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Mord und Mandelbaiser

Mord und Mandelbaiser

Titel: Mord und Mandelbaiser Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jutta Mehler
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Rezepte, keine verdächtigen Arzneifläschchen und Birnensaft in Sinalcoflaschen schon gar nicht.
    Allerdings gab es das Buch.
    Hilde ließ sich auf die Couch sinken und sah sich die Titelseite an. »Meisterbuch deutscher Götter- und Heldensagen«. Das Erscheinungsdatum war mit April 1938 angegeben.
    Eben, dachte Hilde. Nazipropaganda. Ich kenne die Schwarte ja.
    Sie las den kurzen Absatz auf der ersten Seite. »Bricht Krieg in Deutschland aus, so hört man Waffenklirren in den Lüften und sieht den Zug des wütenden Heeres, an dessen Spitze der Schimmelreiter Wodan einhersprengt.«
    »Verdammt«, rief Hilde erbost. Was fand Rudolf bloß an diesem Götter-Helden-Schlachtgetümmel-Schwachsinn?
    Sie warf das Buch auf den Couchtisch und verließ schnaubend die Wohnung, wobei sie die Tür hinter sich ins Schloss warf, dass es bis in den Hof widerhallte.
    Der ROBO 350 AS stand einsam auf seinem Stellplatz. Pfeffer war nirgends zu sehen, offensichtlich hatte er jetzt doch Feierabend gemacht.
    Hilde beschloss, schnell nachzusehen, ob die Sargausstattungen ordentlich gelagert worden waren, und danach auch die Hintertür abzuschließen. Sie eilte gerade an der Mauer entlang, die die rückwärtige Grenze des Grundstücks bildete und deren Krone wie ein spitzgiebeliges Hausdach mit Ziegeln gedeckt war, als mehrere der Dachziegel auf sie herunterprasselten. Einer traf sie an der Schulter, einer an der Schläfe, und Hilde ging in die Knie.
    Sie müssen sich gelockert haben, ging es ihr durch den Kopf. Ganz von selbst und ohne dass es jemandem auffiel.
    Kaum war das zu Ende gedacht, flog die nächste Salve herunter. Hilde kauerte sich zusammen und hielt die verschränkten Arme wie einen Schild über sich.
    Erneut wurde sie schmerzhaft getroffen, diesmal am Rücken.
    Wieso prasseln eigentlich alle an derselben Stelle herunter?, fragte sie sich.
    Endlich ließ das Bombardement nach. Ein einzelner Stein – ein Feldstein, kein Dachziegel – flog noch herunter und blieb neben ihrem Knie liegen. Dann war es still.
    Hilde richtete sich auf. Um auf die Füße zu kommen, musste sie sich an der Mauer abstützen. Dabei fiel ihr Blick auf den Stein, der zuletzt heruntergefallen war. Irgendetwas erschien ihr seltsam an ihm. Bei genauerem Hinsehen merkte sie, dass an seiner Oberfläche eine Art Etikett klebte. Sie fasste es ins Auge und erkannte, dass es beschriftet war. »Hör auf zu schnüffeln und wage es nicht, die Polizei einzuschalten, wenn du am Leben bleiben willst.«
    Hilde ballte die rechte Hand zur Faust und drohte damit in Richtung Mauerkrone, wo allerdings niemand zu sehen war. »Dreckskerl elendiger, Lump, Schweineh…« Sie musste verschnaufen.
    Es war schon ziemlich spät am Abend – Hilde hatte es sich längst mit einer Kanne heißen Tee, den sie mit einem großzügigen Schuss Kirschbrand veredelt hatte, auf der Couch bequem gemacht –, als Rudolf an ihre Tür pochte und eingelassen werden wollte.
    »Hilde«, sagte er ohne weitere Vorrede mit mühsam beherrschter Stimme, »wenn du bei mir was auch immer ausfindig machen willst, wäre es mir lieb, wenn du mich danach fragen würdest, anstatt überall herumzuwühlen.«
    Pfeffer, dachte Hilde verärgert. Der Hemdfurzer hat gepetzt, dass ich in Rudolfs Büro und drüben im Privathaus zugange war.
    Da täuschte sie sich. Doch es blieb bei ihrem Irrtum, denn der Gedanke, die Spuren, die sie überall hinterlassen hatte, hätten mehr als genug verraten, kam ihr überhaupt nicht in den Sinn.
    Da Rudolf also Bescheid wusste und unübersehbar auf eine Erklärung wartete, beschloss Hilde, zum Angriff überzugehen.
    »Was glaubst du eigentlich, mein lieber Neffe, was es für einen Eindruck machen würde, wenn herauskäme, dass du als Lektüre Nazipropaganda bevorzugst?«
    Rudolf blinzelte verständnislos. »Nazipropaganda?«
    Hilde stellte sich in Positur und deklamierte mit pathetischer Stimme: »Bricht Krieg in Deutschland aus, so hört man Waffenklirren in den Lüften und sieht den Zug des wütenden Heeres, an dessen Spitze der Schimmelreiter Wodan einhersprengt.«
    »Das ist der Vorspann aus ›Götter- und Heldensagen‹«, erwiderte Rudolf erstaunt.
    »Und was gibt uns der zu verstehen?«, fragte Hilde.
    Rudolf starrte eine Zeit lang ausdruckslos vor sich hin, dann marschierte er zur Anrichte, griff sich die Schnapsflasche, nahm sich ein Glas und schenkte sich ein. Er trank gut die Hälfte des Inhalts, bevor er endlich zum Reden ansetzte.
    »Das Buch hat mich mein Leben lang

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