Mord und Mandelbaiser
Spott.
»Sie hielten Lanz für einen Trottel«, konstatierte Thekla. »Warum haben Sie ihm zugearbeitet?«
Pfeffer grinste. »Es hat sich in barer Münze ausgezahlt. Lanz ließ sich die Spezialmischungen, die ich ihm liefern konnte, schön was kosten. Zudem gab es oft Boni. Viele der alten Leute, manchmal auch ihre Angehörigen, bedankten sich bei Lanz mit Geschenken für seine Besuche. Und es kam durchaus vor, dass sie etwas weggaben, das wertvoller war, als sie ahnten.« Er grinste breiter. »Kurz vor seinem Tod bekam er eine kleine Münzsammlung geschenkt, die mir zweitausend Euro einbrachte. Vor einiger Zeit war es ein Briefmarkenalbum – dreitausend Euro unter Philatelisten.«
Thekla musste nicht fragen, warum er die Kuh geschlachtet habe, anstatt sie weiterhin zu melken, denn die Antwort lag auf der Hand. »Eines Tages haben Sie beschlossen, sich nicht mehr mit Lanz’ Brosamen zu begnügen, sondern den ganzen Kuchen zu schlucken.«
Pfeffer schien amüsiert. »Nette Metapher. Es wurde einfach Zeit, die Sache zu beenden. Rudolf Westhöll wirkte immer so grüblerisch, wenn er von der Versorgung eines unserer Opfer zurückkam. Irgendwann wäre alles aufgeflogen. Lanz musste weg. Er hätte nie freiwillig Schluss gemacht.«
»Und sein Tod brachte Ihnen den ganz großen Bonus«, sagte Thekla. »Nämlich seine Witwe, eine sprudelnde Geldquelle.«
»Sie war nicht schwer zu erobern«, versicherte ihr Pfeffer beiläufig, während er einen Schritt auf sie zutrat. »Wollen wir?«
Einen Moment lang wusste Thekla nicht, was er damit meinte, und sah ihn verdutzt an.
»Sie und Hilde Westhöll hätten meine Warnungen beherzigen sollen«, erklärte Pfeffer. »Die gute Frau Maibier war offensichtlich klüger.«
Thekla versuchte, ihre Erleichterung zu verbergen. Pfeffer ahnte nicht, dass Wally mit von der Partie war.
Indessen sprach er weiter. »Sie wird sehr traurig sein, wenn sie vom Ableben ihrer beiden Freundinnen erfährt.«
»Mein Bruder …«, begann Thekla.
Pfeffer hob eine Augenbraue, als wäre er ungemein interessiert an dem, was sie zu sagen hatte.
»Er weiß –«
Pfeffer unterbrach sie lachend. »Martin Stein weiß gar nichts. Ich habe erst vor einer halben Stunde mit ihm gesprochen. Außerdem ist er sehr beschäftigt. In Moosbach scheint die Darmgrippe zu grassieren. Die Ladenglocke steht keinen Augenblick still.« Er sah sie abwägend an, bevor er erklärte: »Meine liebe Frau Stein, Sie werden jetzt gemeinsam mit Ihrer Freundin Hilde und mir einen kleinen Ausflug ans Wasser machen, von dem Sie beide aber leider nicht mehr zurückkehren werden.«
Zeit, schoss es Thekla durch den Kopf, ich muss so viel Zeit als möglich gewinnen. Vielleicht hat Wally kapiert, was sich hier abspielt, und ist gescheit genug, Hilfe zu holen.
Himmelmutter, dachte sie bar jeder Ironie, lass Wally die Polizei alarmieren!
Im Plauderton sagte sie zu Pfeffer: »Weshalb wollten Sie denn eigentlich auch Lore in den Tod schicken?«
Er schien erstaunt. »Wer sagt denn …?«
Theklas Antwort kam, noch bevor er zu Ende gesprochen hatte. »Der Ölfleck. Als Sie Lore aufgelauert haben, hatten Sie ja Ihren neuen Transporter noch nicht. Der alte war aber wohl schon so marode, dass er Öl verlor, wie man an den Pfützen vor der Halle erkennen kann.«
Pfeffer hob spöttisch eine Augenbraue. »Nicht schlecht kombiniert.«
»Wie haben Sie es geschafft?«, fragte Thekla und dankte Wallys Himmelmutter dafür, dass sich Pfeffer auf ein Gespräch mit ihr einließ. »Dass es keine Lackspuren an Lores Rad gab, meine ich?«
Pfeffer schien einen Moment lang irritiert, dann sagte er: »Das Fahrzeug war gar nicht beteiligt. Ich hatte es nur abgestellt.«
Damit hatte Thekla nicht gerechnet. »Sie müssen doch Lore mit Ihrem Wagen gerammt haben, wie sonst hätten Sie den Unfall herbeiführen können?«
»Das ist eine recht dumme Spekulation«, entgegnete Pfeffer. »Die Spurenlage wäre doch eindeutig gewesen.«
Theklas verständnislose Miene brachte ihn wieder zum Lachen. »Es war geradezu lächerlich einfach. Ein dünnes Seil quer über der Fahrbahn, im richtigen Augenblick straff gespannt, lässt sogar Radprofis Saltos schlagen.«
»Aber warum?«, stöhnte Thekla, während sie daran dachte, wie groß die Gefahr war, dass Lore nie wieder aufwachen würde.
»Na, warum wohl?«, äffte Pfeffer sie nach. »Weil Lore genauso eine Schnüffelnase war wie Sie. Lore hat zwar nicht die Dreistigkeit besessen, den Schlüssel zu klauen und einfach
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