfen das abstoßende Erlebnis von Herzen, befand es als passende Bestrafung für seine Selbstgefälligkeit. »Er hätte ja auch Briefträger werden können, dann müsste er sich nicht schmutzig machen«, setzte sie nach.
    Rudolf trank seine Tasse leer und erhob sich. »Ich muss beim Gemeindeamt die Zollpapiere für die Auslandsüberführung abholen.«
    »Wann bringst du denn den verunglückten Jungen zum Flughafen?«, fragte Hilde, als Rudolf schon fast aus der Tür war.
    »Heute noch«, rief er über die Schulter zurück. »Der Flieger, mit dem er in seine Heimat zurückreist, geht spät abends.«
    »Da trifft es sich ja gut, dass Tante Westhöll hier die Stellung hält«, murmelte Hilde und schaute durchs Fenster zu, wie Rudolf den Leichenwagen aus dem Hof lenkte.
    Nach Frankfurt und zurück, dachte sie, eine lange Fahrt. Mein lieber Neffe wird erst spät zurück sein.
    Versonnen betrachtete sie Rudolfs Schreibtisch. Dann fing sie an, die Schubfächer zu durchsuchen.
    Als Pfeffer kurz hereinschaute, um mitzuteilen, dass er jetzt gleich in Scheuerbach einen Grabaushub fertig zu machen und anschließend in Moosbach einen Selbstmord zu versorgen habe, wonach er wohl Feierabend machen würde, nickte sie bloß gleichgültig und tat so, als suche sie nach bestimmten Unterlagen, während sie murmelte: »Wo könnte Rudolf das Schriftstück denn hingelegt haben? Es muss doch hier irgendwo sein …«
    Gut drei Stunden später (sie war durch etliche Anrufe in ihrer Arbeit unterbrochen worden, hatte einem ehemaligen Matrosen Informationen zur Seebestattung geben und einen Anhänger von Greenpeace über Naturfriedhöfe aufklären müssen) konnte Hilde mit Fug und Recht behaupten, dass sich in Rudolfs Schreibtisch nichts Verdächtiges, ja nicht einmal etwas irgendwie Auffälliges befand.
    »Na schön«, sagte sie laut. Inzwischen war es achtzehn Uhr. Das Bestattungsinstitut würde wegen Personalmangels für heute schließen. Der Gehilfe war damit beschäftigt, einen Selbstmörder, der sich von der Autobahnbrücke gestürzt hatte, leidlich wieder herzurichten, die Chefin lag im Krankenhaus, der Chef hatte auswärts zu tun, und sie selbst sah sich genötigt, seine Privaträume zu filzen.
    Sie nahm den Ersatzschlüssel vom Bord und ging in den Hof hinaus, an dessen Nordseite Rudolf für sich und Lore ein kleines Häuschen gebaut hatte.
    Draußen fummelte Pfeffer am ROBO 350 AS herum.
    Hilde blieb erstaunt stehen. »War nach dem Selbstmord nicht Feierabend angesagt?«
    »Beim Teleskopausleger fehlt es an Schmierstoff«, erwiderte Pfeffer.
    »Gschaftlhuber, Wichtigtuer.« Hilde zerbiss die Wörter zwischen den Zähnen, damit Pfeffer sie nicht verstand.
    Sie wollte gerade ohne ein weiteres Wort an ihm vorbeimarschieren, als sie den Ölfleck entdeckte. Die kleine runde Pfütze befand sich genau an der Stelle, wo mittags der Leichenwagen geparkt gewesen

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