Mord unter Freunden - Ernestam, M: Mord unter Freunden - Kleopatras Kamm
auszuüben, in dem sie Erfolg haben und viel verdienen wird. Und sie hat einmal zu mir gesagt, genau davor hätte sie Angst, Erfolg zu haben, denn dann würde sie einsam werden. Und ich … tja, es ist nicht so seltsam, dass sie mich verachtet.«
»Du darfst das nicht so ernst nehmen, Anna. Sie liebt dich. Sie bewundert dich mehr, als du ahnst. Sie weiß nur nicht, wie sie mit ihren verworrenen Gefühlen umgehen soll. Manchmal verfängt sie sich in sich selbst. Gib ihr etwas Zeit. Lass es sie auf ihre Art herausfinden. Du glaubst es vielleicht nicht, aber sie braucht dein Lob. Es ist nicht immer leicht, dich zu lieben, Anna.«
Sie wagte es anfänglich nicht, seinem Blick zu begegnen, aber konnte es dann doch nicht lassen. Er lachte trotz des Ernstes, und berührte ihre Wange so leicht, dass sie nur den Schatten einer Berührung spürte. Der cremige Kaffee hatte sie erwärmt, und sie dachte daran zurück, wie sie zusammen mit Fanditha an diesem Tisch am Vorabend zu Abend gegessen hatte. Kurz vor ihrem Eintreffen und sehr passend war ihre Tochter bei einer Freundin eingezogen. Sie hatte sich tatsächlich die Mühe gemacht, zu erklären, es sei nicht ihretwegen gewesen. Sie brauche Ruhe zum Lernen, und ihre Freundin wohne zentral. Anna hatte keine Einwände erhoben. Dann hatte ihr Fanditha mit einer Aufrichtigkeit, die sie sehr berührt hatte, ihr Beileid ausgesprochen.
»Ich weiß, dass er einer deiner besten Freunde war, Mama«,
hatte sie gesagt, ohne weiter darauf einzugehen, dass sie sich früher immer über die Unzuverlässigkeit ihrer Mutter ausgelassen hatte. Dann hatten sie sich sehr harmonisch darüber unterhalten, was eine richtige Freundschaft auszeichne und was man mit wem besprechen könne. Als Fanditha gegangen war, hatte Anna das Gefühl gehabt, dass sie vielleicht doch wieder zueinanderfinden konnten. Sie würde nichts unversucht lassen. Das war ihre Schuldigkeit.
»Sie kommt übrigens heute zum Abendessen.« Gregs Stimme klang fröhlich, und Anna teilte dieses Gefühl.
»Aber du kochst? Denn ich …«
»Ich koche.«
Sie nickte und war froh, dass sie es nicht näher erklären musste. Sie verstand es ja selbst kaum. Seit sie Jo die Schlüssel des Cafés ausgehändigt und ihr viel Glück mit dem Fristaden gewünscht hatte, hatte sie sich nicht mehr zum Kochen überwinden können, vom Backen ganz zu schweigen. Die Zutaten in der Speisekammer schienen sie zu verhöhnen und herauszufordern. Mach mit uns, was du willst. Aber sie konnte nicht mehr. Der bloße Gedanke, etwas zu tun, was auch nur im Entferntesten mit dem zu tun hatte, was zu Fredriks Ende in einem zerstörten Mercedes geführt hatte, versetzte sie in Panik. Dann lag ihr buchstäblich der Geschmack von Tod auf der Zunge. Greg hatte das akzeptiert, ohne weiter zu fragen. Er hatte begriffen, dass sie etwas durchgemacht hatte, wovon sie noch nicht erzählen konnte, und sie war ihm dankbar, dass er nicht in sie drang.
Immer noch konnte sie nicht recht erklären, was eigentlich geschehen war. Kleopatras Kamm , klar. Die Idee, die Probleme anderer Leute zu lösen. Dann die bizarre Anfrage Elsa Karlstens und kurz darauf der Tod ihres Mannes. Wie war das zugegangen? Natürlich deutete viel darauf hin, dass es Fredrik gewesen war. Der geliebte Fredrik, der aus reiner Güte einem Mitmenschen hatte helfen wollen. Als sie Elsa Karlsten und
Martin Danelius über Fredriks Selbstmord informiert hatte, hatte Elsa noch einmal bestätigt, was sie in jener Nacht gesehen zu haben glaubte: Einen Racheengel am Bett ihres Mannes mit einem Kissen in den Händen, das er Hans Karlsten auf den Mund gedrückt habe. Konnte sie das glauben? Es passte zu gut zu Fredrik in Frauenkleidern. Sie wusste es nicht. Sie wusste nur, dass sie es nicht glauben wollte. Es war einfacher und erträglicher, sich das Kissen in Elsa Karlstens Händen vorzustellen. Oder dass Hans Karlsten eines natürlichen Todes gestorben war. Sie konnte mit dem Gedanken, dass es Fredrik gewesen sein sollte, nicht leben. Sie wollte sein Andenken nicht damit besudeln.
Damals hatte sie sich noch einreden können, dass niemand von ihnen dreien etwas mit Hans Karlstens Tod zu tun gehabt habe. Das Geld verwirrte sie dann aber. Sie verfing sich in Gedanken, die sie nicht denken durfte. Sie wusste jedoch, dass sie damals nicht anders hatte handeln können. Elsa Karlstens Geld hatte Papa zu einem neuen Leben verholfen, und das hatte ihr Urteilsvermögen getrübt. Hätte sie damals eingesehen, wozu diese
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