Mord Unter Segeln
Alex?«
***
Die Pension »Sanddorn« war ein altes Backsteingebäude, das von einer großzügigen Rasenfläche umgeben war. Auf einer Düne erbaut, wie auch die benachbarten Häuser. Ein Schild in Form eines Fisches hing neben dem Eingangstor des Grundstücks. »Zimmer belegt«, stand darauf.
»Tja, das wird trotz Leerstands wohl einige Zeit hier hängen bleiben«, meinte Dirks, »denn Peter muss ja wieder auf die Bohrinsel und hat sowieso keinen Draht zu den Feriengästen. Simone war da voll in ihrem Element. Ein Klönschnack hier, ein Klönschnack da, ein bisschen Frühstück machen, ein bisschen Zimmer putzen … mit ihrer Aufgabe war sie rundum zufrieden.«
»Mit der Frau vom Schöneberg kam sie wohl nicht so klar«, widersprach Oda.
»Tja. Wenn der Schöneberg das so sagt … Ich hab keine Ahnung, aber ich hab in der Pension ja auch nicht gewohnt. Müsste man die anderen Gäste fragen, was die dazu sagen. Ach ja. Hier, der Schlüssel.« Er griff in seine linke Hosentasche, und Oda nahm das warme Metallteil entgegen. Sie verbot sich jedweden Gedanken daran, von wo der Schlüssel diese Wärme bezogen hatte, und steckte ihn ins Schloss.
Es roch muffig, als sie die Wohnung betraten. Oder kam es Oda nur so vor? Sicher nicht, denn die Kollegen der Spurensicherung machten ja grundsätzlich keine Fenster auf, da durch den möglicherweise entstehenden Luftzug Spuren verwehen oder Gerüche entweichen konnten, deren Feststellung die Staatsanwaltschaft für ihre Anklage brauchte. Nein, die Spurensicherung war keinesfalls dafür bekannt, einen Tatort nach der Untersuchung duftneutral und klinisch rein zu hinterlassen.
Apropos. Oda fingerte ihr Handy aus der Hosentasche, drückte eine Kurzwahltaste und hatte binnen Sekunden Manssen am Apparat.
»Sag mal, Gerd, was ist bei euch denn los?«, begann sie das Telefonat. »Wir kommen auf der Insel an, und ihr seid schon wieder weg? Was ist das denn für eine Art?«
»Hör mal, wenn ihr solche Schnecken seid, dann müsst ihr euch nicht wundern, dass die Nachtarbeiter schon wieder weitergezogen sind. Wir haben auch noch was anderes zu tun, immerhin geschah der Mord ja an Bord und nicht auf der Insel.«
»Ach nee.« Oda verzog die Mundwinkel. »Ist ja was ganz Neues. Habt ihr denn schon irgendwas, was uns hier weiterbringt?«
»Na, etwas Zeit zum Auswerten der Spuren wirst du uns schon noch lassen müssen. Aber ich hab tatsächlich was. An den Bettpfosten waren Handschellen.«
»Handschellen?«
»Jo. Haben wir natürlich mitgenommen. Mal gucken, was für Spuren wir daran finden.«
»Nee.« Oda war baff.
»Doch. Kannst mal sehen, was es alles so gibt. Ich muss allerdings gestehen, ich war selbst auch überrascht, dass die da so offen rumhingen.«
»Könnte vielleicht was mit ihrem Tod zu tun haben. Was meinst du?«
»Ach Oda!«, rügte Manssen sie lachend. »Ich führe nur die Untersuchungen durch und geb euch meine Ergebnisse. Für die Rückschlüsse werdet ihr bezahlt.«
»Und sonst?«
»Wir haben den PC mitgenommen, den hat Nieksteit jetzt in den Fingern. Musst dich noch etwas gedulden, aber ich denk, wenn er damit fertig ist, wisst ihr ein großes Stück mehr über die Frau.«
»Okay. Danke erst mal.« Oda beendete das Gespräch. »Kennst du dich hier aus?«, fragte sie Dirks, doch der schüttelte den Kopf.
»Nö. Tut mir leid«, sagte er. »Ich kenn die Insulaner zwar alle persönlich, aber ich gehe nicht in ihren Wohnungen ein und aus. Und Simone kenn ich nur so von Festen und natürlich durch den ›Inselverein‹. Beziehungsweise durch das, was man sich so über sie erzählt, aber das ist Hörensagen, und ihr wisst ja, wie gern die Leute tratschen.«
»Na, dann lass uns mal gucken.« Oda ging voran.
»Ich würde gern ihr Büro sehen«, sagte Christine, und Oda drehte sich mit verständnislosem Blick zu ihr um.
»Das Büro?«
»Ja.« Odas Frage schien Christine zu überraschen. »Ich möchte wissen, was für ein Mensch Simone Gerjets war. Und das erfahre ich am ehesten in ihrem Büro.«
»Aha.« Oda nickte nachsichtig. Sie selbst suchte die Persönlichkeit im Schlafzimmer der Opfer, in deren Küche, im Wohnzimmer, halt in all den Räumen, in denen sich normalerweise das Leben abspielte. Das Büro war doch von Haus aus eher nüchtern. »Dann schauen wir doch erst einmal in ihr Büro und gucken dann nach dem, was ihr Privatleben ausmachte.«
»Du brauchst gar nicht so zynisch zu sein«, entgegnete Christine mit einem schmalen Lächeln. »So, wie sie
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