Mord Wirft Lange Schatten: Mitchell& Markbys Dreizehnter Fall
lüge nicht. Ich betrüge niemanden. Ich kümmere mich einzig um meine eigenen Geschäfte, vor allem anderen, aber das ist nicht verboten.« Pearce lauschte alledem mit wachsendem Missfallen, obwohl er einräumen musste, dass der Mann nicht Unrecht hatte.
»Also schön«, sagte er schließlich.
»Was haben Sie am Ende mit ihm vereinbart?«
»Nichts. Er sagte, wenn es das wäre, was ich davon hielte, dann hätten wir nichts weiter zu besprechen. Er würde trotzdem seine Einsprüche gegen den Verkauf zurückziehen und die Angelegenheit nicht weiter verzögern. Er wäre sicher, seine Cousinen würden ihm aus freien Stücken einen fairen Anteil überlassen. Was er damit meinte war, dass er ihnen schon irgendwie einen Teil des Verkaufserlöses abluchsen würde.«
»Und Sie waren bereit, ihm das durchgehen zu lassen? Dass er die beiden alten Frauen dazu bringt, ihm Geld zu überlassen, das sie selbst so dringend nötig haben? Obwohl sein angeblicher Anspruch wahrscheinlich völlig aus der Luft gegriffen war? Obwohl Sie ihn bereits als Trickbetrüger eingeschätzt hatten?«, fragte Pearce mit scharfer Stimme. Er musste nicht so tun, als billigte er Newmans Verhaltensweise. Newman wusste, dass er es nicht tat. Er wusste es, doch es war ihm egal. Wie er bereits gesagt hatte, es war nicht illegal.
»Ich bin nicht dafür verantwortlich, was andere tun, Inspector«, sagte Newman beinahe freundlich.
»Es geht mich nichts an.« Er lehnte sich in seinem Sessel zurück, und das Möbel knarrte protestierend.
»Wie es der Zufall will, wurden sämtliche Bedenken ausgeräumt, die ich vielleicht hegte, als ich erfuhr, dass Juliet Painter die Oakley-Schwestern berät. Juliet hat einen messerscharfen Sinn fürs Geschäft. Sie achtet darauf, dass die Interessen der Schwestern gewahrt werden, dessen bin ich sicher.«
»Sehr bequem für Sie«, sagte Pearce.
»Sicher erlöst es Ihr Gewissen.« Newman hätte es als Beleidigung auffassen können, doch er tat es nicht.
»Würde ich auf das hören, was Sie so schön ›mein Gewissen‹ nennen, würde ich heute nicht hier sitzen und mein eigenes erfolgreiches Unternehmen führen. Es würde mir längst nicht so gut gehen, wie es der Fall ist. Wenn ein Mann ein empfindliches Gewissen hat, dann sollte er in die Dienste der Kirche eintreten oder Sozialarbeiter werden.« Sein Blick wurde boshaft.
»Oder vielleicht Polizist?« Pearce erhob sich.
»Danke für Ihre Zeit«, sagte er unvermittelt.
»War mir ein Vergnügen, Inspector. Ich bin stets bereit, der Polizei zu helfen, wenn es in meiner Macht steht.«
Als Pearce ins Hauptquartier zurückkam, ging er als Erstes zögernd zu dem Raum, in dem das provisorische Büro der beiden Londoner Beamten eingerichtet worden war. Er fand Superintendent Minchin vor, der alleine Akten studierte und mit einer klemmenden Schublade in seinem alten Schreibtisch kämpfte. Pearce fragte sich beunruhigt, wo Inspector Hayes stecken mochte.
Die Schublade kam mit einem Schwung los und krachte gegen Minchins Knie. Der Superintendent stieß einen Fluch aus und rieb sich die getroffene Stelle. Er gab sein Vorhaben auf und wandte sich Pearce zu.
»Hallo, Dave. Wollen Sie mir Bericht erstatten?« Trotz der Schmerzen, unter denen er zweifelsohne litt, und trotz seiner offensichtlichen Unzufriedenheit mit dem zugewiesenen Büro war sein Tonfall entspannt und jovial.
Pearce ließ sich nicht von der falschen Kameraderie täuschen. Er lehnte derartige Umgangsformen ab – er gehörte schließlich nicht zu Minchins Männern. Er war Minchin mehr oder weniger gegen seinen Willen zugeteilt worden, und Minchin wusste dies ganz genau. Dass er Pearce beim Vornamen ansprach, ließ das Eis nicht schmelzen. Steif antwortete Pearce:
»Jawohl, Sir.«
Minchins breites Gesicht zeigte keinerlei Reaktion auf den abweisenden Ton.
»Dann schießen Sie mal los.« Er nickte in Richtung des freien Stuhls.
Pearce setzte sich.
»Ich habe mit einer Reihe von Leuten gesprochen. Einer von ihnen war Kenny Joss, der Taxiunternehmer, der die Oakley-Schwestern jeden Samstag zum Einkaufen und wieder nach Hause fährt. Sie finden ihn in der Akte. Der andere war ein einheimischer Bauunternehmer namens Newman.«
»Was?«, fragte Minchin scharf, und seine Bonhomie war wie weggewischt.
»Dudley Newman?«
»Jawohl, Sir.« Pearce hatte keine Ahnung, woher Minchin den Mann kannte.
»Joss hat ihn dabei beobachtet, wie er sich mit dem Ermordeten in einem Pub in der Stadt unterhalten hat, dem The
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