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Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm

Titel: Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maria Ernestam
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war. Sie griff sich den erstbesten Mantel und ging zum Briefkasten. Sie wollte gerade die Zeitung herausnehmen, da hörte sie das Gebrüll.
    Es kam aus dem Haus gegenüber, das ahnte sie bereits, noch ehe sie den Kopf hob. Als sie aufschaute, sah sie Frau Karlsten nur mit einem dünnen Morgenmantel bekleidet im Garten stehen, während ihr Mann irgendetwas aus einem der Fenster brüllte.
    »Du kommst hier erst wieder rein, wenn du um Verzeihung gebeten hast«, hörte sie ihn schreien. Gleichzeitig sah sie, wie Frau Karlsten auf dem Rasen zusammensackte und das Gesicht in die Hände legte. Dann begann sie wie manisch Grasbüschel aus dem erstklassig gepflegten Rasen zu rupfen. Frau Karlsten mähte ihn jede Woche und lag sogar auf den Knien, um die Ränder zu schneiden, obwohl sie, wie Anna wusste, so große Schwierigkeiten mit den Bandscheiben hatte, dass sie nach der Gartenarbeit kaum noch aufstehen konnte.

    Karlstens hatten bereits in dem Haus gegenüber gewohnt, als Anna nach Äppelviken gezogen war. Frau Karlsten war nach kürzester Zeit mit einem selbstgebackenen Kuchen bei ihr erschienen und hatte ihr erklärt, sie sei Hausfrau und sei immer erreichbar, falls sie etwas benötige. Ihr Mann war damals noch Abteilungsleiter eines Bauunternehmens und unter der Woche meist auf Reisen. Anna hatte immer gefunden, dass das Lächeln von Frau Karlsten am echtesten wirkte, wenn sie ihrem Mann hinterherwinkte und sein Auto um die Ecke verschwand. Doch seit ihr Mann vor ein paar Jahren in Rente gegangen war, war ihr Lächeln vollkommen verschwunden.
    Herr Karlsten schien ein ungewöhnlich unangenehmer Mann zu sein, der seine Frau ganz offenbar misshandelte, definitiv psychisch und vielleicht sogar physisch. Anna hörte die Befehle von Herrn Karlsten aus dem Nachbarhaus, wenn sie im Garten arbeitete. »Elsa, tu das, Elsa, komm her, Elsa, krieg doch den Arsch endlich hoch, Elsa, wo liegt der Fotoapparat, Elsa, ich bin hungrig.«
    Anna hörte, wie das Fenster geschlossen wurde und Frau Karlsten laut zu schluchzen begann. Sie dachte nach, überquerte dann die Straße und betrat das Nachbargrundstück. Als sie Elsa Karlsten erreicht hatte, kniete sie sich hin.
    »Wie geht’s, Elsa?«, fragte sie und strich der Älteren vorsichtig über den Rücken. Sie konnte die Rückenwirbel spitz unter der Handfläche spüren.
    Ihre Frage schien die Trauer, der die ältere Frau Ausdruck gab, nur zu verstärken. Sie schüttelte sich unwillig. Anna zog ihre Hand zurück und kam sich vor, als spräche sie zu einer Toten. Die lebendige Elsa Karlsten, die einmal in das Haus gegenüber eingezogen war, musste sich verflüchtigt haben. Sie war durchs Fenster verschwunden, als die tote Elsa Karlsten die Decken ausgeschüttelt hatte. Vielleicht schlich die lebendige Elsa nachts im Haus herum und tanzte über den frisch gemähten Rasen, während die tote staubsaugte, Essen kochte
und Vorwürfe über sich ergehen ließ. Anna wandte sich erneut an die fast leblose Gestalt und wollte wieder etwas sagen, als Frau Karlsten ihre Arme packte.
    »Hilf mir«, flüsterte sie.
    Anna legte ihr einen Arm um die Taille und führte sie hinüber in ihr eigenes Haus. Sie setzte Frau Karlsten auf einen Küchenstuhl, lauschte Richtung Schlafzimmer, meinte leises Schnarchen zu hören, goss zwei Tassen Kaffee ein und stellte sie auf den Tisch. Frau Karlsten schnappte sich die eine und trank. Als sie aufschaute, sah Anna, dass die tote Elsa Karlsten einen kurzen Besuch von der lebenden bekommen zu haben schien.
    Eigentlich sieht sie gar nicht so übel aus, dachte sie. Wie alt sie wohl sein mag? Über sechzig? Fünfundsechzig? Aber ihre Haut ist im Gesicht ganz glatt, und sie hat hübsch geschwungene Lippen. Der Morgenmantel ist verschlissen und vielleicht auch der Körper darunter, aber sie war einmal recht anmutig, und das ist sie eigentlich immer noch.
    Frau Karlsten stellte die Tasse beiseite. »Er hat das Essen auf den Boden geworfen und geschrien, ich sei schlimmer als die ›Kanaken‹, die in dem Hotel bedienten, in dem wir vor etlichen Jahren einmal waren. Und als ich ihn da sitzen sah, zusammengesunken auf seinem Stuhl, wie er mich angrinste, da platzte mir der Kragen. ›Ich hasse dich‹, schrie ich ihn an. Er wurde rasend. Schlimmer als sonst. Er schrie einfach immer weiter, bis ich glaubte verrückt zu werden. ›Wie willst du denn ohne mich überleben? Du bist wertlos! ‹, brüllte er. Ich habe die ganze Nacht nicht geschlafen. Jetzt brüllte er, dass ich ihn

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